Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Spuren früherer Menschensiedlungen in dem un- 
endlichen Grasmeer, das man von den Hügeln 
überblickt. Das Land ist gewellt, die einzelnen 
Schilfstanden sind oft 3 Meter hoch und stehen, 
eine fast undurchdringliche Mauer bildend, ge- 
schlossen beieinander. Auf engem Pfade, über 
dem sich das Riesengras schließt, ist das Vor- 
wärtskommen um so schwieriger, weil sich in jeder 
Geländesenke Sumpfland mit dichtverwachsener 
Palmenvegetation gebildet hat. Diese Dschungeln 
sind in der Regenzeit selbst für die Eingeborenen 
Unpassierbar; die eigentliche Verkehrsstraße führt 
vom Messina Mawede in sieben Stunden nach 
Gumfok und von dort über Bissoke in dreizehn 
Marschstunden nach Bengalong, wo schon seit 
Jahresfrist mehrere Faktoreien unter europäischer 
Leitung bestehen. 
Seit zwei Monaten hatte sich ein sehr rühriger 
Accra-Händler der Firma Lubcke, um den Gummi- 
quellen, die das Waldgebiet am Njong und Dume 
bildet, recht nahe zu sein, südlich Bengalong, in 
Schimekoa, seßhaft gemacht, von wo er, ebenso 
wie der Händler Zampa von Kabom aus, durch 
die Makasperre hindurch, Händler nach Bertua 
vorzutreiben suchte. 
Bertua wurde bisher vom Süden her, also 
vom oberen Njong aus, von der Gesellschaft 
Südkamerun und vom Norden her, von Dendeng 
aus, von den meisten Firmen des Südbezirks 
bearbeitet. Der Verkehr nach Dendeng geht über 
Bengalong, oder von Nanga-Eboko über Mole 
mit zweimaligem Übersetzen über den Sanaga 
vor sich. Die direkte Straße Bengalong-Bertua 
sperrten bisher die Makas des Häuptlings Be- 
tuge-Rsana, gegen die Sekretär Mühling im 
Dezember 1905 seinen Nachschubtransport für die 
Ost-Grenzexpedition durch mehrere Gefechte decken 
mußte. Den Weg Schimekoa —Bengalong, der 
aber als Handelsstraße kaum in Frage kommen 
wird, weil er oft Kilometer weit durch mannes- 
tiefe in der Regenzeit überhaupt unpassierbare 
Sümpfe führt, beherrschte der regierungsfeindliche 
Schname. Gegen Timbi, der acht Haussas hatte 
ermorden lassen, gegen Schuame und Betuge 
Nsana richteten sich also von Schimekoa aus meine 
weiteren Operationen. 
Schimekoa (Häuptling und Ort führen den 
gleichen Namen) wird von Beles und Makas 
bewohnt. Letztere sind überall, wo sie nicht 
mitten im Urwald sitzen, von den Beles unter- 
worfen; diese ihrerseits sind ein Sudanstamm, 
den Wutes und Jekabas eng verwandt; sie er- 
kennen den Jekaba-Oberhäuptling Nanga-Eboko 
als ihren Herrn an. Die Beles bauen Rund- 
häuser, während die Makas, auch wo sie unter 
Herrschaft von Sudanstämmen leben, die Bantu- 
Gewohnheit des eckigen Hüttenbaues beibehalten 
  
haben. Während die Makas im Urwald von 
Ngele-Mendnka bis Bertua, in der Parallel= 
richtung zum Njong und in dem Kickriawald 
zwischen Bengalong-Schimekoa und Berta regel- 
los verstreut in zahlreichen Siedlungen leben, 
sind in der Grassavanne kilometerweite Strecken 
menschenleer. Wo aber fruchtbarer Ackerboden 
ist, finden sich geschlossene Dorfschaften und reicher 
Feldbau. Die spitzen Rundhütten der Beles sind 
in solchen Mischdörfern von Mais und Durrah= 
feldern, die Rindenhäuser der Makas in der 
Regel von Bananenhainen umgeben. 
Großvieh fehlt überhaupt, und auch an Ziegen 
und Schafen herrscht auffallender Mangel. 
Das hohe Schilfgras scheint selbst dem Büffel 
nicht zuzusagen; auch Elefantenfährten spürten 
sich nur vereinzelt. Den durchaus falschen An- 
schauungen gegenüber, die auch in den leitenden 
Kreisen über den Wildreichtum der Kolonie 
herrschen, führe ich auch hier wieder an, daß ich 
auf dem Hunderte von Kilometern langen 
Marsch von Jannde bis zum heutigen Tage 
kein einziges Stück Wild auf Läufen ange- 
troffen habe. 
Dieser Fleischmangel mag die Ursache sein, 
daß die Makas selbst ihre eigenen getöteten 
Stammesgenossen mit Gier auffressen; ja sie haben 
bereits in der Verwesung begriffene Leichen aus- 
gegraben und einen mit Petroleum übergossenen 
beerdigten Gefallenen verzehrt. 
Kämpften die Omwangs des Häuptlings 
Ngele-Menduka mit der Muskete, so herrscht um 
Bertua Bogen und Pfeil vor. Da die Makas 
sich im hohen Grase oder hinter dicken Bäumen 
sehr geschickt decken und den Gegner auch furchtlos 
so nahe kommen lassen, bis sie ihn treffen, sind 
die Verluste meiner Abteilung gegen Timbi, 
Schuame und Nsang bedeutend gewesen. 
Am 13. Dezember ging ich von Schimekoa in 
den dichten Urwald, wo gefällte Kickriabäume 
überall zur Evidenz den Unverstand der Kauf- 
leute und Eingeborenen zeigten, mit starken Pa- 
trouillen gegen Timbi und gegen Schuame an 
der Hauptstraße vor. Im letzten Ort wurde eine 
Gummikarawane der Firma Randad & Stein, 
die aus Bertua kam, kurz vor dem Eintreffen 
meiner Spitze zersprengt, zwei abgeschlachtete 
Etumträger lagen im Dorfe, ein Teil der ge- 
flohenen Träger fand sich abends beim Zapfen- 
streichblasen im Lager ein; sie hatten sich, bis 
zum Halse im Sumpf versteckt, vor den Makas 
geborgen. Diese leisteten an beiden Plätzen, 
geschlossen, überhaupt keinen Widerstand, wohl 
wissend, daß Wald und Sumpf ihr bestes Kampf- 
mittel sind. Unausgesetzt arbeitete ich mit Pa- 
trouillen, deren Erfolge in erster Linie den Hilfs- 
völkern zuzuschreiben sind.
	        
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