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Spuren früherer Menschensiedlungen in dem un-
endlichen Grasmeer, das man von den Hügeln
überblickt. Das Land ist gewellt, die einzelnen
Schilfstanden sind oft 3 Meter hoch und stehen,
eine fast undurchdringliche Mauer bildend, ge-
schlossen beieinander. Auf engem Pfade, über
dem sich das Riesengras schließt, ist das Vor-
wärtskommen um so schwieriger, weil sich in jeder
Geländesenke Sumpfland mit dichtverwachsener
Palmenvegetation gebildet hat. Diese Dschungeln
sind in der Regenzeit selbst für die Eingeborenen
Unpassierbar; die eigentliche Verkehrsstraße führt
vom Messina Mawede in sieben Stunden nach
Gumfok und von dort über Bissoke in dreizehn
Marschstunden nach Bengalong, wo schon seit
Jahresfrist mehrere Faktoreien unter europäischer
Leitung bestehen.
Seit zwei Monaten hatte sich ein sehr rühriger
Accra-Händler der Firma Lubcke, um den Gummi-
quellen, die das Waldgebiet am Njong und Dume
bildet, recht nahe zu sein, südlich Bengalong, in
Schimekoa, seßhaft gemacht, von wo er, ebenso
wie der Händler Zampa von Kabom aus, durch
die Makasperre hindurch, Händler nach Bertua
vorzutreiben suchte.
Bertua wurde bisher vom Süden her, also
vom oberen Njong aus, von der Gesellschaft
Südkamerun und vom Norden her, von Dendeng
aus, von den meisten Firmen des Südbezirks
bearbeitet. Der Verkehr nach Dendeng geht über
Bengalong, oder von Nanga-Eboko über Mole
mit zweimaligem Übersetzen über den Sanaga
vor sich. Die direkte Straße Bengalong-Bertua
sperrten bisher die Makas des Häuptlings Be-
tuge-Rsana, gegen die Sekretär Mühling im
Dezember 1905 seinen Nachschubtransport für die
Ost-Grenzexpedition durch mehrere Gefechte decken
mußte. Den Weg Schimekoa —Bengalong, der
aber als Handelsstraße kaum in Frage kommen
wird, weil er oft Kilometer weit durch mannes-
tiefe in der Regenzeit überhaupt unpassierbare
Sümpfe führt, beherrschte der regierungsfeindliche
Schname. Gegen Timbi, der acht Haussas hatte
ermorden lassen, gegen Schuame und Betuge
Nsana richteten sich also von Schimekoa aus meine
weiteren Operationen.
Schimekoa (Häuptling und Ort führen den
gleichen Namen) wird von Beles und Makas
bewohnt. Letztere sind überall, wo sie nicht
mitten im Urwald sitzen, von den Beles unter-
worfen; diese ihrerseits sind ein Sudanstamm,
den Wutes und Jekabas eng verwandt; sie er-
kennen den Jekaba-Oberhäuptling Nanga-Eboko
als ihren Herrn an. Die Beles bauen Rund-
häuser, während die Makas, auch wo sie unter
Herrschaft von Sudanstämmen leben, die Bantu-
Gewohnheit des eckigen Hüttenbaues beibehalten
haben. Während die Makas im Urwald von
Ngele-Mendnka bis Bertua, in der Parallel=
richtung zum Njong und in dem Kickriawald
zwischen Bengalong-Schimekoa und Berta regel-
los verstreut in zahlreichen Siedlungen leben,
sind in der Grassavanne kilometerweite Strecken
menschenleer. Wo aber fruchtbarer Ackerboden
ist, finden sich geschlossene Dorfschaften und reicher
Feldbau. Die spitzen Rundhütten der Beles sind
in solchen Mischdörfern von Mais und Durrah=
feldern, die Rindenhäuser der Makas in der
Regel von Bananenhainen umgeben.
Großvieh fehlt überhaupt, und auch an Ziegen
und Schafen herrscht auffallender Mangel.
Das hohe Schilfgras scheint selbst dem Büffel
nicht zuzusagen; auch Elefantenfährten spürten
sich nur vereinzelt. Den durchaus falschen An-
schauungen gegenüber, die auch in den leitenden
Kreisen über den Wildreichtum der Kolonie
herrschen, führe ich auch hier wieder an, daß ich
auf dem Hunderte von Kilometern langen
Marsch von Jannde bis zum heutigen Tage
kein einziges Stück Wild auf Läufen ange-
troffen habe.
Dieser Fleischmangel mag die Ursache sein,
daß die Makas selbst ihre eigenen getöteten
Stammesgenossen mit Gier auffressen; ja sie haben
bereits in der Verwesung begriffene Leichen aus-
gegraben und einen mit Petroleum übergossenen
beerdigten Gefallenen verzehrt.
Kämpften die Omwangs des Häuptlings
Ngele-Menduka mit der Muskete, so herrscht um
Bertua Bogen und Pfeil vor. Da die Makas
sich im hohen Grase oder hinter dicken Bäumen
sehr geschickt decken und den Gegner auch furchtlos
so nahe kommen lassen, bis sie ihn treffen, sind
die Verluste meiner Abteilung gegen Timbi,
Schuame und Nsang bedeutend gewesen.
Am 13. Dezember ging ich von Schimekoa in
den dichten Urwald, wo gefällte Kickriabäume
überall zur Evidenz den Unverstand der Kauf-
leute und Eingeborenen zeigten, mit starken Pa-
trouillen gegen Timbi und gegen Schuame an
der Hauptstraße vor. Im letzten Ort wurde eine
Gummikarawane der Firma Randad & Stein,
die aus Bertua kam, kurz vor dem Eintreffen
meiner Spitze zersprengt, zwei abgeschlachtete
Etumträger lagen im Dorfe, ein Teil der ge-
flohenen Träger fand sich abends beim Zapfen-
streichblasen im Lager ein; sie hatten sich, bis
zum Halse im Sumpf versteckt, vor den Makas
geborgen. Diese leisteten an beiden Plätzen,
geschlossen, überhaupt keinen Widerstand, wohl
wissend, daß Wald und Sumpf ihr bestes Kampf-
mittel sind. Unausgesetzt arbeitete ich mit Pa-
trouillen, deren Erfolge in erster Linie den Hilfs-
völkern zuzuschreiben sind.