Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Kalkfelsen und Höhlen, würdig der fachmännischen 
Untersuchung auf Phosphate. Bei einer durch 
Bezirksamtmann Senufft eingesandten Gesteins- 
probe wurde ein mehr als sechzigprozentiger 
Phosphorsäuregehalt ermittelt. Es wurde eine 
Schürftafel errichtet. Im Norden liegt ein kurz 
vorgelagertes, sanft ansteigendes Riff mit sehr 
gutem Ankergrund und leichter Bootslandung an 
einem langgestreckten weißen Strand, im Süden 
ein kürzeres Riff. Dort bemerkte Kapitän Martens 
viel Trepang der besseren Sorten. Die Haupt- 
niederlassung der Eingeborenen befindet sich an 
jenem Nordstrand. Zahlreiche Auslegerboote der- 
selben Bauart wie in Yap und Oleai kamen dem 
Schiff entgegen; große Hochseeboote aus Calo-= 
phyllum bemerkten wir später in den Boots- 
schuppen. Die Feis-Karoliner stehen wie die des 
benachbarten Ululsi-Atolls unter der Oberhoheit 
des Häuptlings Follebn auf Dap und müssen 
ihm von Zeit zu Zeit Tribut bringen; sie segeln 
dann über Mogmog (Ululsi), wo sie sich, wenn 
möglich, mit der dortigen Tribntflotte vereinigen, 
nach dem hundertfünfzig Seemeilen entfernten 
Yap. Viele Kanus gehen auf diesen tollkühnen 
Fahrten mit ihrer Besatzung verloren; manche 
wurden noch in den letzten Jahren nach den Phi- 
lippinen verschlagen. Fünf Monate vor unserer 
Ankunft ging ein solches Kann von Feis nach 
Yap ab, wo es aber, wie sich später herausstellte, 
nicht ankam. Diese verhängnisvollen Tributfahrten 
sind nicht der einzige Nachteil des Suzeränitäts- 
verhältnisses. Hier wie in Ululsi erklären die 
BYap-Häuptlinge einzelne Kokosbestände und ganze 
Inseln einfach für "tabun; die Folge ist, daß die 
überreichlichen Kokosnußbestände unter den Bäumen 
verderben, statt daß sie, zu Kopra verarbeitet, 
den Eingeborenen und dem Handel Gewinn 
bringen. Diesem Unfug wird demnächst gesteuert 
werden. 
Die Feis-Eingeborenen sprechen mit dialek- 
tischen Abweichungen die Sprache der Zentral- 
karolinen; meine Saipan-Soldaten verstanden sich 
mit ihnen mühelos. Es sind auffallend kräftige, 
wohlbeleibte Menschen. Die Männer tragen als 
einzige Kleidung einen um die Hüften und zwischen 
die Beine geschlungenen Gürtel aus einheimischem 
Gewebe von Bananenfaser. Die Weiber tragen 
zum Teil das gleiche sehr schöne schwarz-weiße, 
violette oder rot-weiße Gewebe in breiteren, von 
der Hüfte bis zum halben Oberschenkel reichenden 
Stücken oder dicke, bis zum Knie reichende 
Grasröcke. 
Das dichte wollige Haar der Männer wird 
lang getragen und (wie in Yap) zu einem Knoten 
geschlungen, in welchem der langstielige Holzkamm 
als Zeichen des freien Mannes steckt; ein Korb 
aus geflochtenem Kokosblatt, in dem er seine 
  
Schätze an Tabak und Betel aufbewahrt, ist auch 
hier sein unvermeidlicher Begleiter. Viele Männer 
sind tätowiert. Beide Geschlechter färben den 
Körper mit Gelbwurz und schmücken sich mit Arm- 
und Ohrringen aus Perlmutter, Schildpatt und 
Kokos. Als Halsschmuck waren auch Ketten aus 
rundgeschliffenen Stücken jener kostbaren gelben 
Muschel zu sehen, die in Yap unter dem Namen 
„Gau“ den Stolz und Reichtum ihrer Besitzer 
bildet. Die Insel ist offenbar sehr stark bevölkert. 
Eine erfreulich zahlreiche Kinderschar aller Alters- 
stufen bestannte uns seltene Gäste, stob aber bei 
der Annäherung auseinander. Die teilweise recht 
hübschen Frauen zeigten weniger Schen als die 
erwachsene männliche Jugend, welche sich wohl 
vor der Rekrutierung für die Polizeitruppe in Ya# 
fürchtete. Ein alter zahnloser und etwas stumpf- 
sinniger Mann wurde mir als der Landeshäupt- 
ling vorgestellt. Uberhaupt fielen mir die zahl- 
reichen alten Männer auf, die sonst unter Karo- 
linern selten sind. Dies läßt neben dem Kinder- 
gewimmel trotz mancher Schönheitsfehler auf gute 
Ernährungs= und Gesundheitsverhältnisse schließen. 
Auf einem Gange von einem zum anderen 
Ende der Insel sahen wir denn auch die reichen 
Kokosbestände in bestem reichtragenden Zustand; 
einige Palmen waren zwar — wohl infolge zu 
dichten Standes — gelb, aber die zerstörende 
Schildlaus fand ich nirgends. Zum Schutz gegen 
die zahlreichen Ratten wird jede Palme mit einem 
glatten, frischen Pandanusblatt umwickelt, über 
das die Tiere nicht hinwegkommen. Die ge- 
ernteten Früchte werden in eigenartigen, auf senk- 
recht stehenden Steinplatten errichteten Häuschen 
aus Calophyllumplanken aufbewahrt, deren Um- 
gebung sehr rein gehalten wird. Früher war ein 
Händler für die Yhap-Firma O'Keefe auf Feis. 
Jetzt wurde mir von den Eingeborenen versichert, 
daß alle Kokosnüsse zur eigenen Nahrung dienten. 
Ausgedehnte Pflanzungen von Süßkartoffeln, 
Jam, Taro, Tabak bedecken das Innere der 
Insel, Mais aber ist unbekannt. Von Haustieren 
bemerkte ich nur Hühner; Schweine und Hunde 
fehlen. Große Calophyllum= und Brotfruchtbäume 
überragen den sonst niedrigen Busch. 
Die Häuser der Eingeborenen sind mit Kokos- 
blättern gedeckt und haben niedrige Wände aus 
dicken Calophyllumplanken; die vorspringenden 
Dachgiebel erinnern an die Banart in Yap. 
Selten läuft ein Schiff die einsame Insel an, 
und die weltverlassenen Eingeborenen zeigen ein 
lebhaftes Handelsbedürfnis. Sie überschwemmten 
unser Schiff und brachten zahlreiche Hühner, 
Schmucksachen und heimische Gewebe, um dafür 
Kleiderstoffe, Angelhaken, Messer u. a. einzu- 
tauschen. 
Nach einem fünfstündigen Aufenthalt vor Feis
	        
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