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Kalkfelsen und Höhlen, würdig der fachmännischen
Untersuchung auf Phosphate. Bei einer durch
Bezirksamtmann Senufft eingesandten Gesteins-
probe wurde ein mehr als sechzigprozentiger
Phosphorsäuregehalt ermittelt. Es wurde eine
Schürftafel errichtet. Im Norden liegt ein kurz
vorgelagertes, sanft ansteigendes Riff mit sehr
gutem Ankergrund und leichter Bootslandung an
einem langgestreckten weißen Strand, im Süden
ein kürzeres Riff. Dort bemerkte Kapitän Martens
viel Trepang der besseren Sorten. Die Haupt-
niederlassung der Eingeborenen befindet sich an
jenem Nordstrand. Zahlreiche Auslegerboote der-
selben Bauart wie in Yap und Oleai kamen dem
Schiff entgegen; große Hochseeboote aus Calo-=
phyllum bemerkten wir später in den Boots-
schuppen. Die Feis-Karoliner stehen wie die des
benachbarten Ululsi-Atolls unter der Oberhoheit
des Häuptlings Follebn auf Dap und müssen
ihm von Zeit zu Zeit Tribut bringen; sie segeln
dann über Mogmog (Ululsi), wo sie sich, wenn
möglich, mit der dortigen Tribntflotte vereinigen,
nach dem hundertfünfzig Seemeilen entfernten
Yap. Viele Kanus gehen auf diesen tollkühnen
Fahrten mit ihrer Besatzung verloren; manche
wurden noch in den letzten Jahren nach den Phi-
lippinen verschlagen. Fünf Monate vor unserer
Ankunft ging ein solches Kann von Feis nach
Yap ab, wo es aber, wie sich später herausstellte,
nicht ankam. Diese verhängnisvollen Tributfahrten
sind nicht der einzige Nachteil des Suzeränitäts-
verhältnisses. Hier wie in Ululsi erklären die
BYap-Häuptlinge einzelne Kokosbestände und ganze
Inseln einfach für "tabun; die Folge ist, daß die
überreichlichen Kokosnußbestände unter den Bäumen
verderben, statt daß sie, zu Kopra verarbeitet,
den Eingeborenen und dem Handel Gewinn
bringen. Diesem Unfug wird demnächst gesteuert
werden.
Die Feis-Eingeborenen sprechen mit dialek-
tischen Abweichungen die Sprache der Zentral-
karolinen; meine Saipan-Soldaten verstanden sich
mit ihnen mühelos. Es sind auffallend kräftige,
wohlbeleibte Menschen. Die Männer tragen als
einzige Kleidung einen um die Hüften und zwischen
die Beine geschlungenen Gürtel aus einheimischem
Gewebe von Bananenfaser. Die Weiber tragen
zum Teil das gleiche sehr schöne schwarz-weiße,
violette oder rot-weiße Gewebe in breiteren, von
der Hüfte bis zum halben Oberschenkel reichenden
Stücken oder dicke, bis zum Knie reichende
Grasröcke.
Das dichte wollige Haar der Männer wird
lang getragen und (wie in Yap) zu einem Knoten
geschlungen, in welchem der langstielige Holzkamm
als Zeichen des freien Mannes steckt; ein Korb
aus geflochtenem Kokosblatt, in dem er seine
Schätze an Tabak und Betel aufbewahrt, ist auch
hier sein unvermeidlicher Begleiter. Viele Männer
sind tätowiert. Beide Geschlechter färben den
Körper mit Gelbwurz und schmücken sich mit Arm-
und Ohrringen aus Perlmutter, Schildpatt und
Kokos. Als Halsschmuck waren auch Ketten aus
rundgeschliffenen Stücken jener kostbaren gelben
Muschel zu sehen, die in Yap unter dem Namen
„Gau“ den Stolz und Reichtum ihrer Besitzer
bildet. Die Insel ist offenbar sehr stark bevölkert.
Eine erfreulich zahlreiche Kinderschar aller Alters-
stufen bestannte uns seltene Gäste, stob aber bei
der Annäherung auseinander. Die teilweise recht
hübschen Frauen zeigten weniger Schen als die
erwachsene männliche Jugend, welche sich wohl
vor der Rekrutierung für die Polizeitruppe in Ya#
fürchtete. Ein alter zahnloser und etwas stumpf-
sinniger Mann wurde mir als der Landeshäupt-
ling vorgestellt. Uberhaupt fielen mir die zahl-
reichen alten Männer auf, die sonst unter Karo-
linern selten sind. Dies läßt neben dem Kinder-
gewimmel trotz mancher Schönheitsfehler auf gute
Ernährungs= und Gesundheitsverhältnisse schließen.
Auf einem Gange von einem zum anderen
Ende der Insel sahen wir denn auch die reichen
Kokosbestände in bestem reichtragenden Zustand;
einige Palmen waren zwar — wohl infolge zu
dichten Standes — gelb, aber die zerstörende
Schildlaus fand ich nirgends. Zum Schutz gegen
die zahlreichen Ratten wird jede Palme mit einem
glatten, frischen Pandanusblatt umwickelt, über
das die Tiere nicht hinwegkommen. Die ge-
ernteten Früchte werden in eigenartigen, auf senk-
recht stehenden Steinplatten errichteten Häuschen
aus Calophyllumplanken aufbewahrt, deren Um-
gebung sehr rein gehalten wird. Früher war ein
Händler für die Yhap-Firma O'Keefe auf Feis.
Jetzt wurde mir von den Eingeborenen versichert,
daß alle Kokosnüsse zur eigenen Nahrung dienten.
Ausgedehnte Pflanzungen von Süßkartoffeln,
Jam, Taro, Tabak bedecken das Innere der
Insel, Mais aber ist unbekannt. Von Haustieren
bemerkte ich nur Hühner; Schweine und Hunde
fehlen. Große Calophyllum= und Brotfruchtbäume
überragen den sonst niedrigen Busch.
Die Häuser der Eingeborenen sind mit Kokos-
blättern gedeckt und haben niedrige Wände aus
dicken Calophyllumplanken; die vorspringenden
Dachgiebel erinnern an die Banart in Yap.
Selten läuft ein Schiff die einsame Insel an,
und die weltverlassenen Eingeborenen zeigen ein
lebhaftes Handelsbedürfnis. Sie überschwemmten
unser Schiff und brachten zahlreiche Hühner,
Schmucksachen und heimische Gewebe, um dafür
Kleiderstoffe, Angelhaken, Messer u. a. einzu-
tauschen.
Nach einem fünfstündigen Aufenthalt vor Feis