Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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der Schutztruppe habe anstellen lassen, hat er- 
geben, daß 971 Unteroffiziere und Mann- 
schaften im Lande zubleiben gedenken, und 
zwar 318 als Farmer, 74 als Kleinsiedler, 570 
als Handwerker, von denen die meisten gleich- 
zeitig neben dem Handwerk sich der Gartenwirt- 
schaft widmen wollen, 4 als Beamte und 5 als 
Kaufleute. Diese Zahlen haben inzwischen, wie 
mir durch einzelne Anmeldungen bekannt geworden 
ist, noch eine Steigerung erfahren. Außerdem ist 
bekannt, daß eine größere Anzahl von ausge- 
dienten Soldaten, welche das Land verlassen 
haben mit der Absicht, in Deutschland zu bleiben, 
nach einiger Zeit von der Sehnsucht erfaßt werden, 
nach Afrika zurückzukehren, weil es ihnen in der 
Heimat zu eng ist und nicht mehr gefällt. 
Wenn nun gemeint worden ist, es könnten 
höchstens 5000 Farmer im Schutzgebiet sich nieder- 
lassen, so kann ich dies als zutreffend nicht er- 
achten. Ich halte es überhaupt für unmöglich, 
in einem so neuen und unkultivierten Lande auch 
nur mit einiger Sicherheit anzugeben, wie viele 
Weiße dasselbe aufzunehmen imstande ist. So 
viel ist aber sicher, daß die Zahl 5000 zu niedrig 
gegriffen ist, und tatsächlich beträgt die weiße 
Zivilbevölkerung bereits heute mehr als 5000. 
Wenn ich rechne, daß von den 832 000 qkm 
des Schutzgebietes 132 000 als Unland und als 
für Kleinsiedler ausgeschiedene Gebiete abgehen, 
so würden für den eigentlichen Farmbetrieb immer 
noch 700 000 qkm übrig bleiben. Wenn man 
nun annimmt, daß die Farmen durchschnittlich 
7000 ha betragen (im Norden und mittleren 
Gebiet sind sie vielfach kleiner, im Süden dagegen 
größer), so würde man zu dem Resultate kommen, 
daß allein 10 000 Farmer untergebracht 
werden könnten. Um vorsichtig zu rechnen, 
will ich aber nur 8000 in Ansatz bringen. Man 
muß aber in Rechnung ziehen, daß die Farmen 
sich durch Erbgang oder Abverkauf schon in nicht 
zu langer Zeit verkleinern, und die Zahl der 
Farmer sich dadurch vermehrt. Das ist der Her- 
gang in der Kapkolonie gewesen. Es läßt sich 
also gar nicht mit auch nur annähernder Sicher- 
heit in einem so unentwickelten Lande angeben, 
wie viel weiße Einwohner es wohl fassen könne. 
Im Oranje-Freistaat, welcher 107 439 qkm um- 
faßt, also nur ein Siebentel bis ein Achtel unseres 
Schutzgebietes darstellt, und welchen ich, wie schon 
bemerkt, fürnicht besser als den mittleren Teil unseres 
Schutzgebietes halte, leben heute rund 100 000 
Weiße. Die Farmen hatten dort anfangs auch 
etwa dieselbe Größe wie zur Zeit in Deutsch-Süd- 
westafrika, sind aber mit der Zeit durch die in- 
tensivere Wirtschaft, wie Wassererschließung und 
Anbau von Getreide und Futterkräutern, ganz 
bedeutend verkleinert worden. Dieser Kleinstaat, 
  
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welcher arm an Mineralfunden ist und durchaus 
als ein Land für Landwirtschaft und Biehzucht 
bezeichnet werden muß, ist ein schlagendes Bei- 
spiel dafür, daß auch solche Länder prosperieren 
können. Vor dem Kriege betrugen seine Staats- 
einnahmen rund 70 Millionen Mark, die Aus- 
gaben 65 Millionen, die Staatsschulden 36 Mil- 
lionen. Der Wert des Staatsvermögens wurde 
mit 110 Millionen in Ansatz gebracht, die Aus- 
fuhr belief sich auf 36 Millionen, die Einfuhr 
auf 25 Millionen. Jeder Kenner von Südafrika 
weiß, daß der Oranje-Freistaat vor Ausbruch des 
Krieges sich bei einer trefflichen Verwaltung 
großen Wohlstandes erfrente. 
Außer den Farmen kommen unn aber mit 
einer dichteren Bevölkerung die stadt= und dorf- 
ähnlichen Orte des Schutzgebietes in Betracht, 
ferner die Minendistrikte und schließlich die Klein- 
siedlungen. 
Meines Erachtens hat man bisher der Klein- 
siedlung viel zu wenig Beachtung geschenkt. 
Es wurden bisher in dem Schutzgebiet so wenig 
landwirtschaftliche und Gartenprodukte angebaut, 
daß auch die Regierung und die Truppe nicht 
ernstlich mit einer Verpflegung ihrer Angehörigen 
und der in ihren Diensten befindlichen Einge- 
borenen aus im Schutzgebiet gewonnenen Pro- 
dukten rechnen konnte und deswegen auf Bezug 
von Deutschland angewiesen war. Ich habe bald 
nach Eintreffen im Schutzgebiet zunächst diejenigen 
Gebiete aussondern lassen, welche sich für Klein- 
siedlungen, d. h. für Anbau von Zerealien, aber 
vor allem von Gemüse, Kartoffeln, Tabak, zur 
Obstzucht und zum Weinbau unter Anwendung 
künstlicher Bewässerung eignen. Es sind größere 
Gebiete sowohl im Namalande, beispielsweise am 
Fischfluß, als auch im Norden bei Osona, 
Omaruru, Waterberg und an anderen Plätzen 
als für diesen Zweck geeignet reserviert worden. 
Ich bemerke hierbei, daß allen diesen Kleinsied- 
lungen, von denen Osona und Omaruru bereits 
ausfgemessen und teilweise besiedelt sind, ein 
größeres Weidegebiet zur Verfügung gestellt ist, 
so daß der Kleinsiedler auch in beschränktem 
Maße Viehzucht treiben kann. In Osona haben 
sich verschiedene Deutsche, die aus Britisch-Süd- 
afrika eingewandert sind, als die ersten nieder- 
gelassen. Ich war um so erfreuter hierüber, als 
mehrere davon mir aus meiner Kapstädter Zeit 
als tüchtige Elemente bekannt waren und ich 
darin ein Anzeichen dafür erblickte, daß der Ge- 
danke dieser Kleinsiedlungen nicht aussichtslos ist. 
So oft ich diese Leute besucht habe, haben sie 
sich stets auf das zufriedenste über ihre Nieder- 
lassungen geäußert und Vergleiche zwischen ihrem 
Besitztum in der Kapkolonie und bei uns an- 
gestellt, die durchaus zugunsten unserer Kolonie
	        
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