Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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hierdurch auch eine andere Ausbildung bedingt 
wird. Diese muß für den kolonialen Soldaten 
ein ganz besonderes individuelles Gepräge tragen, 
wie es allein eine nur kolonialen Wehrzwecken 
dienende Organisation verbürgen kann. Die 
Notwendigkeit der Schaffung einer Ko- 
lonial-Stammtruppe erscheint vom mili- 
tärischen Standpunkt aus durch die Er- 
fahrungen dieses Krieges klar erwiesen. 
Die zahlreichen Lehren, die die Kämpfe in Süd- 
westafrika hinsichtlich der Ausbildung, Führung 
und Verwendung kolonialer Truppen bieten, 
können bei der Bildung einer solchen Organisation 
von unschätzbarem Werte sein, für europäische 
Verhältnisse haben sie jedoch nur eine sehr be- 
schränkte Bedeutung. Was allgemeinen und 
bleibenden Wert hat, liegt auf anderem Gebiete. 
Fast 40 Monate hat die deutsche Schutztruppe 
im Felde gestanden gegen einen Feind, der in 
seltener Zähigkeit und Ausdauer und mit dem 
Mute der Verzweiflung um seine Unabhängigkeit 
kang. Groß waren die Opfer, die der Kampf 
sorderte, größer noch die Lücken, welche An- 
strengungen und Entbehrungen und in deren 
Gefolge verheerende Krankheiten in die Reihen 
der deutschen Reiter rissen. Leiden aller Art, 
Hunger und Durst, jener schrecklichste Feind afri- 
kanischer Kriegführung, haben die Widerstandskraft 
der Braven einer schweren Prüfung unterzogen. 
Der deutsche Soldat darf das stolze Gefühl in 
sich tragen, in diesem harten Kampfe ganz seinen 
Mann gestanden zu haben. Er war ein Held 
nicht nur der Tat, sondern auch des stillen, ge- 
duldigen Leidens und Entbehrens und hat selbst 
in verzweifelten Lagen echt kriegerischen Geist an 
den Tag gelegt. In ihm lebte der zähe, durch 
keine Leiden zu bezwingende Wille zum Sieg. 
Es ist ein leichtes, solchen Geist in einer Truppe 
äu erhalten, der es vergönnt ist, von Sieg zu 
Sieg, von Erfolg zu Erfolg zu schreiten, hier aber 
mußte er sich bewähren in einer langen, schweren 
Leidenszeit, in der nur zu oft die sichtbaren 
Erfolge ausblieben, und Mühsale und Ent- 
behrungen scheinbar vergeblich ertragen werden 
mußten. Wie viele Hunderte, ja Tausende von 
Kilometern ist die Truppe in jenem unwirtlichen 
ande in der Glut der afrikanischen Sonne 
hinter dem flüchtigen Gegner hergejagt, oft ohne 
daß es gelang, ihn zum Kampfe zu stellen! 
4 Jene endlosen und aufreibenden Verfolgungs- 
züge, in denen die Truppe häufig ihr Letztes 
bergab, ohne einen Lohn für alle ihre Mühe 
einheimsen zu können, haben diesen Geist fürwahr 
auf eine harte Probe gestellt, und doch blieb er, 
  
wie alle Kriegsberichte übereinstimmend melden, 
vom ersten bis zum letzten Tage des Feldzuges 
ein unvergleichlicher. Gegründet auf eine Manns- 
zucht, die ihre starken Wurzeln in dem gegen- 
seitigen Vertrauen zwischen Führer und Soldat 
hatte, war er erprobt in der Schule der Leiden. 
Der Führer wußte, daß, wenn die Lage es er- 
forderte, er von seinem Soldaten alles verlangen 
konnte, und dieser ihm willig und gern auch in 
den Tod folgte. Groß waren die Opfer, die die 
Führer der Truppe auferlegen mußten, größer 
jedoch die Anforderungen, die sie an sich selber 
stellten. In schwerer Stunde war der Soldat 
gewohnt, in seinem Führer ein Vorbild zu sehen, 
an dem er sich aufrichten konnte, denn rücksichtslos 
setzte dieser seine Persönlichkeit für die Sache ein, 
der er diente, und scheute keine Mühe und kein 
Opfer, wo es galt, für das Wohl der Truppe zu 
sorgen. 
Ein solches auf gegenseitiger Achtung be- 
ruhendes Verhältnis sowie das Bewußtsein der 
Gemeinsamkeit aller Frenden, Leiden und Nöte 
des Kriegerlebens hatte ein starkes, unzerreißbares 
Band zwischen Führer und Mannschaft gewoben. 
Treue ward um Trene gehalten. Auf dem Boden 
solch hoher Mannszucht erwuchsen die wahren 
kriegerischen Tugenden: Treue, Tapferkeit, Selbst- 
verleugnung, Gehorsam, Ausdauer und Geduld, 
jene Tugenden, die, von jeher dem deutschen 
Soldaten eigen, einst Deutschland groß und einig 
gemacht haben; in ihnen offenbart sich der Geist, 
der ein Volksheer zu großen Taten befähigt, und 
Deutschlands Söhne haben in jenem harten 
Ringen nicht nur eine Probe auf ihr Können 
abgelegt, sie haben auch aller Welt gezeigt, daß 
im deutschen Volke diese hohen Tugenden noch 
nicht erstorben sind. Die stille und emsige Arbeit 
im Heere während langer, für den Berufssoldaten 
schwer zu ertragender Friedensjahre ist nicht ver- 
geblich gewesen. Dieses Bewußtsein, weit entfernt, 
zu eitler Selbstüberhebung zu verleiten, mag uns 
ein Sporn sein, in dem Streben nach weiterer 
kriegerischer Vervollkommnung nie zu erlahmen. 
Das deutsche Volk aber kann mit Stolz und 
Vertrauen auf seine wehrhaften Söhne blicken. 
Der Kampf mit jenem harten und unver- 
brauchten Naturvolk in einem kulturarmen Lande 
hat dargetan, daß das deutsche Volk trotz aller 
Errungenschaften einer hohen Kultur an seinem 
kriegerischen Werte noch nichts eingebüßt hat. 
In diesem sieghaften Bewußtsein liegt ein hoher 
innerer Gewinn, und schon um dieses Gewinnes 
willen sind die schweren Opfer an Gut und 
Blut nicht vergeblich gewesen.
	        
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