Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Erfolge gezeitigt, weil sich der Anbau teilweise 
infolge des Mangels an durch Maschinen nicht 
zu ersetzenden Arbeitskräften oder der Höhe der 
Löhne, z. B. bei Opiummohn, Salbei, teilweise 
infolge eines durch llberproduktion hervor- 
gerufenen Rückgangs der Preise, z. B. bei Gin- 
seng (Panax quinquefolium) oder der Furcht 
vor einem solchen, z. B. bei der Gelbwurz, teil- 
weise endlich infolge mangelhaften Gedeihens der 
Pflanzen, z. B. bei Süßholz, nicht einträglich ge- 
stalten wollte. Gute Crfahrungen wurden da- 
gegen mit dem Anbau von Pfefferminze (Mentha 
piperita) gemacht. 
Heute wird bereits der Hauptbedarf des 
Weltmarktes an Pfefferminzprodukten aus der 
Union gedeckt, und zwar hauptsächlich aus den 
nördlichen Connties des Staates Indiana, aus 
dem südlichen Michigan und aus dem County 
Wayne des Staates New YVork. Im Wettbewerb 
hierin steht uur Japan, allein die dorther kom- 
mende Ware hat den Ruf minderwertiger Qua- 
lität, während man allgemein die deutsche Pfeffer- 
minze (gleich den Kamillen) der einheimischen 
ihres viel kräftigeren Aromas wegen bei weitem 
vorzieht. Es findet aber eine kaum nennens- 
werte Ausfuhr beider Pflanzen von Deutschland 
nach den Vereinigten Staaten statt. Dagegen 
steigt der jährliche Versand von Pfefferminze in 
verschiedenen Arten nach Deutschland sehr erheb- 
lich. Die vorjährige Pfefferminzernte von Indiana 
allein hatte einen Wert von 100 000 S. Hanupt- 
ort für den Pfefferminzhandel ist Mishawake. 
Im Distrikt dieser Stadt gibt es nahezu 1000 
Acres ausschließlich mit Pfefferminze bebanter 
Felder. Ein Farmer hat allein dort 320 Aeres 
mit Pfefferminze bebaut. In Michigan sind noch 
größere Pfefferminzfarmen. Ein Farmer bestellt 
dort jedes Jahr 600 bis 800 Aecres mit Pfeffer- 
minze. In Wisconsin beabsichtigt ein Farmer, 
der bei Rice Lake 1200 Acres Land besitzt, jähr- 
lich 600 bis 700 Acres mit Pfefferminze anzu- 
pflanzen. Der Boden dort scheint sich in der 
Tat für diese Kultur außerordentlich gut zu 
eignen. Versuche sollen auf das Acre für 250 3 
Ol ergeben haben, eine Summe, die aber sicher- 
lich viel zu hoch gegriffen ist, da sie in gar 
keinem Verhältnis zum Durchschnittsertrage steht. 
In der Regel werden vom einzelnen Farmer 
nur größere Flächen mit Pfefferminze bestellt, da 
sich in kleinerem Maßstab die Pfefferminzkultur 
nicht lohnt. Heimisch ist die Kultur der Pflanze 
in der Union seit 1816. Im Jahre 1906 betrug 
die Ausfuhr 74 151 Pfund Pfefferminzöl im 
Werte von 206 261 8; 1905: 39 953 Pfund im 
Werte von 135 060 S; 1904: 42 939 Pfund 
im Werte von 124 728 S. Hauptabnehmer sind 
Deutschland und England. Der Aubau der 
  
Pflanze erfordert große Sorgfalt, lohnt sich aber 
bei Aufwendung guter Pflege trotz des Preis- 
rückgangs der letzten Jahre. Man erzählt von 
einzelnen Farmern, die mit dem Bau dieser 
Pflanze die größten finanziellen Erfolge erzielt 
haben. Wo der Boden für die Kultur der 
Pfefferminzpflanze von guter Beschaffenheit und 
die Anpflanzung noch neu ist, können bei sorg- 
fältiger Arbeit bis zu 30 Pfund Ol von einem 
Acre Land gewonnen werden. Der Preis für 
Pfefferminzöl beträgt zur Zeit im Durchschnitt 
2,10 8 pro Pfund. Er ist seit 1903, wo er bis 
auf 75 Cents gesunken war, wieder gestiegen, 
während er in den 60 ger Jahren über 4,25 S 
und im Jahrzehnt vorher 5,50 8s betrug. Da 
die Kosten der Pfefferminzkultur sich durchschnitt- 
lich pro Acre auf 12 bis 14 s belaufen, so hat 
der Farmer bei den jetzigen Preisverhältnissen 
einen zwar nicht übermäßig hohen, aber doch 
annehmbaren Gewinn. Die Pfefferminzpflanze 
verlangt zu ihrem Gedeihen feuchten Marsch- 
boden, der natürlich entwässert, aber nicht unter- 
irdisch drainiert werden darf, da Feuchtigkeit ein 
absolutes Erfordernis zum Gedeihen der Pflanze 
ist. Die Pfefferminzpflanzen werden grün ge- 
schnitten und so lange an der Sonne getrocknet, 
bis sie eine bräunliche Farbe angenommen haben 
und damit zur Destillation bereit sind. Letztere 
erfolgt in der Weise, daß man durch mit Pfeffer- 
minzhen gefüllte Bütten ½ bis ¾ Stunde lang 
Wasserdampf durchgehen läßt. Dieser kühlt sich 
in Kondensatoren ab. Das Wasser sammelt sich 
in damit verbundenen Behältern und das mit- 
gerissene Ol schwimmt auf der Oberfläche. Die 
Pfeffermingrückstände verfüttert man an Schafe 
und Pferde als Hen. 
Im getrockneten Zustande wird die Pfeffer- 
minze als Teec in großen Mengen gebraucht. 
Das Pfefferminzöl, das sich vom deutschen durch 
die rotbraune Farbe und das zweifelhafte Aroma 
unterscheidet, wird in der Union außer in der 
Medizin auffallend viel zu Pfefferminzlikören und 
als Beiprodukt der verschiedensten Spirituosen 
verwandt. 
(Nach einem Bericht des Landwirtschaftlichen Sach- 
verständigen für die Vereinigten Staaten von Amerika.) 
Wirtschaftliche Lage des brastlianilschen Amazonas- 
geblets. 
Das Gebiet, welches der Amazonasstrom von 
seinem Eintritt in Brasilien bis zur Mündung 
bei Par## durchläuft, zerfällt in die Staaten Ama- 
zonas und Parä, welche zusammen mit etwa 
3 046 000 akm annähernd /8 der Europa an 
Umfang ziemlich gleichkommenden brasilianischen 
Union umfassen. Die physische Beschaffenheit
	        
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