Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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an die sandigen Ufer getrieben, und wehe einem 
Fahrzeug, das von diesen Wellen erfaßt würde. 
Das Ranschen der Brandung hört sich an wie 
Kanonensalven und Donnergeroll. Dem Eu- 
ropäer, der durch die Brandung mit seinem ge- 
brechlichen Fahrzeuge muß, wird es oft auf 
hoher See angst und bange, und schon mehr als 
einmal wurde er gezwungen, ein salziges Bad 
zu nehmen und mußte zusehen, wie seine Hab- 
seligkeiten in den Sand vergraben wurden ohne 
Hoffnung, sie je wiederzuerlangen. 
Das Hinterland bietet für die Walmanleute 
weniger Schutz, aber es ist auf viele Stunden 
unbewohnt, und der zunächst liegende Volks- 
stamm, die Banjil, sind mit ihnen Freund. Beide 
eben genannten Flüsse können bei gewöhnlichem 
Wasserstande leicht durchwatet werden. Aber 
sobald im Inlande sich ein ergiebiger Regen 
ergießt, schwellen die Flüsse zu Strömen an, die 
dicke Bäume mit ihren Wurzeln wie Strohhalme 
davontragen und mit wilder Wucht ins Meer 
hinausschleudern. Mit Rücksicht darauf halten sich 
die Walman im allgemeinen auch nur innerhalb 
dieser Flüssegebiete auf; nur Jagd, Fischfang 
und Plantagenbau gestatten ihnen eine Aus- 
nahme. Namentlich lieben sie es, in den 
sumpfigen Deltas dieser Flüsse ihre Sagobestände 
anzulegen und dem Ufer entlang ihre Plantagen 
zu bebauen. Weniger zum Schutz als vielmehr 
zum Nutzen kommen zwei Lagunen in Betracht, 
die vom Hinterlande herkommend, ihr Gebiet 
durchfließen und in die See münden. Die 
tosende Brandung treibt oft große Mengen von 
Fischen in dieselbe hinein. Nicht selten ver- 
sanden die wütenden Wellen die Mündung dieser 
Lagunen. Das Aufgraben der Mündung geschieht 
zur Zeit der Ebbe. Im u ist das Wasser ver- 
laufen, und geschäftig durchwaten die Männer 
den zurükgebliebenen Schlamm mit Bogen und 
Peil- hn die gefangenen Fische mit nach Hause 
zunneh nen. Dasselbe tun die Frauen mit Fisch- 
eden, und selost kleine Kinder durchsuchen eifrig 
die Ufer nach Beute. 
suunden s almangebie, das sich auf drei Weges- 
von On streckt, zerteilt sich in vier Dörfer, die, 
on Östen nach Westen ausgezählt, Vrinagol, 
Koroko, Poro und Vok .. . 
ihnen i 1 Vokau heißen. Zwei aus 
8 ind größer, sie haben zusammen etwa 
binwohner, während die beiden kleineren 
Zfammen nur 150 Einwohner zählen. Das 
Hauptdorf ist Vrinagol, da h di 5 5 '«. 
Geistertempel auf fr % in diesem der große 
Krnos freiem Platze steht, zu dem die 
ganze Männerwelt bei wichte .- , 
sammenströmt bei wichtigen Ereignissen zu- 
Nationalheil n Früher stand auch ein zweites 
der ranfe lig n in Vokau, aber es wurde von 
Gele 60 regierung vor einigen Jahren bei 
elegenheit einer Strafexpedition eingeäschert.. 
  
Der Platz, worauf der Tempel stand, wird freilich 
auch jetzt noch von den Männern sowohl als 
von den Frauen in hohen Ehren gehalten. Noch 
jetzt gehen Weiber und Kinder in weitem Bogen 
herum und sehen voll Ehrfurcht auf die Reste 
ihres einstigen Gotteshauses. Und würden sie 
anders handeln, so stände der Zorn der Männer 
zu befürchten, sie würden ohne Gnade und Barm- 
herzigkeit niedergeschossen; aber für ihren religiösen 
Kult hat dieser Platz weiter keine Bedeutung 
mehr. 
Die Dörfer liegen hart am Meeresstrande 
im heißen Sande, so nahe am Meere, daß nicht 
selten die vom Meere gepeitschten Wogen bis zu 
den Wohnungen dringen und ein unheimliches 
Zittern hervorrufen. Daß selbst Häuser von den 
Wellen erfaßt und fortgerissen wurden, ist keine 
Seltenheit. Der Grund, warum die Lente so 
nahe am Meere sich niederlassen, ist ein zwei- 
facher; erstens sind sie mehr geschützt gegen die 
Mosgquitos, die bekanntlich Wind und Salzwasser 
nicht sonderlich lieben, und zweitens bringt die 
See Tag für Tag eine kühle Brise, die die Hitze, 
welche oft 32 Grad Celsius beträgt, ein wenig 
abkühlt. 
Die Küste längs des Walmangebietes ist öde 
und verlassen. Mit Ausnahme der Ortschaften, 
wo ganze Wälder von Kokospalmen sich stolz 
zum Himmel erheben, deren Früchte nicht bloß 
den Walman, sondern auch den starkgeschnäbelten 
Kakadus zum Leckerbissen dienen, sieht man auf 
der sonnenverbrannten ganzen Strecke nichts 
anderes als verkrüppelte, mit langen Luftwurzeln 
versehene Pandanusstauden, die oft von der mut- 
willigen Jugend angezündet und unter lautem 
Krachen und Knallen in Asche gelegt werden, 
und elendes Gestrüpp, worin oft ganze Scharen 
von roten und grünen Papageien schreiend und 
krächzend ihr Spiel treiben. Daneben und 
darunter wuchert dann eine wilde Bohnensorte, 
von den Eingeborenen Bosopu genannt, die den 
schwarzen Kindern vielfach zum Spielen dient. 
Auch ganze Felder von Melonen kann man an- 
treffen, welche von den Wald= und Haus- 
schweinen fleißig aufgesucht werden. 
Dieses öde, verlassene, hier und da mit Alang 
Alang bestandene Land ist im Laufe der Jahr- 
hunderte angeschwemmt worden. Alang Alang 
ist mannshohes Gras, sehr hart. Die Flächen 
werden von den Eingeborenen oft in Brand 
gesetzt, und die jungen weichen Keimlinge werden 
von den Pferden und Rindern der Europäer 
gesucht. 
Die Dörfer stehen mittels schmaler Fußwege 
miteinander in Verbindung. Die Walman sind 
gewohnt, im Gänsemarsch zu gehen und be- 
nötigen keine breiten Wege. Ja, sie gehen selbst
	        
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