Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

W 887 20 
Togo. 
Versuche zur Immunisierung von Rindern gegen 
Tsetsekrankheit. 
Bericht des Leiters der Abteilung für T Tropenkrankheiten 
und Tropenhygiene bei dem Königlichen Institut für 
Infektionskrankheiten in Berlin Dr. Klaus Schilling, 
Zur zeit in Togo. 
Die mir vom Reichs-Kolonialamt gestellte 
Aufgabe bestand darin, zu ermitteln, ob die von 
mir in den Jahren 1902 und 1904 gegen Nagana 
(Tsetsekrankheit) vorbehandelten Rinder nun tat- 
sächlich gegen diese Krankheit unempfindlich seien 
oder nicht. 
Hierzu stand mir folgendes Material an 
Versuchstieren zur Verfügung: 
Im Juli des Jahres 1902 hatte ich in 
Sokodé eine Anzahl Rinder im Alter von mehr 
als zwei Jahren behandelt. Das Material zu 
diesen Impfungen stammte von einem tsetse- 
kranken Pferde, das sich auf dem Wege vom 
Hinterland zur Küste spontan infiziert hatte. Das 
Blut dieses Pferdes war durch 12 bzw. 15 auf- 
einander folgende Übertragungen, sogenannte 
Passage durch Ratten und Hunde, fortgepflanzt 
worden.") Dann wurde das Blut auf die Rinder 
übertragen (Serie 1). Die beigegebene Tabelle 
läßt erkennen, in welcher Weise die verschiedenen 
Tiere auf den verschiedenen Märschen im Togo- 
hinterlande seitdem der Tsetseinfektion ausgesetzt 
gewesen waren. Dazu muß bemerkt werden, daß 
der Küstenstreifen, auf welchem Kpeme und Anecho 
liegen, nicht als tsetsefrei gelten kann. Denn ich 
habe bei zwei Rindern, die sicher nie über die 
Lagune hinüberkamen, die Infektion festgestellt; 
auch kommt die Tsetsefliege, wenn auch in ganz 
vereinzelten Exemplaren, in Kpeme vor. Die 
Tiere der Serie 1 wurden nun darauphin geprüft, 
ob die in den Jahren 1902 und 1904 gesetzten 
Infektionen mit Tsetseparasiten ausgeheilt seien. 
Bei zwei von den zehn Tieren waren noch Para- 
siten vorhanden. Bei 80 vH. war also die 
Infektion erloschen. 
Von diesen Tieren waren nur vier Stück zu 
einem Versuche verwendbar, da die übrigen alle 
von einem Oldenburger Zuchtbullen gedeckt waren 
oder junge Saugkälber hatten. Aus dem gleichen 
Grunde konnte der gleich zu erwähnende Versuch 
nicht wiederholt werden. 
Diese vier Tiere (III, X, XV und XXIV) 
wurden mit sechs Kontrolltieren (jungen, in Kpeme 
geborenen Bullen), die noch nie über die Lagune 
hinanusgekommen waren, nach der Zollstation Tokpli 
am Monuflusse geschickt. Schon früher hatte ich 
*) Siehe Schilling, Versuche zur Jmmumisterung 
gegen hiitsekrankhei. Zeitschrift für Hygiene, Band 52 
Seite 
  
ermittelt, daß dieser Ort, bzw. der Weg dorthin, 
ein ganz besonders gefährlicher Tsetseherd sei; 
ein Rind war im Jahre 1904 an sehr schnell 
verlaufender Nagana eingegangen, nachdem es 
nach Tokpli und wieder zurück getrieben worden 
war. Aus diesem Grunde wählte ich gerade jene 
Gegend, um eine besonders rigorose Prüfung der 
Immunität jener Tiere vorzunehmen. 
Am 28. Mai 1907 gingen die Tiere von 
Kpeme ab, am 31. Mai trafen sie in Tokpli ein. 
Sämtliche Kontrolltiere infizierten sich mit Nagana 
und sind im Laufe von 18 bis 40 Tagen (Durch- 
schnitt 27,5 Tage) verendet. Jene vier Tiere 
der Serie 1 aber blieben anfangs frei von Para- 
siten, und erst nach ihrer Rückkehr nach der Küste 
konnte bei zwei von ihnen (X und XV) durch 
Überimpfung von 20 cem Blut auf Hunde die 
Infektion nachgewiesen werden (Serie 1a). Bei 
den beiden anderen fiel diese Probe negativ aus 
(Serie 1b). Diese beiden Tiere impfte ich nun, 
um ihre Immunität noch weiter zu prüfen, mit 
je 50 cem Blut von einem spontan an Nagana 
erkrankten Rind. Fünfzehn Tage nach der In- 
jektion waren im Blute dieser Tiere Parasiten 
nachweisbar. Es wird erst in einigen Wochen 
möglich sein, ein Urteil zu fällen, ob diese Rinder 
die neue Infektion überstehen werden. 
Bei zwei Tieren (X und XV) ist also der 
durch den Stich der Tsetsefliege eingeimpfte Parasit 
noch zur Entwicklung gelangt.“) 
II. Die Serie 2 der Versuchsrinder bestand 
aus Tieren, die im November 1904 in Sokodé 
vorbehandelt worden waren. Zu diesem Zwecke 
war eine neue Reihe von Hundepassagen angelegt 
worden, wiederum ausgehend von einem nagana- 
kranken Pferde; von dem 15. und den folgenden 
Passagetieren wurden je 10 cem Blut subkutan 
verimpft, da ich nach dem Ergebnis früherer 
Versuche schließen konnte, daß die im Jahre 1902 
geübte Methode mehrerer Injektionen in vierzehn- 
tägigen Abständen nur zeitraubender sei, aber 
keinen Vorteil bot. Zu diesen Injektionen wurden 
so gut wie ausschließlich junge Tiere ausgewählt, 
da ich beobachtet hatte, daß bei jungen Tieren 
die Infektion rascher ausheilte als bei alten. 
Auch waren die Tiere zum Zug bestimmt, wozu 
sich junge Rinder leichter anlernen lassen als alte. 
Dieser Umstand mag für den Ausgang der Ver- 
suche von Wichtigkeit gewesen sein. 
Die Tiere blieben nur bis zum Juni 1905, 
also sechs Monate, in Sokodé stehen; es sollen 
keine Verluste in dieser Zeit eingetreten sein; die 
*) Bei den beiden anderen (III und XXIV) ist 
die künstliche Infektion mit Naganablut erfolgreich 
gewesen.
	        
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