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Das ständige Sekretariat ist beauftragt mit
der Vorbereitung des Jahresberichtes des höheren
Ausschusses über die Lage des Unterrichts in den
Kolonien.
Man darf von der gänzlichen umgestaltung
des Unterrichtes in den Kolonien viel erhoffen.
Bis jetzt fehlten in der Tat Programme und
Lehrgänge — alles. Von Madagaskar und
Indo-China abgesehen, entbehren die meisten
unserer Kolonien, wie sich aus der folgenden
Übersicht ergibt, der Schulen und Lehrer.
Übersicht über die Zahl der Schulen jeder
Kolonie.
Koloni Joahl 4
olonien Schelen Bemerkungen
St. Pierre u. Miquelon 7
Martinique . . .108
Guadeloupe 117
Guyan32
Congo 51
Reunion .173
Mayotte 5
Somaliküste 3
Indien. 45
Indo-Chnnn—
Kambodscche6 Dazu 350 Bonzen-
schulen.
Kochinchina 378 Daz 2°8 Schreib-
u
Tonkin. 106 Jau'I 1633 Schreib-
schulen
Annaa é. die Bemerkungen
Laos fiber Indo-China.
Neu- Caledonien . 1659
Französische Nieder-etwa
lassungen in Ozeanien 20
Madagaskar 525
Französisch- Vestafrika 2
Senegal 39
weer Senepaln. wier 47.
Guincea 23 Dazuzahlreiche Koran-
schulen.
Elfenbeinküstt 23
Dahome. . . .1 24
Unter der Herrschaft des neuen Erlasses wird
den Gouverneuren ebenso wie den Kolonialräten
nicht mehr die eigene Initiative unterbunden
sein. Ihre Berichte, ihre Vorschläge werden im
Gegenteil von einer Gruppe zuständiger Männer
durchgesehen, beraten und genehmigt werden.
Es wird gewissermaßen eine Art von Gleich-
stellung der Tätigkeit des Gouverneurs, des
Kolonialrates und des Ausschusses geschafen sein.
So wird jede Kolonie einen Schulplan in Über-
einstimmung mit ihrer Entwicklung, ihren Be-
strebungen und ihren Bedürfnissen haben können.
Es würde ein ebenso nutzloses wie un-
politisches Werk sein, die französische Sprache und
Sitte von Grund aus an Stelle der verschiedenen
Sitten der eroberten Länder setzen zu wollen.
Man schafft nicht mit einem Federstrich die heid-
nischen Gesetze ab, deren Grundlagen auf Jahr-
hunderten ruhen. Jedermann ist sich heute über
diesen Punkt klar. Unsere Pflicht, zu gleicher
Zeit unser Vorteil ist im Gegenteil die geistige
oder sittliche Eingeborenenerziehung zu achten,
sie sogar zu entwickeln und ihr die französische
Erziehung beizugesellen. Die französische Unter-
weisung kann sich der Eingeborenenunterweisung
nur anschließen, sie einigermaßen vervollständigen,
sie kann und darf nicht beanspruchen, sie zu er-
setzen. Dieses Zusammenwirken beider Erziehungs-
methoden ist vollkommen ausführbar. Die Ein-
geborenen dürfen in der Tat „nie aufhören, Ein-
geborene zu sein.“ Wir sollen sie vervollkommnen,
aber in dem Geiste ihrer Nberlieferungen.
Wenn man die indochinesische Gesellschaft
betrachtet, müssen wir tatsächlich anerkennen, daß
ihre sittliche und geistige Entwicklung nicht geringer
als die unsere, daß ihre Sittenlehre nach einem
auf dem Kongreß der „Laienmission“ gefallenen
Ausspruche zugleich „verstandesmäßig und über-
aus menschlich ist, daß sie keinerlei Widerspruch
mit den erhabensten, sittlichen Vorschriften des
Abendlandes enthält.“
Warum ist seinerzeit versucht worden, diese
überkommene Sittenlehre durch eine der abend-
ländischen Glaubenslehren zu ersetzen, ein un-
glücklicher Versuch, der nur dazu gedient hat,
uns das Vertrauen der Eingeborenen zu ent-
fremden. In diesem Geiste verfaßt, bilden die
folgenden programmatischen Aufstellungen einen
wertvollen Plan sittlicher Erziehung; sie fordern:
daß man den Eingeborenen die Ahnlichkeit der
Lehre des Confucius mit der unsrigen vor Augen
führe und daß ein kleines Buch über Sittenlehre
in Anamitisch und Französisch erscheine, worin
sich die wesentlichen Regeln der beiden Welt-
anschauungen aufgezeichnet finden;
daß die überkommene Sittenlehre der Ein-
geborenen die Grundlage ihrer sittlichen Erziehung
bleibe;
daß die Bemühungen der europäischen Er-
zieher darauf ausgehen sollen, diese überkommene
Sittenlehre fortschreitend und mit Klugheit um-
zugestalten, gewisse Gebräuche zu beseitigen;
daß sich die europäischen Erzieher einer
tiefen Ergründung der Fassungskraft der Ein-
geborenen widmen; daß sie das Eigentümliche,