Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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günstig, hinsichtlich der Produktion langsam weiter- 
entwickelt. Die Produktion ist von 0 Ballen in 
1901 auf rund 3000 Ballen zu 500 Pfund in 
1908 gestiegen. Ein Vergleich mit den älteren 
Kolonialländern England und Frankreich ergibt 
folgendes Zahlenbild: 
1907 1908 
England 18000 16600 Ballen zu 500 Pfund 
Deutschland 2700 31000 500 
Frankreich. 760 70 500 
Gegenüber England ist zu berücksfichtigen 
1. der in englischen Kolonien weiter vor- 
geschrittene Bahnbau, 2. die Produktion des alten 
Baumwollandes Lagos mit seiner besonders 
dichten Bevölkerung, 3. die größeren Mittel der 
englischen Baumwollbau-Gesellschaft. 
England begründet den vorübergehenden 
Rückgang der Produktion 1908 mit der außer- 
gewöhnlichen Trockenheit in Westafrika. Der 
Durchschnittspreis für Togobaumwolle betrug in 
den Jahren 1906/07/08 57 pPf., für ostafrika- 
nische Baumwolle im gleichen Zeitraum 77 Pf. 
Togobaumwolle klassifiziert bekanntlich ungefähr 
gleich middling amerikanisch, ostafrikanische Baum- 
wolle ungefähr gleich ägyptisch fully good fair. 
Bei Beurteilung der Produktionsmenge sind 
namentlich zu berücksichtigen die bisher mangelnden 
Verkehrs= und Transportverhältnisse, sowie die 
Inanspruchnahme der eingeborenen Bevölkerung 
zum Eisenbahnbau, die dem Ackerbau erhebliche 
Arbeitskräfte entzieht. 
In Deutsch -Ostafrika bestehen jetzt etwa 
17 mittlere und kleinere Europäerpflanzungen, 
die 2000 ha mit Baumwolle, ferner 24 Plan- 
tagen, die in Zwischenkultur etwa 3300 ha mit 
Baumwolle bepflanzt haben. In Entwicklung 
begriffen sind 12 Baumwollplantagen-Gesell- 
schaften mit einem belegten Areal von ungefähr 
85 000 ha. Die letzteren rücken erst im Laufe 
der Jahre in ihre volle Ertragsfähigkeit ein, da 
den Kulturbestimmungen entsprechend im allge- 
meinen jährlich nur ein Zehntel Land unter 
Kultur genommen wird. Sieben Dampfpflüge 
find in Tätigkeit. 
Die Baumwollproduktion der Eingeborenen 
hat sich in Togo und Deutsch-Ostafrika allmählich 
gesteigert. Die Anbaufläche auch nur schätzungs- 
weise anzugeben, ist bei den vielen verstreuten, 
kleinen Feldern nicht möglich. Nur in den ost- 
afrikanischen Bezirken Kilwa und Mohorro ist 
die Produktion in diesem Jahre infolge zu 
niedriger Aufkaufspreise der Händler zurück- 
gegangen. Zur Wiederbelebung hat die Baum- 
wollbau-Kommission dort zwei Aufkaufstellen ein- 
gerichtet und die Aufkaufpreise bis auf weiteres 
auf 9 H. für I. Qualität per Pfund unentkörnte 
  
Baumwolle gleich 55 Pf. per Pfund entkörnte 
Baumwolle loko Hamburg und 8 H. für II. Qua- 
lität gleich 50 Pf. festgestellt. Die nördlichen 
Bezirke der Togokolonie mit etwa zwei Dritteln 
der Gesamtbevölkerung find aus politischen 
Gründen seit 1907 gesperrt: Süd= und Mittel- 
Togo allein haben im Jahre 1906/07 1200 Ballen 
und 1908/09 (nach der Deutschen Togogesell- 
schaft) 2000 bis 2200 Ballen gebracht. 
Bezüglich der Einführung des Baumwollbaues 
in Kamerun ist mit dem Kaiserlichen Goun- 
verneur vereinbart, daß er die zunächst in Be- 
tracht kommenden Gebiete Bamum und Bali 
persönlich bereist und der Baumwoll-Kommission 
seine dort angestellten Erhebungen mitteilt; 
eventuell soll dann im Frühjahr eine Baumwoll- 
expedition nach dorthin entsandt und mit der 
Verteilung von ausgesuchtem Saatgut und Auf- 
stellung einer Entkörnungsanlage planmäßig vor- 
gegangen werden. Eine Baumwollbauerkundung 
im Norden Deutsch-Südwestafrikas, für die 
der Baumwollbau-Kommission bereits im Jahre 
1907 10 000 “ zu Verfügung gestellt wurden, 
ist vorgesehen, sobald nach Ansicht des Gouverneurs 
die politischen Verhältnisse des Ambolandes so- 
weit geklärt sind, daß eine wirtschaftliche Aktion 
einsetzen kamn. Der Baumwollanbau in Neu- 
Guinea ist aus dem ersten Versuchsstadium noch 
nicht herausgetreten. Die dortigen klimatischen 
und Arbeiterverhältnisse ermutigen auch nach 
Ansicht des Kaiserlichen Gouverneurs vorläufig 
nicht zu größeren Anbauversuchen. 
Von dem Reichsamt des Innern, dem Reichs- 
Kolonialamt und der Wohlfahrtslotterie sind dem 
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee für gemeinnützige 
Baumwollunternehmungen im laufenden Jahre 
bereits Beihilfen von insgesamt 125 000 zur 
Verfügung gestellt und Beiträge für den gleichen 
Zweck für weitere Jahre in Aussicht gestellt 
worden. Seitens der Industrie ist bei der 
Baumwollkonferenz im Reichsamt des Innern 
am 19. Oktober der einstimmige Beschluß gefaßt 
worden: 
„Entsprechend dem Vorgange bei der Kon- 
ferenz vom 6. März 1907 erklären sich die Ver- 
treter der Textilindustrie bereit, in ihren Ver- 
einigungen und Verbänden dahin zu wirken, daß 
ihre Mitglieder zur Fortführung der Baumwoll-= 
bau-Unternehmungen der Baumwollbau-Kom- 
mission des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees für 
die folgenden drei Jahre (1910/12) Beiträge 
leisten, welche dem Satze von 10 v. H. der Bei- 
träge zur Berufsgenossenschaft entsprechen." 
Den Optimisten gegenüber welche eine rapide 
Steigerung der Baumwollkultur in den deutschen 
Kolonien schon in den ersten Jahren erwarteten 
und dabei auf das Beispiel Amerikas hinweisen,
	        
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