Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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dessen höchste Erhebung in diesem Teil, der Lürun. 
Seine Besteigung wurde von Herrn Krämer rasch 
ausgeführt, als gerade die Sonne auf einige 
Stunden zu scheinen versprach; vorher hatte man 
den Aberglauben der Eingeborenen durch List be- 
schwichtigt. Es war eine schlimme Kletterpartie, 
von Baum zu Baum, über Felsentreppen hinweg 
und lehmige Schleifen, bis der schmale Kamm 
erreicht war, dessen höchster Punkt annähernd 
1250 m (nach Messung) hoch zu sein scheint — 
wahrscheinlich die größte bis jetzt im Bismarck- 
archipel erreichte Höhhe. Auch das etwa 5 km 
südlich von Lembin gelegene Lenkämen wurde 
zu einer Festbeobachtung besucht, wobei je 
acht Täler auf fürchterlichen Wegen zu passieren 
waren. Alles war jungfräuliches Gebiet, wie die 
Eingeborenen wiederholt versicherten, noch von 
keines Weißen Fuß betreten; nur am Westrande 
des Plateaus scheinen einige Regierungsbeamte 
und Professor Sapper den Dorfbereich bei Durch- 
querungen der Insel berührt zu haben. Zu den 
örtlichen Schwierigkeiten gesellt sich eine unfreund- 
liche Natur. In dem Kammwinkel, in dem Lelet 
eingebettet liegt, fangen sich die Wolken, so daß 
es sehr häufig regnet. Man kann von Glück 
sagen, wenn vormittags einige Stunden die Sonne 
scheint. Deshalb sind auch die Hütten der Ein- 
geborenen klein und haben niedrige Eingänge; 
die Dachbedeckung reicht bis auf den Boden herab. 
Das leichte Zelt, das die Reisenden von Sydney 
mitgebracht hatten und das dem Leben der Minen- 
arbeiter im trockenen Australien angepaßt war, 
begann nach fünftägigem Aufenthalt zu modern 
und wirkte in seiner steten Feuchtigkeit recht nach- 
teilig auf die Aimungsorgane. Das Mißverhältnis 
zwischen Regen und Sonnenschein drückt sich auch 
darin aus, daß die Leute von Lelet nicht wie 
allenthalben an der Küste „Regen zu machen“, 
sondern im Gegenteil die Sonne zu rufen suchen, 
indem sie Feuer unter einem Schädelhaus an- 
zünden. Die Geister der Verstorbenen werden 
dann aufgefordert, sich hinaufzuschwingen und die 
Wolken zu zerteilen. Gewitter sind häufig, aber 
man erinnert sich nicht, daß je ein Blitz ein- 
geschlagen hätte. Endlich ist in Lelet die eigen- 
artige Schleiftrommel beheimatet, die den Gesang 
eines Vogels nachahmt und bei bestimmten Toten- 
festlichkeiten gebraucht wird, worüber es gelang 
nähere Nachrichten zu sammeln. 
So war der Aufenthalt in Lelet, nach dem 
der Gebirgsstock Leletgebirge genannt zu werden 
verdient, recht lohnend, wenn auch teuer erkauft. 
Hätte Krämer auf der Höhe des Lurun am 
28. April einen Aushau nach Nordwest herzu- 
stellen vermocht, so hätte er sehen können, daß 
die „Langeoog“ vor Lamasong acht Tage zu 
früh eingetroffen war. So stiegen die beiden 
  
Wanderer wieder hinab, über Levinko nach 
Kandan, um nach zweitägigem Marsche in La- 
masong das Nest leer zu finden. Schilling 
hatte gemäß Anordnung das Lager mit Hilfe 
der „Langeoog“ nach Fesoa verlegt. Nun fehlte 
es am nötigsten, und man war doch der Ruhe 
so bedürftig. Ein Schiff war in absehbarer Zeit 
an der Ostküste nicht mehr zu erwarten, und nur 
in dem 150 km närdlich gelegenen Kävieng, 
dem Sitz der Regierung, pflegt sich hin und 
wieder Gelegenheit zu bieten, nach Simpsonhafen 
zu kommen. Da Anfang Mai noch mehrere 
Festlichkeiten im Umkreis von 20 km von 
Lamasong stattfanden, die zu letzter Vervollstän- 
digung der Studien Gelegenheit boten, wurde 
der Abmarsch nach Norden auf den 14. Mai 
festgesetzt und Kävieng am 19. Mai erreicht; auf 
dem zweiten Wegteil von Fesoa ab, wo die Pflan- 
zungen der Weißen beginnen, streckenweise auf 
den zur Verfügung gestellten Wagen der Herren 
Miesterfeldt und Macco. 
Walden und Schilling wurden in Fesoa 
angetroffen, wo sic in dem vortrefflichen Rasthaus 
des Stationschefs Boluminski herrlich unter- 
gebracht waren. 
Walden langte nach seinem zweimonatigen 
Aufenthalt auf Täbar (Gardner= und Fisher- 
Inseln) mit dem Dampfer der Neu-Guinea-Kom- 
pagnie) „Star“ Anfang März in Kävieng an 
und hatte seine umfangreichen, zum Teil nur 
lose zusammengepackten Sammlungen und Aus- 
rüstungsgegenstände dank dem Entgegenkommen 
des Schiffskapitäns alle nach dem von Verkehr 
und Hilfsmitteln weniger abgeschnittenen Neu- 
Mecklenburg in Sicherheit bringen können. Zu- 
dem wurden die Aufnahmen der Eingeborenen- 
sprache, der Sagen und Mythen, Tanzlieder, 
Kultgebräuche, Sitten, der Lebens= und Siedlungs- 
weise, die eine Fixierung der Stellung Täbars 
zur Hauptinsel ermöglichen, in Sicherheit gebracht. 
Von Kävieng aus, wo eine Reihe von Tagen 
zum Ordnen der Sammlungen und Notizen auf- 
gewendet werden mußte, besuchte dann Walden 
im Boote die Inseln des Nusa-Fahrwassers und 
die Dorfschaften der Ostküste Neu-Mecklenburgs 
bis Fesoa hinab, zum Zwecke allgemeiner Stu- 
dien vornehmlich in Anthropogeographie. Nach 
Kävieng zurückgekehrt, brach er am 12. April 
wiederum im Boot nach der Westküste der Insel 
auf, um die Ortschaften bis nach Lamusmus 
hinab zu besuchen, gleichfalls vornehmlich die 
Siedlungsart verfolgend. 
Von Lamusmus führt ein breiter, in steilen 
Windungen die Höhe des Schleinitzgebirges ge- 
winnender Weg ins Gebiet der in einzelne Haus- 
gruppen im Bergland zerstreuten Waldgemeinde 
Panemafai. Eine breite, verhältnismäßig ebene,
	        
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