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der England und Deutschland an erster Reihe
stehen.
Aber es gibt noch andere Dinge, die unser
gemeinsames Interesse uns zu betrachten zwingt,
sowohl aus ethischen wie aus politischen Gründen.
Eine gefährliche Krankheit, die speziell Zentral-
afrika heimsucht, ist die Schlafkrankheit. Sie wissen,
daß in London ein Kongreß stattfand, um eine
internationale Einigung über die in dieser wich-
tigen Angelegenheit zu treffenden Maßregeln zu-
stande zu bringen. Dieser Kongreß ist ergebnislos
verlaufen, eine Einigung kam nicht zustande.
Aber England und Deutschland schlossen sich zu-
sammen und einigten sich über einen Arbeitsplan,
den sie inzwischen zur Ausführung brachten; ge-
meinsam bekämpfen sie jetzt mit einem sehr großen
Kostenaufwand den schlimmsten Feind, der seit
Menschengedenken in Zentralafrika gewütet hat.
Dies geschah in gegenseitigem Vertrauen und kann
als eine gute staatsmännische Aktion betrachtet
werden. Ebenso handeln wir gemeinsam bei Be-
kämpfung der Pest und des gelben Fiebers.
Was für die Gesundheit der Eingeborenen
gilt, hat ebenso für die Gesundheit und Ver-
mehrung ihres Viehes Geltung, das ja früher
die Hauptquelle ihrer Wohlhabenheit ausmachte.
Als ich im vergangenen Jahr in Pretoria weilte,
sah ich dort geradezu ein Musterinstitut für bak-
teriologische Untersuchungen, errichtet von einer
weitblickenden Regierung im Kampfe gegen die
Tierkrankheiten, die ja in diesem Teil von Afrika
so zahlreich auftreten. Ferner lernte ich ein
Bureau kennen, welches das Auftreten sämtlicher
Heuschreckenschwärme in Südafrika und die von
ihnen eingeschlagene Flugrichtung kartographisch
festlegt. All diesen Unternehmungen bin ich für
Deutsch-Südwestafrika aus den genannten, zutage
liegenden Gründen beigetreten, und wir helfen
uns gegenseitig durch den Austausch der Beob-
achtungen und Erfahrungen. Wenn Sie vom
Weißen erwarten, daß er der Regierung bei Er-
schließung der Kolonien hilft, so wird er seiner-
seits mit Recht von der Regierung Hilfe erwarten,
soweit staatliche Einmischung klug und geboten
erscheint. Es wird Sie interessieren, zu hören,
daß beide Nationen nicht allein in der Vernichtung
der Heuschrecken und im Viehschutze in Südafrika
gemeinschaftlich vorgehen, sondern daß man auch
zwei andere wichtige Maßnahmen getroffen hat,
die in der Geschichte des Handels ziemlich einzig
dastehen. Südafrika ist nach unserer Ansicht ein
für die Zucht der Strauße und der Angoraziegen
sehr geeignetes Land. Und wenn andere Länder
vielleicht ähnliche Vorteile für die Zucht beider
Tierarten bieten, so wird man sich doch in Süd-
afrika hüten, anderen die Konkurrenz zu erleich-
tern. Daher hat man sich sowohl im Vereinigten
Südafrika, als auch in Deutsch-Südwestafrika ent-
schlossen, die Ausfuhr von Straußen und Angora-
ziegen zu verbieten, aber zwischen beiden Ländern
freie Einfuhr zu gestatten. Über Vereinbarungen
betreffend den Schmuggel und den unerlaubten
Verkauf von Diamanten stehen wir noch in Unter-
handlung.
Die Erkenntnis gemeinsamer Interessen führte
in den letzten Jahren zu mehrfachen Besuchen
zwischen britischen und deutschen Kolonialgouver=
neuren; diese Besuche haben Empfindungen gegen-
seitigen Vertrauens und guten Willens ausgelöst
und dadurch manche wohltätige Maßnahmen für
die betreffenden Kolonien im Gefolge gehabt. Ich
hatte selbst Gelegenheit, Britisch-Ostafrika sowie
die vier Kolonien, die zusammen das Vereinigte
Südafrika bilden, zu besuchen. Mit Freuden
begrüße ich diese Gelegenheit, die es mir auch
hier in Gegenwart meines hochverehrten Nachbars,
des Herrn Oberst Seeley (Unterstaatssekretär im
Kolonialamt) gestattet, meinen wärmsten Dank
auszusprechen für die mir allseitig bewiesene
Liebenswürdigkeit und für die Unterstützung aller
maßgebenden Persönlichkeiten in Regierungs= und
Kolonialkreisen.
Besonders ist mir mein Ausflug nach Süd-
afrika von Nutzen gewesen. Lassen Sie mich
Ihnen noch von zwei Eindrücken erzählen, die
nach Verlauf eines Jahres noch besonders fest in
meiner Erinnerung haften. Der eine ist die Er-
innerung an die Arbeit jenes Engländers, dessen
großer Schatten überall dort mit uns wandert,
wo wir etwas Großem und Tüchtigem begegnen;
es ist der Schatten Cecil Rhodes, jenes Mannes,
dessen Name unsterblich bleiben wird in der Ge-
schichte der englischen Kolonien. Der andere
Eindruck ist der Geist gegenseitigen Verstehens
und der Versöhnung, der soeben die Vereinigung
einer großen südafrikanischen Nation unter der
britischen Flagge bewirkt hat.
Doch um zu meinem eigentlichen Thema
zurückzukehren, so könnte ich noch zahlreiche Punkte
erwähnen, die für uns beide von gemeinsamem
Interesse sind. Aber ich hoffe, daß das, was ich
gesagt habe, genügen wird, um zu zeigen, was
ich meine. Meine Überzeugung geht dahin, daß
die Interessen aller kolonisierenden Völker Afrikas
die gleichen sind, und daß eine Gemeinsamkeit
der Interessen aller Weißen in ihrem Kampfe mit
den Schwarzen und in ihren Bemühungen für
deren Wohlergehen vorhanden ist, ebenso wie in
dem Bestreben, ihre eigene herrschende Rasse in
Afrika zu kräftigen. Es war mir auch eine
Freude, Ihnen zeigen zu können, daß, wenn die
Dinge so liegen, Briten und Deutsche die Wich-
tigkeit dieser Tatsache als die ersten anerkannt
und ihrer Erkenmuis bereits den nötigen Nach-