Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Verhältnisse, wie sie die bedrohliche Lage Leutnant 
v. Hansteins bei Didan im Oktober und der 
Angriff auf die Engländer bei Sankola im 
Dezember 1908 geschaffen hatten. Die durch den 
Uberfall auf Leutnant Detzner im März 1909 
hervorgerufene Spannung mit den Volksstämmen 
der Atscho und Assumbo ließ sich auf gütliche 
Weise lösen. 
Die Verpflegungsfrage machte von Anfang an 
viel Not. Der meistens spärliche Anbau im 
Grenzgebiet reichte kaum aus, die eingeborene 
Bevölkerung zu ernähren. Die Lebensmittel 
mußten von weither herangeschafft werden; monate- 
lang wurde die ganze Expedition mit Reis ver- 
pflegt, der von der Küste heraufgetragen wurde. 
Die Verpflegung für den Mann und Tog stellte 
sich dadurch statt der ausgeworfenen 15 Pf. zeit- 
weise auf 65 Pf., trotzdem nur die geringe Tages- 
ration von 1 Pfund Reis und etwas Salz ver- 
abreicht wurde. Vieh wurde von Adamaua aus 
zugetrieben, bis der gebirgige Charakter des 
Landes auch dieses verbot. Von achtzehn im 
Oktober 1908 angekauften Pferden waren bis zum 
Januar 1909 bereits sechzehn durch Tsetse ein- 
gegangen. Nur ein Pferd erreichte die Küste. 
An Trägern waren im ganzen 4000 Mann 
für die Expedition notwendig. Davon entfallen 
auf den ersten Teil im Jahre 1907/08 1500, 
auf das Jahr 1908/09 2500. Die höhere 
Zahl im Jahre 1908/09 erklärt sich dadurch, 
daß bei dem Ubergang aus der Benue-Ebene, 
dem Aufstieg zum hochgelegenen Grasland und 
wiederum beim Abstieg in das Urwaldgebiet wegen 
der klimatischen Verhältnisse und der anders ge- 
arteten Verpflegung jedesmal ein Trägerwechsel 
stattfinden mußte. Uber 1500 Träger waren 
allein zum Herbeischaffen der Verpflegung not- 
wendig. Der durchschnittliche Trägerlohn betrug 
10 “ für den Monat. 
Das Begleitkommando in der Stärke von 91 
farbigen Soldaten wurde von der Schutztruppe 
für Kamerun gestellt. Außer ihren dienstlichen 
Verrichtungen wurden die Mannschaften auch zum 
Signalbau und zur Besetzung von Leuchtposten 
herangezogen und haben dabei Vorzügliches ge- 
leistet. Das europäische Personal bestand aus 
vier Offizieren, einen Arzt, einen Unterzahlmeister, 
drei Unteroffizieren. Insgesamt waren zwölf 
Weiße bei der Erxpedition tätig. Vier mußten 
krankheitshalber nach Deutschland zurückkehren, 
vier wurden verwundet, alle litten mehr oder 
weniger unter den großen körperlichen Anstren- 
gungen und klimatischen Einflüssen. 
Das Krankenbuch gibt für die Zeit vom 
1. September 1908 bis zum 6. April 1909 
solgende Zahlen an: In Behandlung 17 Europäer, 
193 Farbige mit zusammen 1354 Behandlungs- 
  
tagen. Von den Farbigen gefallen 5, verwundet 
16, gestorben 14. Die Zahl von 14 Gestorbenen 
ist in Anbetracht der Verhältnisse eine recht ge- 
ringe, was in erster Linie den Bemühungen des 
Expeditionsarztes zu danken ist. 
Im ganzen wurden durch die Expedition etwa 
20000 Quadratkilometer aufgenommen und zahl- 
reiche Höhen durch Siedepunktbestimmungen fest- 
gelegt. 
Daß trotzdem die Vermessung in so kurzer 
Zeit, und im Vergleich zu der britischen Kommission 
mit der Hälfte des weißen Personals, beendet 
werden konnte, ist in erster Linie der aufopfernden 
Pflichterfüllung sämtlicher Europäer, Offizieren 
wie Unteroffizieren, zu danken, ohne die weder 
der gute Wille der farbigen Soldaten noch der 
mehr passive Gehorsam der Träger zu einheit- 
licher Arbeit hätten zusammengeschweißt werden 
können. 
Vom Bau der NUordbahn) 
Der Stand der Bauarbeiten an der Nord- 
bahn (Manengubabahn) war Ende September 
folgender: 
Das Bahnplanum ist ohne Unterbrechung 
fertig bis Kilometer 112,80. In Arbeit ist die 
Strecke bis Kilometer 131. Innerhalb dieser 
Strecke sind vierzehn Schächte angesetzt. Vor dem 
Ubergang über den Dibombe bei Kilometer 115 
+ 100 sind noch fünf Schächte mit der Her- 
stellung der Erdarbeiten beschäftigt. 
Von der Brücke über den Dibombe bei Kilo- 
meter 115,1 mit einer Mittelöffnung von 36 m 
und zwei Seitenöffnungen von je 16 m sind die 
Widerlager und Pfeiler fertig, die Böcke für das 
Montagegerüst aufgestellt. 
Kleinere Brücken und Durchlässe sind auf 
der Strecke bis Kilometer 141 im Bau. 
Der Oberbau ist bis Kilometer 102 vorge- 
streckt; die ganze Strecke wurde mit dem aus 
dem Djungo-Feld gewonnenen Material bekeiest. 
Die Telephonleitung ist bis Kilometer 100 
gelegt. · 
Die Hochbauten der Bahnhöfe und Halte— 
stellen wurden einschließlich Penja fertiggestellt; 
die Gebäude auf Haltestelle Lum sind in Arbeit. 
Im Betriebe sind zur Zeit: 8 Lokomotiven, 
4 gedeckte, 110 offene Güterwagen, 1 Personen— 
wagen. 
Die im Baubetrieb befindliche Strecke ist in 
fünf Abteilungen zu rund 20 km eingeteilt. Auf 
jeder Abteilung ist ein weißer Vorarbeiter mit 
durchschnittlich je 120 Mann mit Unterhaltungs- 
arbeiten beschäftigt. 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1909, Nr. 18, S. 860.
	        
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