Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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in der Tabakkultur, die neuerdings recht viel- 
versprechend geworden sind. Schon in Rhodesien 
habe ich einen gut zubereiteten und im Preise 
hochstehenden Tabak in großen Quantitäten ge- 
seheen. Der Sachverständige, welcher in Südwest- 
afrika in Okahandja stationiert ist und die Farmer 
in der Behandlung unterweist, gibt an, daß dort 
ein gutes und für den europäischen Konsum 
brauchbares Produkt hergestellt wird. Ebenso sind 
die Urteile des deutschen Tabakvereins über den 
bei Buea gebauten Tabak nach jeder Richtung 
hin zufriedenstellend. Auch der Ruanda-Tabak, 
von dem noch keine größeren Quantitäten in den 
Handel kommen konnten, wird als ein milder 
Tabak angesprochen. Sowohl in Kamerun wie 
in Deutsch-Ostafrika bauen die Eingeborenen seit 
langem auf sehr großen Flächen einen Tabak 
für den eigenen Gebrauch, und es wird deshalb 
jedenfalls lohnen, mit Hilfe der vom Tabak- 
verein in Aussicht gestellten Summe auch diese 
Gebiete einer gründlichen Untersuchung zu unter- 
ziehen. 
Ich wende mich nunmehr der Viehzucht zu. 
Hier ist in allererster Linie Südwestafrikas zu 
gedenken, aus welchem Erfreuliches berichtet werden 
kann. Man hat diesem Lande mancherlei vor- 
geworfen, nicht zum mindesten das, daß seine 
Armlichkeit durch die Langsamkeit seiner Entwick- 
lung bewiesen werde. Eine gerechte Würdigung 
der Geschichte der deutschen Okkupation zeigt aber, 
daß dieses Land nahezu seit seiner ersten ad- 
ministrativen Besetzung im Anfang der neunziger 
Jahre niemals zur Ruhe gekommen war, daß 
viele und schwere Kriege mit all ihren un- 
erfreulichen wirtschaftlichen Folgeerscheinungen und 
Unregelmäßigkeiten eine geregelte Wirtschafts- 
und Produktionstätigkeit kaum aufkommen ließen. 
Nachdem nun aber durch eine zähe Kriegführung 
dem Lande seit etwa zwei Jahren, wie man er- 
warten darf, ein dauernder Friede gesichert ist, 
trotzdem ja hier und da noch kleine Flämmchen 
des Aufstandes aufflackern, wird man jetzt nach 
und nach zu einer richtigen Beurteilung der 
Sachlage kommen. Und ich kann Ihnen aus 
eigenem Augenschein gerne vermelden, daß ins- 
besondere auf dem Gebiete der Viehzucht viel 
wertvolle Arbeit geleistet wird und erfreuliche 
Resultate erzielt werden. Ist doch der Viehbestand 
in den Händen der Weißen am Beginn des Jahres 
1908 bereits größer, als er vor Ausbruch des 
großen Krieges im Januar 1904 gewesen, so 
daß, soweit die Wirtschaft der Weißen in Betracht 
kommt, die große Scharte bereits ausgewetzt ist. 
Es ist mit Sicherheit zu erwarten, daß Ende 
dieses Jahres ein Viehbestand im Werte von 
nicht viel unter 20 Millionen Mark wird fest- 
gestellt werden können. Ich bemerke, daß ich 
  
in diese Rechnung als Wert für ein Rind 100 ./7 
und für eine Ziege etwa 10 .“ eingestellt habe. 
Jenes Resultat wird um so sicherer erreicht 
werden, als auch im vergangenen Jahre Zucht- 
vieh in großen Mengen, teils aus Europa 
und Argentinien, teils aus der Kapkolonie, ein- 
geführt ist. 
Die große Frage für Südwestafrika liegt nicht 
auf dem Gebiet der Produktion, sie liegt zum 
großen Teil auf dem Gebiet des noch zu schaffenden 
Absatzes und der vielfach bereits mangelnden 
Arbeitskräfte. Auf das letztere gehe ich an 
anderer Stelle ein. Die hinsichtlich des Absatzes 
getroffenen Maßregeln scheinen sich zu bewähren. 
Es ist Ihnen bekannt, daß es vor etwa Jahres- 
frist gelungen ist, unter der Firma „Deutsche 
Farmgesellschaft" eine Vereinigung der Inter- 
essenten der Liebig-Company und deutscher Vieh- 
züchter mit einem Kapital von 10 Millionen 
Mark zu errichten. Die Absicht dabei ist, ein 
großes Fleischverwertungsunternehmen zu schaffen, 
sobald der zur Verfügung stehende Rindvieh- 
bestand der Kolonie zuzüglich der eigenen Pro- 
duktion für einen regelmäßigen Betrieb das 
notwendige Material gibt und zu Preisen ein- 
gekauft werden kann, ähnlich denen, wie sie am 
La Plata üblich sind. 
Ahnliche Unternehmungen hat die South= 
West-Afrika-Comp. in Angriff genommen; eine 
kleinere besteht bereits auf genossenschaftlicher 
Basis. Es sind dies Aussichten, welche es er- 
möglichen, daß Südwestafrika über die schwere 
wirtschaftliche Krisis, die der Krieg mit sich gebracht 
hat, anscheinend leichter hinwegkommt, als man 
dies sonst hätte erwarten dürfen. Für die anderen 
Kolonien ist die Frage der Viehzucht zur Zeit 
im wesentlichen eine Frage der Verbindungen. 
In all unseren tropischen afrikanischen Kolonien 
spielt die durch den Biß der Tsetsefliege erzeugte 
Rinderkrankheit eine große Rolle. Es gibt außer- 
ordentlich viele hochgelegene tsetsefreie Weide- 
gründe. Aber die Schwierigkeit, die Rinder über 
den regelmäßig verseuchten Küstengürtel bis zum 
Verschiffungsorte zu bringen, legten der Entwick- 
lung einer Rinderzucht bisher außerordentliche 
Hindernisse in den Weg. Wie groß diese Gefahr 
ist, möge daraus erhellen, daß von einer im 
Jahre 1907 von Morogoro nach der Küste ge- 
triebenen Rinderherde von 50 Stück alle bis auf 
ein einziges Stück unterwegs gefallen sind. 
In Ostafrika ist auf dem ganzen großen 
Plateau des Innern eine große eingeborene 
Rinderzucht seit Jahrhunderten betrieben worden. 
Die Massai und die ihnen verwandten Wagaya, 
die Wagogo und Wahehe, die Wanjamwesi und 
Wasukuma haben große Rinderherden besessen 
und besitzen sie teilweise noch. Das Sultanat von
	        
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