Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Werte von 3 150 000 “ eingeführt worden. 
Daneben bestehen im Lande 9 Brauereien. Daß 
gerade hier noch vieles verbesserungsfähig ist, 
gibt jeder Einsichtige im Schutzgebiet zu. 
Aus der geschilderten Gesamtlage der Weißen 
erklärt sich auch der starke Wunsch nach Anteil- 
nahme an den öffentlichen Geschäften; er kann 
nicht, wie anderswo, lediglich mit der Ver- 
teidigung der eigenen Interessen motiviert werden. 
Die Verwaltung wünscht dem, soweit nach 
Reichsverfassung und der bestehenden Rechts- 
ordnung möglich, Rechnung zu tragen. Die 
Anfänge einer Selbstverwaltung, welche aus 
Wahlen hervorgeht, sind durch Verordnungen 
eingeführt. Kommunale Verbände sind über- 
all vorgesehen und Hhäödtische Verwaltungen 
werden demnächst an vielen Plätzen einsetzen. 
Bei der Gestaltung der Schule ist den Ansiedlern 
ein gewichtiges Wort gesichert. Handelskammern 
für die größeren Plätze werden ebenso wie die 
bereits erwähnten Landwirtschaftskammern ein- 
geführt. Das genossenschaftliche Leben ist im er- 
freulichen Ausblühen. Vereine existieren in jeder 
Form und werden gefördert. Freilich das wich- 
tigste, die Bestimmung über die zu tragenden 
Lasten, also ein ausschlaggebender Einfluß auf den 
Etat, kann nicht gewährt werden; der Etat ist zu 
eng verknüpft mit den Reichsfinanzen. Aber es 
stellen sich auch noch andere, in der gegenwärtigen 
geringen Entwicklung des Schutzgebietes liegende 
Hindernisse entgegen. Eine Selbstverwaltung, 
welche den Beamtenkörper nicht aus den im 
Lande Ansässigen selbst schaffen kann, wird nie ein 
zusammengewachsenes Ganzes bilden. Man kann 
nicht nur dirigieren, man muß auch ausführen. 
Eine Selbstverwaltung setzt ferner mindestens zwei 
sich gegenseitig die Wage haltende Körperschaften 
voraus, die heute nicht gebildet werden können. 
Auch stellen die pekuniären Interessen der Heimat, 
insbesondere infolge der ungeheuren noch un- 
verkauften, der Regierung gehörigen Strecken, 
derartige Vermögensobjekte dar, daß eine Verfügung 
irgendwelcher Art darüber anderen nicht gewährt 
werden kann. 90 v. H. des Landes befinden sich 
noch im unverkauften Besitz der Regierung und 
der Gesellschaften. Eine gerechte Verteilung nach den 
Interessen würde demnach auch hier der Regierung 
einen überwiegenden Einfluß geben. Aber es 
wird richtig sein, die Bevölkerung mehr als bisher 
beratend heranzuziehen und vor allem bei allen 
Dingen des öffentlichen Wohls, wie Hafenanlagen 
und Bahnen, besonders wo die Verzinsung späterhin 
dem Schutzgebiet auferlegt wird, nichts ohne die 
Zustimmung der Landesvertretung zu unternehmen 
und deren Initiative einen breiten Raum zu lassen. 
Schließlich aber wird die Heimat gut tun, 
der Anfiedlung von Leuten der gebildeteren 
  
Klassen möglichst die Wege zu öffnen. Jusbe- 
sondere wird das Verbot für Beamte, sich Grund- 
besitz zu erwerben und demnach im neuen Lande 
heimisch und mit der Bevölkerung durch gemein- 
same Interessen verwachsen zu werden, aufzu- 
heben, dem Mangel an höheren Lehranstalten, 
Universitäten usw. wird durch Beihilfen an solche 
im Schutzgebiet geborene junge Leute abzuhelfen 
sein, welche dafür dem Staat oder der Selbstver- 
waltung eine gewisse Zeit ihre Dienste leihen. So 
wären demöffentlichen Sinn Wege zu eröffnen, welche 
dahin führen werden, daß neben dem Streben für 
das persönliche Fortkommen noch mehr als bisher 
der Sinn für das Allgemeinwohl gestärkt wird. Daß 
alle diese Anregungen auf einen sehr fruchtbaren 
Boden fallen und dankbar angenommen werden, 
daß die übertragenen Funktionen, denen man 
auch die Entwicklung der Wassererschließung, der, 
Landvermessung, der Veterinärpolizei und die Aus- 
übung der niederen Gerichtsbarkeit unter den 
Weißen hinzufügen darf, gut gehandhabt werden 
werden, davon bin ich durch meinen persönlichen 
Verkehr mit unseren Landsleuten überzeugt. Daran 
hat auch die Heimat das größte Interesse. 
Der aus Deutschland kommende Beamte bleibrt 
ein Fremdkörper; er ist teurer und mangels hin- 
reichender Erfahrung mindestens im Anfang nicht 
sehr leistungsfähig. Je stärker Selbstverwaltungs- 
organe geschaffen werden, desto wohlfeiler wird 
die Verwaltung, desto geringer die finanzielle 
Belastung des Reichs. 
Ich komme jetzt auf die Verkehrswege und 
mache gern das Geständnis, daß ich mich hin- 
sichtlich der für Swakopmund notwendigen An- 
lage im Vorjahre getäuscht habe. Der Verkehr 
ist keineswegs derartig, daß ein so kostspieliger 
Bau, wie ihn eine sich zum Hafen auswachsende 
Mole gebildet hätte, erforderlich wäre; die auf- 
zuwendenden Lasten würden jedenfalls die Kräfte 
des Schutzgebiets überstiegen haben, so daß mit dem 
Bau einer soliden eisernen Brücke dem Verkehrs- 
bedürfnis auf Jahre hinaus genügt werden kann. 
Die Eisenbahnen entwickeln sich gut. Die 
Otavi-Bahn hat 9 v. H. aus dem Eisenbahn- 
betriebe allein verdient, wobei allerdings über 
die Frachtsätze noch ziemlich geklagt wurde, teil- 
weise mit Recht. Der Zustand ist in der Besse- 
rung begriffen. Ein Umbau der Staatsbahn 
wird für die Strecke Karibib—Windhuk verlangt 
werden müssen. Er wird zusammen mit anderen 
Maßnahmen nicht nur die Kosten des Umbaues 
verzinsen, sondern wohl auch einen angemessenen 
Kapitalüberschuß gestatten. Die Entwicklung der 
Südbahn ist gut. Hatten wir im vorigen Jahre 
damit gerechnet, daß ein erheblicher Betriebszuschuß 
erforderlich sein würde, so wird man jetzt annehmen 
können, daß, besonders wenn die Bahn mit dem
	        
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