Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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längs der Küste nach Lüderitzbucht geritten sei. 
Er hat dort zwei Wasserstellen, Chammais, un— 
gefähr 95 km nördlich Sandkraal, und Bund- 
feldschuhorn, etwa 100 km südlich Lüderitz- 
bucht, beide 7 bis 8 km landeinwärts, gefunden. 
Das Feld beschrieb er als das beste Weidefeld 
für Kamele. Mich reizte die Sache natürlich, 
und ich beschloß, an der Küste nach Lüderitzbucht 
zu reiten. Ich nahm den Gefreiten Fralow, 
einen Eingeborenen und einen Hottentotten 
Tempels, der die Strecke kannte, und die Kamele 
mit, während ich den Gefreiten Kramer mit den 
beiden anderen Eingeborenen und den 6 Maul- 
tieren über Obib—Witpüts nach Aus schickte. 
Am 10. November früh ritten wir von Sand- 
kraal nach Norden ab. Das Feld blieb das 
gleiche wie an der Mündung: waldiges Hügel- 
land mit niedrigem, trockenem Buschwerk, Milch- 
busch und Arubusch. Stellenweise fanden sich auch 
kleine, weiße Weidebüschchen. Wir ritten auf 
einer wenig befahrenen Pad, an der nach ungefähr 
10 km alte Pontoks standen. Es waren wohl 
frühere Viehposten des Giel Louve, von denen 
er mir auch erzählt hatte. Wenn nach der 
Regenzeit hier in den Vleys Wasser stand, schickte 
er seine Bockies hierher auf die Weide. 
Nach 22 km teilte sich die Pad; der eine 
Weg führte nordöstlich nach Obib, während der 
andere, dem wir folgten, nördliche Richtung 
beibehielt. Kurz darauf bog auch diese Pad nach 
Nordosten ab und soll nach Angabe meines 
Führers, des Hottentotten Ruben, später im Feld 
aufhören. Wir ritten in nöärdlicher Richtung 
weiter. Unser Zielpunkt waren die Buchuberge, 
deren Spitzen in weiter Ferne am Horizont auf- 
tauchten. Eine sandige Höhenwelle kam nach 
der anderen, alle mit schönster Weide für Kamele 
und Bockies bewachsen. Ich hielt es gar nicht 
für möglich, daß das die Namib, die Sandwüste 
sein sollte. 
Am zweiten Tage sahen wir vereinzelte 
Gemsbock= und Straußenspuren. Schon vorher 
waren unzählige Steinböcke und Hasen auf- 
gegangen. Auch eine gelbe Schakalsart bemerkten 
wir; leider bin ich nicht zu Schuß gekommen. 
Ruben nannte diese Tiere Schakalsbastarde. 
Endlich am dritten Vormittag mehrten sich die 
Gemsbockspuren derartig, daß ich beschloß, den 
Nachmittag zur Jagd auszunutzen, auf der ich 
dann einen starken Bock erlegte. 
Am nächsten Vormittag überschritten wir die 
Buchuberge, hinter denen Ruben nach Westen 
abbog. Nach 12 km hatten wir Chammais er- 
reicht, das am südlichen Steilabfall einer langen 
Sandfläche liegt. Gegen Süden erstreckt sich eine 
große, weiße, von niedrigen Sandhügeln um- 
gebene Fläche. An der Westseite der Fläche 
  
liegen vierzehn kleine Klippenhügel. In dem 
Steilabfall der Fläche ist ein kleines Loch, in 
dem sich tief unten stark brackiges Wasser befindet. 
Die Kamele hatten auch das Wasser noch nicht 
so nötig, da der Arubusch sehr wasserreich ist und 
das Feld morgens von Tau naß war. 
Am nächsten Morgen trafen wir in Bund- 
feldschuhorn ein, das 30 km nördlich Chammais, 
an der Westseite eines steilen Tafelberges, liegt. 
Am Wasser steht Schilf; nach Westen dehnt sich 
eine große, unregelmäßig wellige Fläche aus, die 
von niedrigen Höhenzügen abgeschlossen ist. Das 
Wasser schmeckte nur leicht brackig und lief reichlich 
zu, so daß die Kamele genügend getränkt werden 
konnten. 
Gegen Mittag erschien auf einmal eine Busch- 
mannfamilie, zwei Männer, vier Weiber und ein 
Kind, am Wasser. Moses, der älteste der Familie, 
erzählte mir viel von ihrem Leben: Feste Wohn- 
plätze haben sie nicht, sie ziehen zwischen Bund- 
feldschuhorn, Chammais und Obib herum 
und leben von Jagd und Feldkost; eine Frucht, 
Narabs, gaben sie mir zu kosten. Die Berge, 
an denen diese Narabssträucher stehen, nennen 
sie Narabsberge. Die Jagd üben sie in folgender 
Weise aus: Sie hetzen den Gemsbock mit ihren 
Hunden, die den plumpen, nicht schnellen Bock' 
bald einholen und stellen. Nun schleicht sich der 
Buschmann heran, schneidet dem Bock die Hinter- 
fesseln durch und macht ihn so bewegungsunfähig. 
Dann greift er ihn von vorn an und versucht, 
ihm die Nackensehne durchzuschneiden. Ohne 
Wunden geht's dabei natürlich nicht ab, und mit 
Stolz zeigte mir Moses die Stiche, die er von 
den Gemsböcken erhalten hat. Pfeil und Bogen 
führten diese Buschleute nicht. „Achter Christ- 
meß“, wie sich Moses ausdrückte, gehen sie auf 
die Sinclair-Insel und helfen dort den Engländern 
(für 20 Mark Monatslohn, Kost und Kleidung) 
beim Sammeln des Guano. Außer dieser sollen 
sich noch ungefähr sechs weitere Familien in der 
Südnamib auphalten. 
Hinter Bundfeldschuhorn änderte sich das 
Gelände; große, mit Buschwerk spärlich bewachsene 
Sandflächen wechselten mit langen Höhen. Dabei 
herrschte ein unangenehmer, feiner Sandsturm. 
Zur linken Hand tauchten nach ungefähr 20 km 
zwei unbewachsene Wanderdünen auf. 
Am Abend lagen wir in Höhe des Cham- 
berges und sahen am nächsten Mittag von diesem 
Hügel aus die Possession-Insel. Vor uns wehten 
wie ein wogendes Meer die Wanderdünen. Wir 
suchten uns immer die niedrigsten Dünen aus, 
rutschten von deren Höhe herunter und zogen die 
Kamele hinterher. So hatten wir schon nach 
vier Stunden den 10 km breiten Dünengürtel, der 
bei Tschankaib über die Bahn geht, überwunden.
	        
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