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längs der Küste nach Lüderitzbucht geritten sei.
Er hat dort zwei Wasserstellen, Chammais, un—
gefähr 95 km nördlich Sandkraal, und Bund-
feldschuhorn, etwa 100 km südlich Lüderitz-
bucht, beide 7 bis 8 km landeinwärts, gefunden.
Das Feld beschrieb er als das beste Weidefeld
für Kamele. Mich reizte die Sache natürlich,
und ich beschloß, an der Küste nach Lüderitzbucht
zu reiten. Ich nahm den Gefreiten Fralow,
einen Eingeborenen und einen Hottentotten
Tempels, der die Strecke kannte, und die Kamele
mit, während ich den Gefreiten Kramer mit den
beiden anderen Eingeborenen und den 6 Maul-
tieren über Obib—Witpüts nach Aus schickte.
Am 10. November früh ritten wir von Sand-
kraal nach Norden ab. Das Feld blieb das
gleiche wie an der Mündung: waldiges Hügel-
land mit niedrigem, trockenem Buschwerk, Milch-
busch und Arubusch. Stellenweise fanden sich auch
kleine, weiße Weidebüschchen. Wir ritten auf
einer wenig befahrenen Pad, an der nach ungefähr
10 km alte Pontoks standen. Es waren wohl
frühere Viehposten des Giel Louve, von denen
er mir auch erzählt hatte. Wenn nach der
Regenzeit hier in den Vleys Wasser stand, schickte
er seine Bockies hierher auf die Weide.
Nach 22 km teilte sich die Pad; der eine
Weg führte nordöstlich nach Obib, während der
andere, dem wir folgten, nördliche Richtung
beibehielt. Kurz darauf bog auch diese Pad nach
Nordosten ab und soll nach Angabe meines
Führers, des Hottentotten Ruben, später im Feld
aufhören. Wir ritten in nöärdlicher Richtung
weiter. Unser Zielpunkt waren die Buchuberge,
deren Spitzen in weiter Ferne am Horizont auf-
tauchten. Eine sandige Höhenwelle kam nach
der anderen, alle mit schönster Weide für Kamele
und Bockies bewachsen. Ich hielt es gar nicht
für möglich, daß das die Namib, die Sandwüste
sein sollte.
Am zweiten Tage sahen wir vereinzelte
Gemsbock= und Straußenspuren. Schon vorher
waren unzählige Steinböcke und Hasen auf-
gegangen. Auch eine gelbe Schakalsart bemerkten
wir; leider bin ich nicht zu Schuß gekommen.
Ruben nannte diese Tiere Schakalsbastarde.
Endlich am dritten Vormittag mehrten sich die
Gemsbockspuren derartig, daß ich beschloß, den
Nachmittag zur Jagd auszunutzen, auf der ich
dann einen starken Bock erlegte.
Am nächsten Vormittag überschritten wir die
Buchuberge, hinter denen Ruben nach Westen
abbog. Nach 12 km hatten wir Chammais er-
reicht, das am südlichen Steilabfall einer langen
Sandfläche liegt. Gegen Süden erstreckt sich eine
große, weiße, von niedrigen Sandhügeln um-
gebene Fläche. An der Westseite der Fläche
liegen vierzehn kleine Klippenhügel. In dem
Steilabfall der Fläche ist ein kleines Loch, in
dem sich tief unten stark brackiges Wasser befindet.
Die Kamele hatten auch das Wasser noch nicht
so nötig, da der Arubusch sehr wasserreich ist und
das Feld morgens von Tau naß war.
Am nächsten Morgen trafen wir in Bund-
feldschuhorn ein, das 30 km nördlich Chammais,
an der Westseite eines steilen Tafelberges, liegt.
Am Wasser steht Schilf; nach Westen dehnt sich
eine große, unregelmäßig wellige Fläche aus, die
von niedrigen Höhenzügen abgeschlossen ist. Das
Wasser schmeckte nur leicht brackig und lief reichlich
zu, so daß die Kamele genügend getränkt werden
konnten.
Gegen Mittag erschien auf einmal eine Busch-
mannfamilie, zwei Männer, vier Weiber und ein
Kind, am Wasser. Moses, der älteste der Familie,
erzählte mir viel von ihrem Leben: Feste Wohn-
plätze haben sie nicht, sie ziehen zwischen Bund-
feldschuhorn, Chammais und Obib herum
und leben von Jagd und Feldkost; eine Frucht,
Narabs, gaben sie mir zu kosten. Die Berge,
an denen diese Narabssträucher stehen, nennen
sie Narabsberge. Die Jagd üben sie in folgender
Weise aus: Sie hetzen den Gemsbock mit ihren
Hunden, die den plumpen, nicht schnellen Bock'
bald einholen und stellen. Nun schleicht sich der
Buschmann heran, schneidet dem Bock die Hinter-
fesseln durch und macht ihn so bewegungsunfähig.
Dann greift er ihn von vorn an und versucht,
ihm die Nackensehne durchzuschneiden. Ohne
Wunden geht's dabei natürlich nicht ab, und mit
Stolz zeigte mir Moses die Stiche, die er von
den Gemsböcken erhalten hat. Pfeil und Bogen
führten diese Buschleute nicht. „Achter Christ-
meß“, wie sich Moses ausdrückte, gehen sie auf
die Sinclair-Insel und helfen dort den Engländern
(für 20 Mark Monatslohn, Kost und Kleidung)
beim Sammeln des Guano. Außer dieser sollen
sich noch ungefähr sechs weitere Familien in der
Südnamib auphalten.
Hinter Bundfeldschuhorn änderte sich das
Gelände; große, mit Buschwerk spärlich bewachsene
Sandflächen wechselten mit langen Höhen. Dabei
herrschte ein unangenehmer, feiner Sandsturm.
Zur linken Hand tauchten nach ungefähr 20 km
zwei unbewachsene Wanderdünen auf.
Am Abend lagen wir in Höhe des Cham-
berges und sahen am nächsten Mittag von diesem
Hügel aus die Possession-Insel. Vor uns wehten
wie ein wogendes Meer die Wanderdünen. Wir
suchten uns immer die niedrigsten Dünen aus,
rutschten von deren Höhe herunter und zogen die
Kamele hinterher. So hatten wir schon nach
vier Stunden den 10 km breiten Dünengürtel, der
bei Tschankaib über die Bahn geht, überwunden.