Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Träger Emin Paschas, die er am Kongo anwarb, 
verschleppt worden. Es gibt jedoch noch andere 
Krankheiten, die gleichfalls Halsdrüsenschwellungen 
verursachen, wie z. B. Syphilis, Tuberkulose, 
Kopfausschläge. Daher kann die Diagnose Schlaf- 
krankheit im Anfangsstadium nur mit Hilfe des 
Mikroskopes gestellt werden, indem man etweder 
in dem durch Punktion gewonnenen Drüsensaft 
oder im Blute des Verdächtigen Trypanosomen 
nachweist. 
Auf verschiedenen Dienstreisen suchte ich mir 
einen Überblick über die Ausdehnung der Schlaf- 
krankheit im Bezirk Misahöhe zu verschaffen, in- 
dem ich an den hauwptsächlichen Verkehrswegen 
die Bevölkerung auf Halsdrüsenschwellungen unter- 
suchte und Drüsenpunktionen vornahm. Ich er- 
fuhr, daß in dem schon vorher bekannten Herde 
in Buem die Schlafkrankheit auch nach 1903 in 
jedem Jahre ihre Opfer gefordert, ohne daß 
etwas darüber zu weiterer Kenntnis gekommen 
ist. Ich fand Schlafkranke auf dem Wege nach 
Buem sowie auch südlich der Straße von Misa- 
höhe nach Kpandu, in der Landschaft Gbele, von 
der Wege über das Gebirge nach Buem führen, 
in Palime und in einigen Landschaften seiner Um- 
gebung; ferner zufällig bei einigen Leuten von 
außerhalb des Bezirks Misahöhe und bei Leuten 
von außerhalb des Schutzgebietes. 
Bis Ende November 1908 habe ich auf 
Halsdrüsenschwellungen erstmalig untersucht 
27 000 Personen, auf Halsdrüsenschwellungen 
zum zweitenmal 2578 Personen, Halsdrüsen- 
schwellungen festgestellt bei 656 Personen, Drüsen- 
punktion ausgeführt bei 272 Personen, Trypano-= 
somen gefunden bei 80 Personen. 
Von den 656 Personen mit Halsdrüsen- 
schwellung, die alle namentlich aufgeschrieben 
wurden, dürfte ein kleiner Prozentsatz wegen an- 
derer Krankheiten endgültig aus dem Verdacht, 
schlafkrank zu sein, ausscheiden. Die übrigen Per- 
sonen, bei denen die Halsdrüsenschwellung nicht 
mit Sicherheit auf eine der oben erwähnten 
Krankheiten zurückgeführt werden kann, sind so 
lange als der Schlafkrankheit verdächtig anzu- 
sehen, bis eine mehrmalige mikroskopische Unter- 
suchung (eine einmalige negative Untersuchung 
kann nie ausschlaggebend sein, da die Trypano-= 
somen periodenweise aus den Drüsen verschwinden), 
nötigenfalls auch ein Tierexperiment sie als un- 
verdächtig zu betrachten gestattet. 
Die 80 Fälle von Schlafkrankheit verteilen 
sich auf folgende Landschaften: Agome 11, Kpa- 
lawe 4, Klonu 1, Towe 4, Lawie 2, Gbele 4, 
Akposso 3, Leglebi 1, We 2, Njangbo 2, Wo- 
adse 2, Kpandu 4, Liati 2, Fodome 2, Gbed- 
schighe 2, Borada 13, Worawora 18, Kratschi 2, 
Moschi (im Nordwesten des Schutzgebietes) 1. 
  
Die Schlafkranken isolierte ich auf dem 12 km 
von Palime entfernten und 460 m höäöher als 
dieses gelegenen Hausberg. Zwei Kranke sind 
auf dem Hausberg nicht eingetroffen, einer nach 
kurzer Behandlung entflohen. Die Kranken er- 
halten eine wollene Decke, täglich 20 Pfennig 
Verpflegungsgeld und dürfen sich eine Begleit- 
person mitbringen, die ebenfalls 20 Pfennig Ver- 
pflegungsgeld bezieht und dafür für Einkauf der 
Lebensmittel, Heranbringung von Wasser und 
Feuerholz zu sorgen hat. 
Noch bis vor wenigen Jahren war die Schlaf- 
krankheit eine absolut tödlich endende Krankheit; 
sich selbst überlassen, erlischt sie in Gegenden, in 
denen die Glossina palpalis vorkommt, erst mit 
dem Tode des letzten Menschen. 
Durch die Verwendung des Atoxyls, einer 
Verbindung des Arsens von bedeutend geringerer 
Giftigkeit als dieses selbst, wurde die Behandlung 
der Trypanosomenkrankheiten einen großen Schritt 
vorwärts gebracht. Thomas und Breinl waren 
die ersten, die es 1905 im Tierexperiment er- 
probten und auf Grund ihrer günstigen Erfah- 
rungen auch zum Versuche bei der Behandlung 
der menschlichen Trypanosomiasis empfehlen. 
Todd, Broden, Rodhain, Kopke wandten das 
Atoxhyl dann zuerst beim Menschen an, später 
Robert Koch an seinem großen Krankenmaterial 
in Ostafrika. 
Meine Schlafkranken behandelte ich nach Kochs 
Vorschlag an jedem 10. und 11. Tage mit Atoxyl- 
einspritzungen (je 0,5, Kinder dem Alter ent- 
sprechend), was ich mit ziemlicher Regelmäßigkeit 
auch durchführen konnte. Die Atoxyllösung 
(20 v. H.) wurde kurz vor jedesmaligem Gebrauch 
frisch angefertigt. Drei Personen, die schwere 
Krankheitserscheinungen hatten, sind nach durch- 
schnittlich zweimonatlicher Behandlung verstorben; 
bei ihnen zeigte sich das Atoxyl ohne Wirkung 
auf den Krankheitsverlauf. Bei drei Kranken, 
die nervöse Symptome zeigten, find diese ge- 
schwunden. Ein Kranker, seit sechs Monaten in 
Behandlung, zeigt noch dasselbe stupide Verhalten 
wie bei seiner Aufnahme. Bei einem Knaben, 
der bei seiner Aufnahme sich im Stadium der 
Schlafsucht befand, verschwand dies Symptom, 
kehrte aber nach viermonatlicher Behandlung 
wieder zurück, verschwand aber nach Erhöhung 
der Atoxyldosis. Bei 68 Kranken, deren einziges 
Symptom die Halsdrüsenschwellung war, ist diese 
je nach der Länge der Behandlungsdauer voll- 
ständig geschwunden oder stark zurückgegangen. 
Es wurde ein Krankheitsfall ohne Schwellung 
der der Untersuchung zugänglichen Lymphdrüsen 
beobachtet; die Diagnose konnte bei dem als 
krank bezeichneten Manne mit Leichtigkeit durch 
die Blutuntersuchung gestellt werden. Ein älterer
	        
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