Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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betragenden Entfernung der Produktionsorte vom 
Verschiffungshafen und des weiten Seetransports 
noch zu dem niedrigen Preise von 6 bis 13.7 
pro 100 kg (je nach Qualität) in Europa ver- 
kauft werden können.) Daß Myrobalanen- 
Kulturen, mögen sie noch so günstig zum Ver- 
schiffungsplatze liegen, bei derartigen Preisen 
würden bestehen können, ist kaum anzunehmen, 
sicherlich nicht unter Produktionsbedin- 
gungen, wie sie in Ostafrika gegeben sind. 
Daß die Stammpflanzen der Myrobalanen in 
Ostafrika wild vorkommen, kann auf Grund der 
bisherigen Ergebnisse der floristischen Erforschung 
dieses Landes nicht angenommen werden. Ganz 
vereinzelt finden sie sich aber bereits kultiviert. 
Komatschil. Die auf den Marianen 
wachsende gerbstoffreiche Varietät des Pithe- 
colobium dulce, welche die sogenannte Ko- 
matschilrinde liefert, kann viel eher zur An- 
pflanzung in Ostafrika empfohlen werden, da die 
Hauptform der Pflanze daselbst seit längerem kulti- 
viert wird und fast überall gutes Gedeihen zeigt; der 
Baum besitzt eine große Regeneration kraft, seine 
Vermehrung durch Samen, die frühzeitig und- 
reichlich produziert werden, ebenso wie durch 
Ausschlag, bietet keinerlei Schwierigkeiten. Er 
ward bis jetzt meist als Windschutz oder als 
Heckenpflanze kultiviert. Wenn der Komatschil- 
Baum dieselben günstigen Eigenschaften besitzt, so 
wäre es zweckmäßig, ihn künftig an die Stelle 
der Hauptform treten zu lassen und ihn da und 
dort, vielleicht neben anderen Kulturen, seiner 
Gerbrinde wegen in etwas größerem Umfange 
zu pflanzen. Großkulturen würden sich 
unter den gegenwärtigen Verhältnissen 
kaum lohnen, da es sich nicht um ein sehr 
gerbstoffreiches Gewächs handelt. Die bis jetzt vor- 
genommenen chemischen Untersuchungen von Ko- 
matschilrinde haben nämlich einen durchschnittlichen 
Gerbstoffgehalt von 28 v. H. ergeben,“) während 
allerdings die Rinde der in Ostafrika kultivierten 
Hauptform nach einer in Amani vorgenommenen 
Analysierung um die Hälfte gerbstoffärmer ist; 
das im „Pflanzer“ von 1907 Seite 368 ver- 
öffentlichte Resultat ist folgendes: 
Probe I 
Gerbstoffe 140425 
Lösliche Nichtgerbstoffe 8,46 
Wasser . 12,75 
Unlösliches 64,64 
* *# 
*# 
Probe II 
16,34 
9,69 
auf bei 
100“ ge- 
trockuete 
Substanz 
Fa bezogen. 
) Notizblatt des Königl. Botan. Gartens und 
Musenms in Berlin, 1898, S. 171. 
**) Siehe „Tropenpflanzer“ von 1905, S. 655. 
  
Damit wäre die Zahl derjenigen wichtigeren 
fremdländischen Gerbstoffpflanzen erschöpft, für 
welche in unseren Kolonien stellenweise die Be- 
dingungen eines guten Gedeihens vorhanden sind 
und die infolgedessen für den Anbau im großen 
in Betracht kommen können, sobald eine solche 
Kultur Aussicht auf Rentabilität zu bieten vermag. 
Wie wir gesehen haben, fehlen aber leider zur 
Zeit hierfür mit wenig Ausnahmen die nötigen 
Voraussetzungen. 
Die Perspektive, die sich der Gerbstoffproduktion 
in unseren Schutzgebieten in der nächsten Zukunft 
eröffnet, ist also keine besonders günstige, da 
weder auf dem einen noch auf dem andern der 
angegebenen Wege vorläufig eine erhebliche Pro- 
duktionssteigerung erwartet werden kann. Von 
den einheimischen Pflanzenbeständen enthalten nur 
die Mangroven größere, die Ausnutzung lohnende 
Gerbstoffmengen; leider besitzt diese Vegetations- 
formation keine derartige Ausdehnung, um eine 
Bedeutung für die nachhaltige Versorgung des 
deutschen Gerbstoffmarktes gewinnen zu können. 
Selbst bei günstiger Entwicklung des Mangrove- 
rindengeschäfts dürfte Ostafrika über eine Jahres- 
produktion von 8000 Tonnen kaum hinaus- 
kommen, und diejenige unserer übrigen tropischen 
Kolonien zusammen wird wohl kaum jemals einen 
derartigen Betrag erreichen können. Was sonst 
noch an Gerbstoff liefernden Gewächsen in den 
Schutzgebieten vorkommt, ist, wie wir gesehen 
haben, entweder zu minderwertig oder nicht 
massenhaft genug vorhanden, um ausgenutzt 
werden zu können. Nach dieser Richtung hin 
wird also die Gerbstoffproduktion unserer Kolonien 
kaum eine Bedeutung erlangen können. Die 
Hoffnung, sie auf eine höhere Stufe zu heben, 
kann sich daher nur auf die Kultur von 
Gerbstoffgewächsen stützen, aber auch hierfür 
sind die Vorbedingungen, wie oben gezeigt 
wurde, einstweilen erst in mäßigem Umfange ge- 
geben; wir dürfen also von der Gerbstoffproduktion 
keineswegs eine so rasche Steigerung erwarten, 
wie sie auf anderen Gebieten der Rohstofferzeugung 
in unseren Kolonien erfreulicherweise zu verzeichnen 
ist. Immerhin läßt sich bei planmäßigem 
Vorgehen wenigstens das erreichen, daß 
der Anbau von Gerbstoffpflanzen an mög- 
lichst vielen Orten aufgenommen wird 
und sich nach und nach neben anderen 
Kulturen dauernd einbürgert. Dabei wird 
man aber zweckmäßigerweise die eigentlichen 
Versuche auf wenige Plätze konzentrieren und 
später nur diejenigen Kulturen zur allgemeinen 
Aufnahme empfehlen, deren Zweckmäßigkeit außer 
jedem Zweifel steht. Andernfalls besteht die Ge- 
fahr häufiger Mißerfolge, welche auf die Privat-
	        
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