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als sicher gelten; daher waren größere Transport-
bedeckungen hier nicht erforderlich. Um aber aller
Sorgen für einen geregelten Verpflegungsnachschub
überhoben zu sein, entschloß sich Hauptmann
Rocadas, im voraus am Kunene die Verpflegung
für das ganze Expeditionskorps für drei Monate,
die durch das Klima bedingte Höchstdauer der
Operationen, und außerdem Proviant für die
Stationsbesatzungen auf sechs Monate bereitzulegen.
Die Transporte begannen schon im April. Wegen
des Mangels an Fuhrpark gelang es aber doch
nicht, die beabsichtigte Verpflegungsmenge bis zum
Beginn der Operationen vollständig heranzuschaffen,
da die anfangs beabsichtigte Verwendung von
Lastkraftfahrzeugen später unterblieb. Noch mehr
als die Wegeverhältnisse werden dabei die Be-
schaffungskosten mitgesprochen haben.
Der Anmarsch der Truppen vom Eisenbahn-
endpunkte bis zum Kunene war gut vorbereitet.
Auf fünf Hauptstationen an der Marschstraße
lagerte Proviant. Vorausgesandte Kommandos
bereiteten in den Nachtquartieren die Mahlzeiten
für die nachfolgende Truppe. Diese marschierte
kompagnieweise täglich etwa 20 km. Die weißen
Truppen wurden zugweise abwechselnd auf Wagen
befördert. Da die neu aus der Heimat Heran-
gezogenen größtenteils ältere Leute, über 25 Jahre
alt, waren und seit Ende Juni, also fast zwei
Monate, Zeit gehabt hatten, sich einzugewöhnen,
so gelang die Versammlung aller verfügbaren
Truppen bei der Feste Rocadas am Kunene ohne
nennenswerte Marsch= oder Krankheitsverluste.
Am 26. August konnte der Vormarsch in das
Kuamato-Gebiet mit rund 2400 Mann (Zahl
der Gewehre in der Front 1500), zehn Geschützen
und vier Maschinengewehren, 300 Pferden und
Maultieren und 700 Ochsen angetreten werden.
Der Rest der Truppen wurde zu Stations-
besatzungen verwendet.
In einem vorher festgelegten Operationsplane
hatte Hauptmann Rocadas in Aussicht genommen,
zunächst in gerader Richtung auf Moghogo, die
Hauptwerft von Klein-Kuamato, vorzumarschieren.
Es sollte dabei ganz langsam unter Anlage meh-
rerer befestigter Militärposten vorgegangen werden.
Das etwa 50 km entfernte Moghogo dachte man
in solcher Weise in etwa einem Monat zu er-
reichen. Dieser Plan wurde auch durchgeführt.
In taktischer Hinsicht lehnte man sich an die
Beispiele englischer und französischer Kolonial=
kämpfe an.
Der Vormarsch führte am zweiten Tage, dem
27. August, zum Zusammenstoß mit dem Gegner.
Es erschienen Krieger von allen portugiesischen
Ovambostämmen, mit Ausnahme der Evales. Im
ganzen sollen es 20 000 bis 25 000 Mann ge-
wesen sein. Davon hatten 7000 mit guten Ge-
wehren (Henry-Martini-, Snyder= und portugie-
sischen Armeegewehren) bewaffnete Krieger die
Ränder einer Lichtung besetzt, die etwa 2 km
lang und 1½ km breit war. Die Schützen hielten
sich im Busch hinter Baumstämmen und Termiten-
hügeln versteckt und hatten sich teilweise sogar in
den Kronen der Bäume eingenistet. Hinter ihnen
standen Reserven ohne Gewehr. Ein starker Trupp
lauerte im Rücken der portugiesischen Kolonne.
Diese war durch die eingeborenen Nahaufklärer
rechtzeitig von der Anwesenheit des Gegners
unterrichtet und ging beim Betreten der Fläche
in Gefechtsformation über, indem sie ein Viereck
bildete. Erst als fast die ganze Abteilung den
Wald verlassen hatte, eröffnete der Gegner das
Feuer, und zwar zunächst nur auf das Ende der
Wagenreihe. Hier richtete er einige Verwirrung
an, doch gelang es, unter dem Schutze abgesessener
Dragoner das Viereck richtig herzustellen. Mit
knieend abgegebenen Infanterie-Zugsalven und
Artillerie= und Maschinengewehrfeuer wurde nun
der Busch mit wechselndem Visier abgestreut, um
den unsichtbaren Feind zu vertreiben. Da das
nicht gelang, versuchte man es mit Vorstößen
einzelner Kompagnien und schließlich mit einer
Attacke der Kavallerie in den Busch hinein. Der
Gegner wich dem Stoße jedesmal aus, erschien
aber von neuem, sobald die Truppen wieder auf
ihren Platz im Viereck zurückgingen. Da weitere
Vorstöße bis zum Mittag keinen Erfolg brachten,
begannen die Portugiesen schließlich sich einzu-
graben. Nur die Kavallerie ritt noch eine größere
Streife in den Busch. Dabei sollen besonders die
mit Lanzen bewaffneten Reiter dem Feinde Furcht
eingeflößt haben. Erst gegen Abend verstummte
das Feuer vollständig, und am folgenden Morgen
war nichts mehr vom Gegner zu spüren.
Dieses erste Gefecht war das schwerste des
ganzen Feldzuges; es hatte etwa zehn Stunden
gedauert und den Portugiesen 19 Tote und
70 Verwundete gekostet. Wenn man in Betracht
zieht, daß der Gegner aus angeblich 7000 Ge-
wehren das auf freiem Felde knieende Viereck
stundenlang beschoß, so müssen diese Verluste,
3,75 v. H. der Gesamtstärke, als sehr gering be-
zeichnet werden.“") Auch die Reiter hatten bei
ihrer zweimaligen Attacke in den Busch hinein
kaum Verluste. Zu erklären ist das alles nur
mit der sehr geringen Schießfertigkeit des Gegners.
*) Die dentschen Truppen verloren in den größeren
Gefechten in Südwestafrika trotz besserer Gelände-
ausnutzung und lichter Schützenlinien bedeutend mehr:
gegen die Hereros am 3. April 1904 bei Okaharni
12 v. H., am 11. August 1904 bei Waterberg 5 v. O.;
gegen die Hottentotten am 2. bis 4. Jannar 10905 bei
Groß-Nabas 32 v.H., am 10. März 1905 bei Aob 33 v. O.