Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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zehntägiger Wanderung (einschließlich eines Rast- 
tages in Namatanai) wurde der Grenzfluß Ké- 
nomo erreicht, der den Süd= vom Nordbezirk 
Kävieng scheidet. Kaum 10 km von diesem nördlich 
liegt das schön gelegene Rasthaus von Lamasong, 
das der Stationschef Boluminski der Expedition 
zur Verfügung gestellt hatte. Hat der Süden 
noch viel von seiner ursprünglichen Wildheit, so 
gleicht der Norden schon mehr aleerschlossenem 
Kolonialgebiet, obwohl die Station Käviêng erst 
seit dem Anfang dieses Jahrhunderts datiert. Eine 
breite, fast ebene Straße führt 150 km weit nach 
dem Regierungssitz an der Nordspitze der Infel, 
nahezu alle 10 km lädt ein großes Rasthaus zum 
Bleiben ein, und starke Brücken ermöglichen den 
Verkehr mit Pferd und Wagen. Wenn man noch 
bedenkt, daß zahlreiche gewinnbringende Pflan- 
zungsunternehmungen an der Straße liegen und 
daß der Bezirk nahezu 200000 Mark Steuern 
aufbringt, so wird man erkennen, wie viel das 
Land der Tüchtigkeit Boluminskis verdankt. 
Der Marsch Krämers von Muliama nach 
Lamasong diente hauptsächlich der Förderung der 
ethnographischen Siedelungskenntnis, die noch 
recht im argen liegt, da nur die größeren Dorf- 
schaften durch die Vermessung des leider zu früh 
verstorbenen Landmessers Behrendt bekannt ge- 
worden find. Diese Angaben wurden vervoll- 
ständigt und ergänzt. Die Vermessung des ge- 
nannten Bermessers reicht südlich bis zum Kap 
Matantämberan, der Mitte zwischen Namatanai 
und Muliama. Westlich vom Kap liegt die von 
der „Elisabeth“ vermessene, nur durch ein Riff 
geschützte Elisabethbucht. Das hufeisenförmige 
isolierte Riff trägt jetzt eine grüne Schuttinsel. 
Die Leute der Fregatte „Elisabeth“ ahnten noch 
nicht, daß östlich von genanntem Kap, da, wo 
die deutsche Admiralitätskarte Nr. 214 eine kleine 
Insel andeutet, ein nordwärts durch eine Land- 
bucht und ostwärts durch ein Riff abgeschlossener 
schöner Hafen liegt, größer und besser geschützt 
als der von Muliama. Behrendts Karte, die 
noch nicht veröffentlicht ist, schließt mit ihm ab; 
seine Bedeutung war aber bislang noch unbe- 
kannt. Er wurde von der Expedition nach dem 
daran gelegenen Dorfe Porpop benannt. 
Die „Langeoog"““ war am 18. Dezember nach 
Muliama gekommen. Die Riesenkisten wurden 
auf dem Bambusfloß verladen, sowie das Expe- 
ditionsgepäck eingeschifft, um es nach Lamasong 
zu bringen. Schilling besorgte den Umzug. 
Walden war schon seit einem Monat am Platze 
tätig, hatte die Sprache ausgenommen und Dol- 
metscher ausgebildet, so daß die Arbeiten sofort 
begonnen werden konnten. Anfang Januar be- 
nutzte indessen Walden ein kleines passierendes 
Boot, um nach der Insel Tabär (Gardnerinsel) 
  
zurückzukehren, wo er zuvor nur zwei Wochen ge- 
wesen war. Ihm liegt das ganze Gebiet nörd- 
lich von Lamasong ob, zu dem ethnographisch die 
genannte Insel rechnet, und das sich durch die 
bekannten prächtig geschnitzten Malanggän-Figuren 
auszeichnet. Bei Lamasong beginnt das Gebiet 
der Uli-Figuren. Es ist begründete Hoffnung vor- 
handen, daß eine große Anzahl dieser bizarren 
Schnitzereien als sprechende Zeugen des Kunst- 
lebens der Eingeborenen erworben werden können. 
Dr. Schlaginhaufen kam am 21. Januar 
— nach fünfwöchigem Anfenthalt auf der Insel — 
von Lir zurück. Leider hatte ihm die auf den 
vorgelagerten Inseln besonders nasse Jahreszeit 
zugesetzt, so daß er an Ruhr erkrankt war, die 
sich aber nach seiner Ankunft in Lamasong unter 
ärztlicher Pflege und Diät rasch besserte. Schilling 
lag längere Zeit mit einem heftigen Gelenkrheu- 
matismus, von dem er aber auch völlig wieder 
hergestellt ist. Die stets wechselnde Temperatur, 
Tags über 30° C, nachts oft fast nur 209, 
mahnt zu großer Vorsicht. Malaria wurde noch 
nicht beobachtet, ist aber zweifellos vorhanden. 
Schlaginhaufen wohnte in Leo, einem Dorfe an 
der Südspitze der großen Insel Lir, nach welcher 
die ganze Gruppe benannt ist. Er stellte die 
Landschaften und Siedelungen fest und sammelte 
zahlreiche überaus interessante Stücke, welche die 
Zugehbrigkeit zu den Teilen der Hauptinsel dar- 
tun, die nördlich von Muliama liegen. Während 
Anir und Tängga keine Auslegerboote, sondern 
nur Plankenboote haben, besitzt Lir erstere in oft 
monströser Form. Ebenso besitzt Lir die Ein- 
steigegabel in die Tabuplätze der Männer, die 
dem südlichen Gebiet fehlt. Ferner wurden in 
den Hohlkehlen des gehobenen Kalkes ganze 
Siedelungen beobachtet; nicht allein abgeschottete 
Schlafstätten, sondern ganze Häuser mit und ohne 
Dach wurden unter den überhängenden Steinbalko- 
nen angetroffen. Endlich brachte Schlaginhaufen 
einige Waschbeckenformen aus Lava mit Pistillen, 
erstere von den Eingeborenen als vom Himmel ge- 
fallene Sterne betrachtet. Anthropologische Messun- 
gen bilden nach wie vor eine der Hauptaufgaben. 
Schlaginhaufens Tätigkeit, Waldens Samm- 
lungen an Malanggän-Sachen, sowie seine lin- 
guistischen Aufzeichnungen sind hervorragend, so 
daß ein abgerundeter Abschluß der Expedition in 
einigen Monaten möglich ist. 
Endlich sei noch erwähnt, daß Kaisers Ge- 
burtstag unter großem Zulauf der Bevölkerung von 
Lamasong auf dem Grundstück des Expeditions- 
lagers, dem Rasthaus Tangätupi, gefeiert wurde. 
Es gelang dem Photographen Schilling, mehrere 
kinematographische Aufnahmen von Eingeborenen- 
tänzen zu machen. Ein großes Schweineessen 
vervollständigte die Feier.
	        
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