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in seiner Heimat den. Gummibaum Manihot
Glaziovii, Mül.-Arg., Manicoba genannt, und auch
den dortigen Baumwollbau zu sehen. Auch die
Palmenbestände, aus denen das viel nach Deutsch-
land gebrachte Carneubawachs gewonnen wird,
hatten Interesse für mich. Nach Cearäá kam Recife-
Pernambuco an die Reihe; von dort ging ich in
das Innere des Landes, um einen Teil der aus-
gedehnten Zuckerpflanzungen und Baumwollkulturen
zu besichtigen. An Recife schloß sich eine Tour
nach Bahia mit Ausflügen in die Kakaopflanzungs-
gebiete bei Ilheos, in den Bezirk der Tabak-
kulturen von S. Felix-Cachoera und die Ackerbau-
schule in Säo Bentos das Lagos an. Den Schluß
bildete ein Besuch von Rio de Janeiro und Sio
Paulo. In Sio Paulo beanspruchten die großen
Kaffee= und Zuckerpflanzungen in den Bezirken
Campinas und Riberso-Preto, die Baumwoll= und
Faserkulturen bei Villa Americana und die Ver-
suchsstationen in Campinas und Cabatäo den
größten Teil meiner Zeit. Anfang September trat
ich von Santos aus die Rückreise nach Deutsch-
land an.
Wenn es mir auch bei den weiten Ent-
sfernungen und der kurzen Zeit, die mir für die
Reise zur Verfügung stand, nicht möglich ist, ein
umfassendes Bild der brasilianischen Verhältnisse zu
geben, so will ich doch versuchen, den Eindruck zu
schildern, den ich während meiner Reise empfing.
Hierbei benutze ich zur Verwollständigung ver-
schiedene, von den Einzelstaaten und der Bundes-
regierung herausgegebene Statistiken und Schriften.
Vor allem glaube ich in bezug auf die Kautschuk-
produktion im Amazonasgebiet wichtige Daten
festgestellt und die Grundlagen erkannt zu haben,
auf denen sich ein Urteil über die Zukunft der
dortigen Produktion aufbauen läßt.?)
Allgemeines.
Brasilien bedeckt eine Fläche von etwa 8525.000
Quadratkilometern. Es ist nächst Rußland das
größte Land der Welt mit zusammenhängendem
Landkomplex; auch die Vereinigten Staaten von
Nordamerika ohne Alaska sind kleiner. Der größte
Teil des Landes besteht aus weiten Ebenen, in
denen sich ausgedehnte Plateaus 600 m und
mehr über den Meeresspiegel erheben, und die von
mehreren Gebirgsketten durchzogen werden. Die
bedeutendsten befinden sich im südöstlichen Teil
vom 4. bis 25. Grad südlicher Breite unweit der
Küste. Die höchste Erhebung bildet (im Staate
Minas-Geraes) der Itatiaia mit 2994 m. Die
Gebirge erreichen demnach keine außerordentlichen
Höhen und sind auch nicht besonders charakteristisch.
Anders ist es mit den Wasserläufen; sie bilden die
l1) Der hierauf bezügliche Teil des Berichts ist be-
reits im „Tropenpflanzer“ 1908 S. 407 ff. veröffentlicht
worden.
EGrundlage für den Hauptverkehr und die Frucht-
barkeit des Landes. Die Flußgebiete sind von-
einer Ausdehnung und die Ströme von einem-
Weasserreichtum, wie sie auf diesem Erdball wohl-
nirgends wieder zu finden find. In der Haupt-
sache kann man drei gesonderte Stromgebiete unter-
scheiden und zwar das Amazonasgebiet im Norden,
im Süden das Paraguay= bzw. La Platagebiet
und im Osten das Ozeanstromgebiet mit dem Rio
S. Francisco. Die beiden letzteren Stromgebiete
liegen zwischen Plateaus und Gebirgen, während
das größte, das ich zum Teil genauer kennen
lernte, das Amazonasgebiet, ein riesenweites Bassin
bildet, welches eine Fläche von etwa 3¼ Millionen
Quadratkilometern umfaßt. Der Amazonasstrom
durchschneidet das Bassin in einer Länge von
5400 km von Westen nach Osten, demnach den
größten Teil des südamerikanischen Kontinents.
Er wird von seinem Quellgebiet, den Kordilleren
in Peru, bis an die Grenze von Brasilien,
Marabon, alsdann bis zum Einfluß des Rio
Negro, Solimöes und von dort bis zu seinem
Ausfluß in den Ozean, Amazonas genannt. Von
Norden und Süden führen ihm mächtige Neben-
flüsse ihre Wasser zu, unter denen der Rio Jurua,
Rio Madeira, Rio Negro, Rio Tapajos, Rio
Tingu, Rio Purus und Rio Tocantins die be-
deutendsten sind. Diesen schließen sich wieder un-
zählige Nebenflüsse an. Diese Flüsse, nebst vielen
Seen, stehen oft so miteinander in Verbindung,
daß das ganze Gebiet während des jährlich ein-
tretenden Hochwassers ein weites Inselmeer darstellt.
Das Stromgebiet des Parana bedeckt eine
Fläche von 1149 163 Quadratkilometer; das ist
mehr als doppelt so viel wie Deutschland. Es
gehört nur zum Teil zu Brasilien. Der Parana
ist einer der Hauptquellströme des Rio de La Plata.
Das Stromgebiet des Rio S. Francisco bedeckt
eine Fläche von 665 160 Quadratkilometer. Der
Rio S. Francisco hat eine Länge von 2890 km
und fließt nördlich von Bahia bei S. Antonio in
den Atlantischen Ozean.
Während in den von den Wasserläufen abge-
legenen Landesteilen weite Strecken dürren Bodens
mit ärmlichen Steppen vorkommen, ist in den Strom-
gebieten fast überall die üppigste tropische Fruchtbar-
keit zu finden. Ausgedehnte Urwälder, zum größten
Teil noch unerforscht, wechseln hier mit Grasflächen,
Savannen und auch oft mit niederem Gehölze ab.
Als Sommermonate rechnet man die Zeit von
Oktober bis April und die Wintermonate von da
bis Oktober. Die Temperatur ist, der Lage zum
Aquator entsprechend, besonders in den Sommer=
monaten sehr hoch; nur auf den Plateaus und im
Gebirge ist sie mäßiger, in den Wintermonaten sällt
sie dort sogar oft unter Null, so z. B. auf dem
Plateau im Staate Säo Paulo.
In den Flußgebieten wirkt die Hitze mit der
zugleich vorhandenen Feuchtigkeit auf den Europäer