Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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infolge der hohen Einfuhrzölle auf fertige Fabrikate, 
aus — Brasilien besitzt zur Zeit etwa 1 300 000 
Baumwollspindeln —, immerhin ist die Ausdehnung 
nicht in dem Maße zu erwarten, daß der Konsum 
in absehbarer Zeit vollständig gedeckt werden könnte. 
Es fehlt hierzu an genügenden Arbeitskräften, und 
die Produktion wird auch infolge der kostspieligen 
Lebenshaltung der Arbeiter sehr verteuert. 
Auf der Pflanzung Carioba, die im Besitz einer 
amerikanischen Gesellschaft und deren Leiter ein 
Deutscher ist, wird die gewonnene Rohbaumwolle 
im eigenen Betriebe vollständig verarbeitet. Auf 
der Besitzung befindet sich sowohl eine Entkernungs- 
anstalt, wie eine Spinnerei, Weberei und Färberei, 
so daß die Baumwollstoffe dort durch alle Stadien 
hindurch erzeugt werden. Die Gesellschaft arbeitet, 
wie man sagt, mit sehr gutem Erfolge. Außer der 
eigenen Ernte wird in dieser Fabrik auch die Baum- 
wolle der umliegenden Besitzungen verarbeitet. Für 
Rohbaumwolle wurden dort im letzten Jahre pro 
Arroba (-— 15 kg) 4000 Reis gezahlt. 
Zucker. 
Zuckerrohr ist in allen brasilianischen Staaten 
zu finden. In den Nordstaaten wird es verhältnis- 
mäßig wenig und hauptsächlich zur Branntwein- 
produktion angebaut, in anderen Staaten außer zur 
Branntweinproduktion auch zur Herstellung von 
Zucker für den Inlandsbedarf. In Pernambrco, 
Alagoas, Bahia und Säo Paulo aber ist der An- 
bau so umfangreich, daß besonders von Pernambuco 
und Alagoas ein nicht unerhebliches Ouantum 
Zucker auch nach Europa zum Export gelangt. 
In Pernambuco kommt für den Zuckeranbau 
hauptsächlich der südliche Teil des Staates in Be- 
tracht. Der rote schwere Boden bietet speziell dem 
Zuckerrohr das geeignete Terrain und kann recht 
bedeutende Erträge liefern. Die Landschaft ist 
hügelig und von vielen kleinen Wasserläufen durch- 
zogen. Viele größere Landstrecken befinden sich in 
einer Hand; der Zuckerrohranbau wird dort von 
den Besitzern selbst im großen betrieben oder das Land 
wird zur Bepflanzung verpachtet. Den Zuckerrohr- 
bau betreiben aber auch zahlreiche kleine Besitzer. 
Die Bearbeitung des Bodens für die Zucker- 
rohrpflanzung ist oft recht primitiv. Besonders bei 
den kleinen Besitzern wird der Boden nur wenig 
gelockert. Auf den großen Besitzungen dagegen wird 
der Boden durch (oft mit acht Ochsen bespannte) 
Pflüge 22 cm tief gepflügt. 
Sofort nach dem Pflügen werden in die 70 cm 
voneinander entfernten Furchen, in Abständen von 
etwa 80 cm, Zuckerrohrstücke mit vier Keimaugen 
gelegt. Danach wird das Feld wieder zugeeggt. 
Im Staate Säo Paulo werden bei einer Pflanz- 
weite von 1 bis 1½2 m die ganzen Längen des 
Zuckerrohrs in die Furchen gelegt. 
  
Zur Anpflanzung gelangen besonders die Sorten: 
Cayanna, Roxa Lousiere, Bois Rouge und Kavan- 
gire. Als beste Pflanzzeit sieht man die Monate 
Juli und August an. Düngung wird im allgemeinen 
wenig oder gar nicht angewandt; nur an einzelnen 
Stellen werden die Rückstände des Zuckerrohrs 
wieder auf das Feld gebracht. Meistens wird das 
Land, nachdem das Zuckerrohr abgeerntet ist, ein 
oder mehrere Jahre der Ruhe überlassen und in- 
zwischen ein anderer Teil der Fläche bebaut. Nach 
12 bis 15 Monaten pflegt das Zuckerrohr zum 
Schneiden reif zu sein. In den verschiedenen 
Staaten wird zwei= bis zwölfmal geschnitten, so 
z. B. im Staate Pernambrco zwei, auch drei Jahre 
hintereinander, im Staate Säo Paulo dagegen bis 
zwölf Jahre hintereinander. Der erste Schnitt 
bringt gewöhnlich den größten Ertrag; jeder weitere 
Schnitt wird mit den Jahren geringer. Von der 
Bodenbeschaffenheit und von den Arbeitskosten hängt 
es ab, welche von diesen Methoden, das zwei= oder 
das zwölfmalige Schneiden, günstigere Resultate 
liefert. Die Bearbeikungskosten für Pflügen, Pflanzen, 
Eggen und Reinhalten der Pflanzung betragen 
z. B. in Pernambuco pro Hektar 80 Milreis; für 
das Schneiden des Zuckerrohrs wird 1 Milreis pro 
Tonne, bei einer Ernte von 50 Tons werden also 
zusammen etwa 130 Milreis gezahlt. Im Staate 
Säo Paulo dagegen kosten die gleichen Arbeiten 
200 Milreis pro Hektar. 
In Pernambuco wird das Land vielfach in 
größeren Parzellen an Unternehmer verpachtet; diese 
geben als Pachtzins 20 v. H. des Zuckerrohrertrages 
an die Besitzer ab. Die zur Bearbeitung not- 
wendigen Geräte sowie das Vieh haben die Pächter 
für eigene Rechnung zu halten. An anderen Stellen 
wird aber auch mit Tagelohnarbeitern gewirtschaftet. 
Im Staate Säo Paulo dagegen werden als Durch- 
schnittssatz pro Alqueira (= 2½ ha) für das 
Pflanzen usw. einschließlich des Schneidens der 
ersten Ernte 500 Milreis und für die späteren 
Jahre für Reinhalten der Pflanzung und Schneiden 
des Zuckerrohrs 300 Milreis gezahlt. 
Als Ertrag an Zuckerrohr rechnet man in 
Pernambuco bei zwei= bis dreijährigem Betricbe 
durchschnittlich 40 bis 50 Tons pro Hektar, in 
Ausnahmefällen werden jedoch auch bis 120 Tons 
pro Hektar geerntet. In Säo Paulo ist der Durch- 
schnittsertrag bei einem Betriebe bis zu zwölf 
Jahren 60 bis 70 Tons, aber auch bis 90 Tons 
pro Hektar. 
Bei geeigneter Düngung könnte man sicher auf 
größere Erträge rechnen. Dies zeigt ein Versuch 
auf der Pflanzung Cabago Negro, wo eine Fläche 
mit den Abfällen des Zuckerrohrs gedüngt war. 
Offensichtlich stand hier viel mehr und viel stärkeres 
Zuckerrohr als auf der Nachbarfläche ohne Düngung. 
Eine Versuchsstation des Syndicato Agricola do 
Municipio Ipojuca hat bei geeigneter Düngung 
pro Hektar bis zu 198 Tons Zuckerrohr mit bis
	        
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