Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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über 23 000 Tons Bahia-Tabak — beweisen ihre 
Inferiorität. 
Der erste Tabakhandelsplatz im Staate Bahia 
ist natürlich die Hauptstadt; daneben kommen in 
Betracht die Städte Cachveiro und Säo Felix, 
die sich auf beiden Ufern des Rio Paraguacu 
gegenüberliegen. An den letztgenannten Orten 
befinden sich auch die größten Zigarrenfabriken 
Brasiliens. 
Der richtige Boden für den Anbau von Tabak 
ist guter schwerer Lehmboden; er wird meist von 
einzelnen Familien in kleinen Parzellen bewirt- 
schaftet. Nur selten sind die in einem Besitz be- 
findlichen Flächen größer als 10 ha. Für den 
Tabakbau muß der Boden sehr intensiv bear- 
beitet werden; gewöhnlich geschieht dies durch 
Handarbeit mit Spaten. Bei dem sehr hügeligen 
Terrain und den kleinen Parzellen ist das Pflügen 
häufig zu schwierig. 
Zum Anbau werden etwa 15 em lange, in 
Saatbeeten gezogene Pflanzen verwendet. Oft 
dürfen die Saatbeete zum Schutz vor Ameisen, 
Grillen und anderen Schädlingen nicht direkt auf 
dem Boden, sie müssen vielmehr auf tischartigen 
Platten angelegt werden. Nach fünf bis sechs 
Wochen haben sich aus den Samen die Pflanzen 
so weit entwickelt, daß sie gebraucht werden können. 
Die Pflanzungen werden nunmehr 70 cm weit von- 
einander angelegt. Dann muß der Boden dauernd 
von Unkraut reingehalten und die Pflanzung vor 
Schädlingen geschützt werden. Nach drei bis 
vier Monaten sind die Pflanzen so weit, daß sich 
Samentriebe zeigen; diese dürfen jedoch nicht zur 
Entwicklung kommen, wenn der Blätterertrag 
nicht leiden soll. Die Samentriebe werden des- 
halb ausgeschnitten. Diese Operation muß, sobald 
sich neue Triebe zeigen, erneut vorgenommen 
werden, bis sich die Blätter so weit entwickelt 
haben, daß sie zum Schneiden reif sind. Als- 
dann wird die ganze Pflanze abgeschnitten. Aus 
der Wurzel schießt bald wieder ein neuer Trieb 
empor, und so wird das geschilderte Verfahren 
drei= bis viermal während der Saison wieder- 
holt. Nur bei Pflanzen, von denen man für die 
nächste Aussaat Samen ziehen will, läßt man die 
Samentriebe ausreifen. 
Der geschnittene Tabak mit Stielen wird in 
freier Luft oder unter offenem Schuppen zum 
Trocknen aufgehängt. Sobald die Blätter welk 
geworden sind, werden sie vom Strunk getrennt 
und gebündelt. Diese Bündel legt man dann in 
Haufen zusammen, dadurch erwärmen sie sich und 
fermentieren. Die Behandlung geschieht indessen 
keineswegs immer vorschriftsmäßig; die Blätter 
werden oft dem Regen und der wechselnden 
Witterung ausgesetzt, ja man läßt sie sogar — 
  
besonders kleine Produzenten machen sich dieser 
Nachlässigkeit schuldig —, statt sie in Haufen ge- 
schützt zur Fermentierung zu bringen, verstreut 
umherliegen und das Federvieh darüber hinweg- 
gehen. Darunter leidet natürlich die Qualität. 
Diese Nachlässigkeiten sind indes nur möglich, 
weil die Aufkäufer die Produzenten überlaufen 
und auch die minderwertigsten Qualitäten ab- 
nehmen. Namentlich in den letzten Jahren hat 
sich dauernder Mangel an Tabak geltend gemacht; 
dadurch ist die Qualität zurückgegangen. Erst in 
neuester Zeit beginnen die Zigarrenfabrikanten 
zur Verbesserung der Qualität Einfluß auf die 
Pflanzer und die Behandlung des Tabaks zu 
nehmen. 
Auch der Düngung des Bodens wendet man 
jetzt mehr Aufmerksamkeit zu. Vom Kalisyndikat 
in Staßfurt sind im letzten Jahre auf Tabak- 
pflanzungen in der Gegend von Cachoeira Ver- 
suche mit Kalidüngung gemacht worden. JIch 
besichtigte zwei nebeneinanderliegende Felder, von 
denen das eine Kalidüngung, das andere keine 
hatte; der günstige Einfluß der Düngung auf 
Aussehen und Größe der Tabakblätter war schon 
durch den oberflächlichsten Vergleich zu konstatieren. 
Es ist zu erwarten, daß diese Düngungsversuche, 
an denen die Leitung der landwirtschaftlichen 
Versuchsanstalt in Säo Bentos das Lagos großes 
Interesse nimmt, gute Erfolge zeitigen und eine 
bessere Bearbeitung der Tabakpflanzungen herbei- 
führen werden. 
Der Tabakertrag schwankt pro Hektar zwischen 
100 und 150 Arroba (= 1500 bis 2250 kg) 
und der Preis pro Arroba unsortiert zwischen 
5 und 10 Milreis. Qualitätstabake werden je- 
doch bis zu 30 Milreis pro Arroba bezahlt. Die 
Qualität schwankt infolge der Witterungseinflüsse 
recht bedeutend. Im letzten Jahre wurde wegen 
Regenmangels eine sehr geringe Ernte erwartet. 
Die Tabakpflanzung wird als eine recht gute 
Einnahmegquelle angesehen, denn ein Hektar bringt 
selbst bei einem Ertrage von nur 100 Arroba 
und bei einem Mindestpreise von 5 Milreis pro 
Arroba schon 500 Milreis Bruttoeinnahme. Fa- 
milien, die neben dem Anbau von Nahrungs- 
mitteln eine Fläche besitzen, auf der sie 100 Ar- 
roba Tabak gewinnen, können dort schon sorglos 
leben. 
Die Tabakhändler erhalten den Tabak un- 
sortiert und sortieren dann in großen, meist am 
Flußufer gelegenen Lagerhäusern □Armazens:) 
bis zu neun Sorten aus, je nach Größe, Farbe 
und Qualität der Blätter. Der sortierte Tabak 
wird zu Ballen gepreßt und, meist in Felle ge- 
näht, zum Versand gebracht. Die Sortierung 
verlangt bedeutende UÜbung; das hierfür nötige
	        
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