Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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hätten, wenn sie zu Lebzeiten des verstorbenen Ehe- 
gatten ihrer Mutter geboren wären. Es ist jedoch 
den vorher ausgesprochenen Bedenken gegenüber zu 
betonen, daß der Code unter „Ukungena“ nur die 
Verbindung einer Witwe mit einem Bruder oder 
Halbbruder des verstorbenen Chegatten versteht.1) 
4. Konkubinat. 
Trotz der polygamischen Form der Ehe war 
nach Kaffernrecht?) auch der Konkubinat eine gesetz- 
lich anerkannte Form der Geschlechtsvereinigung. 
Die Konkubinenkinder waren daher nicht illegitim, 
rangierten jedoch nach den Kindern von Chefrauen 
und waren zur Erbschaft nur dann berufen, wenn 
der Vater von seinen Ehefrauen keinen männlichen 
Nachwuchs hatte. 
Der Code erwähnt den Konkubinat nicht, er 
bestimmt nur die Stellung der Kinder unverhei- 
rateter Frauen in Sec. 95 dahin, daß sie Mitglieder 
des Hauses ihrer Mutter und deren Kraalsvater 
untertan werden. Die unehelichen Kinder haben 
also keine Stellung im Hause ihres Erzeugers und 
ihm gegenüber kein Erbrecht. 
Da aber der Konkubinat eine gesetzmäßige Ein- 
richtung nach Kaffernrecht war und ihm im Code 
die Gesetzmäßigkeit nicht abgesprochen ist, so bleibt 
die Frage offen, ob hier unkodisiziertes Eingeborenen- 
Recht gilt, und den Konkubinen-Kindern die besondere 
Stellung erhalten bleibt oder nicht. Die Frage 
darf bejaht werden, denn die Gewährung einer 
Erbaussicht für Konkubinen-Kinder ihrem Erzeuger 
gegenüber widerspricht nicht denjenigen Prinzipien, 
welche den Maßstab für die Gültigteit nicht kodi- 
fizierten Eingeborenen-Rechts geben. 
c. Eherecht. 
a. Ehen nach Eingeborenen-Recht. 
Der Code steht 3) auf dem Standpunkt, daß einer 
in den Formen des im Code aufgenommenen Ein- 
geborenen-Rechts (Native Law and Custom) ge- 
schlossenen Ehe dieselbe bindende Kraft innewohnt 
wie einer nach Kolonialrecht eingegangenen Ehe, 
und erklärt sie für einen Vertrag, der für die 
Lebenszeit der Kontrahenten abgeschlossen ist und 
nur gelöst werden kann, wenn die Che rechtsgültig 
geschieden oder für nichtig erklärt wird. Alle aus 
diesem Vertrage entstehenden Rechtsfragen sind nach 
dem Eingeborenen-Recht des Code zu entscheiden. 
Die Rechtsgültigkeit einer Ehe hängt nach dem 
Code von folgenden Erfordernissen abt#): 
1) gl. Ser. 24. Ursprünglich hatte Sec. 129 des 
Code noch den zusatz. daß die Ukungena-Verbindung 
nur dann erlaubt und anerkannt werde, wenn der 
Chegane ohne Ointerlassung mämlicher Nachtommen 
geftorben wärc. Dieser Zusatz ist aber durch Scc. 4 
des net 40 of 1896 ausgehoben. 
2) Agl. Maclean S. 144 1. Der Konkubinat war 
nicht sellen, denn der Mann sparte auf diese Weise das 
Heiratogut. 
Agl. Sec. 146 bis 152. 155. 
1) Stc. 118. 
□“ 
  
1. Der Einwilligung des Vaters oder Vor- 
mundes der zukünftigen Chefrau. 
2. Der Einwilligung des Vaters oder Kraals- 
vaters des nicht voll geschäftsfähigen zukünftigen 
Ehemannes.]) 
3. Der am Tage der Eheschließung von der 
zulünftigen Ehefrau dem beamteten Zeugen gegen- 
über öffentlich abzugebenden Erklärung, daß die 
Eingehung der beabsichtigten Ehe ihrem freien 
Willen entspricht und mit ihrer Zustimmung ge- 
plant ist. 
Die Erfordernisse zu 1. und 2. entsprechen dem 
oben über die Geschäftsfähigkeit der Eingeborenen 
Gesagten. Das Erfordernis zu 3. ist dem Ein- 
geborenen-Recht fremd und ein Zusatz der Gesetz- 
gebung. Seine Aufnahme erscheint um so wichtiger, 
als bei den Eingeborenen seitens des Vaters häufig 
ein Druck auf die Tochter ausgeübt wurde, einen 
reichen, wenn auch ihr nicht genehmen Freier zu 
heiraten..)) Die Abgabe der zu 3. geforderten Er- 
llärung der Braut ist aber noch keine Garantie 
dafür, daß die Erklärung der Wahrheit entspricht. 
Der Einfluß der Eltern und die Scheu der Tochter, 
ihren Vater bloßzustellen, in dessen Gewalt sie sich 
bei Nichteingehung der Ehe zurückbegeben müßte, 
können sie dazu bestimmen, eine falsche Erklärung 
abzugeben. Code Sec. 150 macht es dem be- 
amteten Zeugen, der bei jeder Cheschließung zuzu- 
ziehen ist, deshalb zur Pflicht, den Eheschließungsakt 
nicht nur dann aufzuheben, wenn die Braut die 
Abgabe einer Erklärung verweigert oder erklärt, 
die Ehe nicht eingehen zu wollen, sondern schon 
dann, wenn er nur aus dem Verhalten des Mäd- 
chens ihre Abneigung gegen die Verbindung zu er- 
kennen glaubt. Wird der Eheschließungsakt abge- 
brochen, so hat der beamtete Zeuge das Mädchen, 
salls die Verhältnisse es geboten erscheinen lassen, 
in seinen Schutz zu nehmen und die Sachlage dem 
Magistrate (als Administrator of Native Law), 
der dann weiter befindet, zu berichten.) 
8. Lobolo. 
1. Bedeutung. 
Nach Kaffernrecht war es zum Abschluß der 
Ehe erforderlich, daß der Bräutigam dem Vater der 
Braut einige Stück Vieh hingab, deren Zahl je 
nach dem Range des Vaters eine verschiedene war. 
Erst mit der Ubergabe des Viehs wurde die Ver- 
bindung zu einer voll anerkannten Ehe. Das zu 
1) Bei grundloser Verweigerung der Einwilligung 
bei 1. und 2. Ersatz durch Verfügung des Magistrate. 
Code Scc. 152. 
2) Ugl. dazu die Ausführungen über den „Lobolo“= 
Brauch). — 
3) Rommt die Che zustande, so ist sic von dem 
Ehemann und dem beamteten 23eugen innerhalb 30 Tagen 
zur Eintragung in das Heiratsregister bei dem Almi- 
nistrator of Jative Law anzumelden. Code Sce. 151.
	        
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