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4. Weist die Spur nicht auf einen oder mehrere
bestimmte Kraale hin, sondern ist sie inmitten eines
Landstücks verlorengegangen oder verwischt worden,
dann sind die Väter aller im Umkreise des Land-
stücks belegenen Kraale verantwortlich für den Wert
des gestohlenen Viehes. Der Umfang der Haftung
der einzelnen Kraale wird durch den Resident
Magistrate (den Regierungsbeamten des Distrikts)
festgesetzt, der berechtigt ist, zum Ausgleich des Ver-
lustes jeden Kraal bis zu zwei Stück Vieh stellen
zu lassen.
5. Die weiteste Ausdehnung des Prinzips der
kommunalen Verantwortlichkeit bringt die Pflicht
zur Aufnahme der Spur. Wird nämlich eine Spur
bis an die Grenzen des Gebietes eines Kraals,
eines Stammesteils, oder eines Stammes oder
darüber hinaus verfolgt, dann haben die bezüglichen
Bewohner dieser Bezirke die Pflicht, die Spur auf-
zunehmen und weiter zu verfolgen. Weigern sie
sich ohne berechtigten Grund, dieses zu tun, so sind
sie, ohne Rücksicht darauf, ob die Spur infolgedessen
verlorengegangen oder verwischt ist oder nicht —
was in vorhergehenden Fällen erforderlich war —
für den Wert des gestohlenen Tieres verantwortlich.
Hier kam also die Haftung den ganzen Stamm
treffen.
Nach dem Gesagten ist es begreiflich, daß das
Recht der Spurfolge leicht mißbraucht werden kann.
Es hat deshalb der Code (Sec. 201) in der Ab-
sicht, grundlosen Verdächtigungen und ungerecht-
fertigter Inanspruchnahme der Kraale vorzubeugen,
bestimmt, daß derjenige, welcher, um einem Dritten
Schaden zuzufügen, eine Spur zur Tänschung an-
legt, mit einer Geldstrafe bis zu 50 Pfund belegt
wird. 1)7)
1) Bei Nichtbezahlung Kerkerstrase bis zu zwölf
Monaten. — Code Src. 202 sieht ein abgekürztes Ver-
fahren zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Grund
des Rechts der Spurfolge vor.
2) Ein dem Recht der Spurfolge verwandter Brauch
bestand übrigens auch im Dehli-Dismikt in Indien,
bekannt unter dem Namen „Khoj“. Vgl. Journal ol
the Society of comparative Legislation vol. II 19/#
S. IX.
*vDie Wege nach Katanga.
(Mit einer Kartenskizzze.)
Der südliche Zipfel des belgischen Kongolandes,
das Katangagebiet, steht in dem Rufe unermeß-
licher Reichtümer an Erzvorkommen, unter denen
sich besonders Kupfer und Zinn, aber auch Gold,
Platin und Eisen finden sollen. In diesem Ge-
biete hat die englische Tanganyika Concessions Ia#d.,
die bis dahin in Rhodesien, namentlich in der
Nähe des Taganjikasees, prospektiert hatte, seit
dem Jahre 1900 die bergbaulichen Aussichten
untersucht, und zwar im Auftrage des Comité
spécial du Katanga, einer Schöpfung aus dem
Jahre 1900, die als Organ des Kongostaates
und der im Jahre 1891 gegründeten und mit
großen Grund= und Minenrechten ausgestatteten
Compagnie du Katanga der wirtschaftlichen Er-
schließung Katangas dienen und deren Gewinne
zu zwei Dritteln dem Staate und zu einem Drittel
der letzteren Kompagnie zufallen sollten. Wie weit
die einzelnen, meist recht überschwenglichen Nach-
richten über das Ergebnis der Erkundungen zu-
verlässig sind, bleibe unerörtert: daß hier aber
hervorragende wirtschaftliche Werte der Auf-
schließung harren, wird aus der Tatsache ge-
schlossen werden dürfen, daß schon erhebliche
Anstrengungen unter Aufwendung ansehnlicher
Geldmittel gemacht worden sind, um dieses welt-
abgeschiedene Gebiet durch eine leistungsfähige
Verkehrsstraße mit dem Weltmeer und dadurch
mit dem Weltmarkt zu verbinden.
Die frühesten Pläne hierfür gehen auf eine
Beuntung der schiffbaren Strecken des Kongo-
(Luulaba-) stromes hinaus. Im Jahre 1902
wurde die Compagnie du chemin de fer du
Katanga mit dem Sitz in Brüssel und mit einem
Aktienkapital von 1 000 000 Fr. gegründet,
von dem der Kongostaat 60 v. H. und eine eng-
lische Finanzgruppe 40 v. H. übernahmen; zu der
letzteren gehörte Mr. Williams, der bekannte Di-
rektor der Tanganyika Concessions Ltd. Der
Kongostaat erhielt das Recht, 60 v. H. jeder
Kapitalsvermehrung zu zeichnen. Zweck der Ge-
sellschaft war das Studium (und die spätere Aus-
führung) einer Bahn von der an Rhodesfien
stoßenden Südgrenze des Kongostaates nach dem
oberen Ende der schiffbaren Strecke des Luulaba.
Diese Bahn sollte das Schlußstück in der aus
Eisenbahn= und Schiffahrtsstrecken zusammen-
gesetzten Kongostraße sein. Diese dürfte nach
dem, was inzwischen darüber bekannt geworden
ist, etwa folgendes Aussehen erhalten. (Ziffer 8
der Zusammenstellung ist nach den neuesten, unten
erwähnten Abmachungen hinfällig.)
1. Matadi—Léopoldville, Bahn seit
1898 sertig 400 km
2. Léopoldville.— Stauleyville, Fluß 1600 =
3. Stanleyville— Ponthierville, Bahn 127
4. Ponthierville —Kindu, Fluß 400 t
5. Kindu— Buli, Bahn 350
6. Buli— Kalengue, Fluß 500
7. Kalengue—Kambove, Bahn 325=
8. Kambove —Grenze, Bahn. 250 =
zusammen rund 4000 km
Die unter 3. und 5. genannten Bahnlinien
wurden im Jahre 1903 der Compagnie des