Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

G 612 20 
4. Weist die Spur nicht auf einen oder mehrere 
bestimmte Kraale hin, sondern ist sie inmitten eines 
Landstücks verlorengegangen oder verwischt worden, 
dann sind die Väter aller im Umkreise des Land- 
stücks belegenen Kraale verantwortlich für den Wert 
des gestohlenen Viehes. Der Umfang der Haftung 
der einzelnen Kraale wird durch den Resident 
Magistrate (den Regierungsbeamten des Distrikts) 
festgesetzt, der berechtigt ist, zum Ausgleich des Ver- 
lustes jeden Kraal bis zu zwei Stück Vieh stellen 
zu lassen. 
5. Die weiteste Ausdehnung des Prinzips der 
kommunalen Verantwortlichkeit bringt die Pflicht 
zur Aufnahme der Spur. Wird nämlich eine Spur 
bis an die Grenzen des Gebietes eines Kraals, 
eines Stammesteils, oder eines Stammes oder 
darüber hinaus verfolgt, dann haben die bezüglichen 
Bewohner dieser Bezirke die Pflicht, die Spur auf- 
zunehmen und weiter zu verfolgen. Weigern sie 
sich ohne berechtigten Grund, dieses zu tun, so sind 
sie, ohne Rücksicht darauf, ob die Spur infolgedessen 
verlorengegangen oder verwischt ist oder nicht — 
  
was in vorhergehenden Fällen erforderlich war — 
für den Wert des gestohlenen Tieres verantwortlich. 
Hier kam also die Haftung den ganzen Stamm 
treffen. 
Nach dem Gesagten ist es begreiflich, daß das 
Recht der Spurfolge leicht mißbraucht werden kann. 
Es hat deshalb der Code (Sec. 201) in der Ab- 
sicht, grundlosen Verdächtigungen und ungerecht- 
fertigter Inanspruchnahme der Kraale vorzubeugen, 
bestimmt, daß derjenige, welcher, um einem Dritten 
Schaden zuzufügen, eine Spur zur Tänschung an- 
legt, mit einer Geldstrafe bis zu 50 Pfund belegt 
wird. 1)7) 
1) Bei Nichtbezahlung Kerkerstrase bis zu zwölf 
Monaten. — Code Src. 202 sieht ein abgekürztes Ver- 
fahren zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Grund 
des Rechts der Spurfolge vor. 
2) Ein dem Recht der Spurfolge verwandter Brauch 
bestand übrigens auch im Dehli-Dismikt in Indien, 
bekannt unter dem Namen „Khoj“. Vgl. Journal ol 
the Society of comparative Legislation vol. II 19/# 
S. IX. 
  
  
  
*vDie Wege nach Katanga. 
(Mit einer Kartenskizzze.) 
Der südliche Zipfel des belgischen Kongolandes, 
das Katangagebiet, steht in dem Rufe unermeß- 
licher Reichtümer an Erzvorkommen, unter denen 
sich besonders Kupfer und Zinn, aber auch Gold, 
Platin und Eisen finden sollen. In diesem Ge- 
biete hat die englische Tanganyika Concessions Ia#d., 
die bis dahin in Rhodesien, namentlich in der 
Nähe des Taganjikasees, prospektiert hatte, seit 
dem Jahre 1900 die bergbaulichen Aussichten 
untersucht, und zwar im Auftrage des Comité 
spécial du Katanga, einer Schöpfung aus dem 
Jahre 1900, die als Organ des Kongostaates 
und der im Jahre 1891 gegründeten und mit 
großen Grund= und Minenrechten ausgestatteten 
Compagnie du Katanga der wirtschaftlichen Er- 
schließung Katangas dienen und deren Gewinne 
zu zwei Dritteln dem Staate und zu einem Drittel 
der letzteren Kompagnie zufallen sollten. Wie weit 
die einzelnen, meist recht überschwenglichen Nach- 
richten über das Ergebnis der Erkundungen zu- 
verlässig sind, bleibe unerörtert: daß hier aber 
hervorragende wirtschaftliche Werte der Auf- 
schließung harren, wird aus der Tatsache ge- 
schlossen werden dürfen, daß schon erhebliche 
Anstrengungen unter Aufwendung ansehnlicher 
Geldmittel gemacht worden sind, um dieses welt- 
abgeschiedene Gebiet durch eine leistungsfähige 
Verkehrsstraße mit dem Weltmeer und dadurch 
mit dem Weltmarkt zu verbinden. 
Die frühesten Pläne hierfür gehen auf eine 
Beuntung der schiffbaren Strecken des Kongo- 
  
(Luulaba-) stromes hinaus. Im Jahre 1902 
wurde die Compagnie du chemin de fer du 
Katanga mit dem Sitz in Brüssel und mit einem 
Aktienkapital von 1 000 000 Fr. gegründet, 
von dem der Kongostaat 60 v. H. und eine eng- 
lische Finanzgruppe 40 v. H. übernahmen; zu der 
letzteren gehörte Mr. Williams, der bekannte Di- 
rektor der Tanganyika Concessions Ltd. Der 
Kongostaat erhielt das Recht, 60 v. H. jeder 
Kapitalsvermehrung zu zeichnen. Zweck der Ge- 
sellschaft war das Studium (und die spätere Aus- 
führung) einer Bahn von der an Rhodesfien 
stoßenden Südgrenze des Kongostaates nach dem 
oberen Ende der schiffbaren Strecke des Luulaba. 
Diese Bahn sollte das Schlußstück in der aus 
Eisenbahn= und Schiffahrtsstrecken zusammen- 
gesetzten Kongostraße sein. Diese dürfte nach 
dem, was inzwischen darüber bekannt geworden 
ist, etwa folgendes Aussehen erhalten. (Ziffer 8 
der Zusammenstellung ist nach den neuesten, unten 
erwähnten Abmachungen hinfällig.) 
1. Matadi—Léopoldville, Bahn seit 
  
1898 sertig 400 km 
2. Léopoldville.— Stauleyville, Fluß 1600 = 
3. Stanleyville— Ponthierville, Bahn 127 
4. Ponthierville —Kindu, Fluß 400 t 
5. Kindu— Buli, Bahn 350 
6. Buli— Kalengue, Fluß 500 
7. Kalengue—Kambove, Bahn 325= 
8. Kambove —Grenze, Bahn. 250 = 
zusammen rund 4000 km 
Die unter 3. und 5. genannten Bahnlinien 
wurden im Jahre 1903 der Compagnie des
	        
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