6
sich in verminderter Stärke bis zum Nachmittage
fortsetzten. Am Berge war außer heftigem Stein—
fall nichts zu sehen.
Eine am Vormittag vorgenommene Besichti-
gung der massiven Dienstgebäude ergab beim
Gouverneurshaus feine durchgehende Risse in fast
allen Gewölbebogen, auch einzelne am Plafond
und den Wänden. In geringerem Maße zeigten
sich Risse auch im Sekretärshaus. Im Bureau-
gebäude hatte sich eine Innenwand in den Ver-
bindungen stark gelockert und zeigte mehrfache
Sprünge. Am Abend des 28. wurde von hier
aus gegen 7 Uhr ein Feuerschein am Berge be-
obachtet, der auf eine ziemlich starke Eruption am
Nordwestabhange des Kamerunberges schließen
ließ. Die sofort mit Buea hergestellte telephonische
Verbindung ergab, daß auch dort der Feuerschein
zu bemerken war. Die Erdstöße hatten abge-
nommen, doch war ein fortwährendes leichtes
Zittern des Bodens, verbunden mit unterirdischem
Donner, zu spüren. Durch Peilungen von Buea
und Duala aus konnte der Herd des Feuers
ziemlich genau auf etwa 12 bis 15 km nördlich
Bue festgestellt werden. Gegen 8½⅛ Uhr abends
wurde in Buea eine Explosion feuriger Massen
hoch über dem Feuerschein beobachtet, so daß kein
Zweifel mehr bestand, daß es sich um einen
Kraterausbruch handelte. Es wurde nunmehr
alles zum Abmarsch bereitgemacht, damit auf
ein gegebenes Signal der Rückzug angetreten
werden konnte. Die Polizei= und Schutztruppe
waren alarmbereit, die Europäer blieben neben
ihrem fertiggemachten Gepäck wach. Da indessen
die Ausbruchserscheinungen im weiteren Verlaufe
der Nacht nicht zunahmen, wurde gegen Morgen
die Alarmbereitschaft aufgehoben und beschlossen,
zunächst noch oben weiter auszuhalten.
Mit dem Ausbruch scheint das Erdbeben seinen
Höhepunkt erreicht zu haben, denn die nun weiter
einlaufenden Meldungen konstatierten ein Ab-
nehmen der Erdstöße. Trotzdem hielten es die
in Buea verbliebenen Beamten immerhin noch
für geboten, die Akten, die Kasse und die Wert-
sachen im Laufe des 29. und 30. April und des
1. Mai nach Victoria zu schaffen, damit sie
cventuell sofort an Bord des „Nachtigal“ gebracht
werden konnten; auch hielt der stellvertretende
Kommandeur die Anwesenheit von „Nachtigal“
und „Soden“ in Victoria und Tiko immer noch
für erforderlich.
Am 29. früh wurde eine Farbigen-Patrouille
unter Führung des Stationsdolmetschers in der
Richtung des Feuerscheins vorgeschickt; sie brachte
am 30. abends die ersten Nachrichten über die
Beobachtungen am Krater und am Lavastrom.
Ferner wurde am 29. zur Erkundung der Aus-
630 e
bruchstelle eine Offizierspatrouille abgesandt; am
30. begab sich auch der Regierungsgeologe
Dr. Mann auf den Berg, um zunächst das Ge-
biet oberhalb Bueas auf Eruptiverscheinungen zu
untersuchen. Derartige Erscheinungen konnten
nicht festgestellt werden. Dagegen waren erheb-
liche Gesteinabstürze und Erdrutsche vorhanden.
Beide Expeditionen stellten am Nordwestabhange
das Vorhandensein dreier Krater fest, die unter
großen Eruptivgeräuschen Feuer, Asche und Steine
bis zu beträchtlichen Höhen auswarfen. Der Lava-
strom, der sich nach den Erkundungen der oben
erwähnten Eingeborenenpatrouille von der Aus-
bruchstelle in nördlicher Richtung zwischen den
Dörfern Likoka und Mokona ergoß, konnte von
diesen beiden Expeditionen, die sich oberhalb der
Ausbruchstelle befanden, nicht beobachtet werden.
Die Entfernung der Krater von Buea wird, wie
bereits erwähnt, auf 12 bis 15 km geschätzt, doch
gehen die Auswurfstöße nach der Buea abgewandten
Seite in Richtung nach dem Bambukoland. Eine
in Buea am 30. eingetroffene Meldung aus
Johann-Albrechtshöhe bestätigte diese Beobach-
tungen. Leutnant Dickmann, der in diesen Tagen
von Rio del Rey nach Victoria marschierte, mel-
dete, daß am ganzen Nordabhang des Kamerun-
berges dauernd ein leichter Aschenregen gefallen sei.
In der Nacht vom 2. auf den 3. Mai wurde
in der Gegend zwischen dem Großen und Kleinen
Kamerunberg ein neuer Feuerschein beobachtet,
der auf einen neuen Kraterausbruch schließen ließ.
Dorthin gesandte Eingeborene haben indessen
nichts feststellen können.
Die Tätigkeit der Krater am Nordwestabhang
dauert fort, wie aus dem allnächtlich mit wechselnder
Intensität zu beobachtenden Feuerschein hervor-
geht. Der letzte stärkere Erdstoß wurde aus Buea
für den 3. Mai, 610 abends, gemeldet, Seitdem
ist bis auf ein periodisches unterirdisches Rollen
alles ruhig geblieben.
Demnach scheint, falls es sich nicht etwa nur
um eine vorübergehende Pause in der vulkanischen
Tätigkeit handelt, die unmittelbare Gefahr für
Buea beseitigt zu sein.“
Expeditionen nach den vulkanischen Aus-
bruchstellen.
J.
Bericht des kommiss. Zollamtsverwalters Bötefür
I. d. Buca, 7. Mai 1909.
Zur Prüfung der Angaben, welche die von
der Station Buea zwecks Feststellung der Aus-
bruchstelle am Kamerunberg entsandte farbige