Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

W 682 20 
§ 16. Jeder Arbeitgeber, welcher mehr als fünfzig Arbeiter beschäftigt, hat einen ent- 
sprechend großen, für diesen Zweck geeigneten Krankenraum bereit zu halten, sowie je einen Raum 
für Pocken= und Dysenterie-Kranke im Bedarfsfalle herzurichten, falls die Kranken nicht in öffentliche 
Hospitäler überführt werden. Der Arbeiterkommissar kann den Zusammenschluß mehrerer Arbeitgeber 
zur gemeinsamen Gestellung derartiger Räume für ihre Arbeiter gestatten. 
Die Benutzung der Krankenräume darf nicht eher erfolgen, als bis sie ein beamteter Arzt 
für genügend erklärt hat. 
Arbeitgeber, welche mehr als hundert Arbeiter halten, müssen wenigstens einen ausgebildeten 
farbigen, Arbeitgeber, welche im ganzen mehr als fünfhundert Arbeiter beschäftigen, wenigstens einen 
ausgebildeten weißen Heilgehilfen halten, sofern nicht ein eigener Arzt vorhanden ist. Für die 
Kranken ist, falls ihre Zahl übersteigt, ein besonderer farbiger Koch oder eine Köchin zu halten. 
Jeder Arbeitgeber hat ferner eine ausreichend ausgestattete Apotheke zu unterhalten. 
Die Tätigkeit der Heilgehilfen sowie der Materialienbestand der Apotheke unterliegen der 
Aufsicht des zuständigen beamteten Arztes. Hält dieser den Heilgehilfen für ungeeignet, so kann der 
Arbeitgeber durch die zuständige Verwaltungsbehörde angehalten werden, geeigneten Ersatz zu 
beschaffen. 
§ 17. üÜberstunden sowie Arbeiten an Sonntagen dürfen nur bei Gefahr im Verzuge statt- 
finden. Der Arbeiterkommissar ist von derartigen Maßnahmen vierteljährlich in Kenntnis zu setzen. 
Für Überstunden und Arbeiten an Sonntagen muß eine besondere Geldentschädigung gewährt werden. 
Diese Entschädigung darf nicht geringer sein als der auf die gleiche Arbeitszeit an einem gewöhn- 
lichen Arbeitstage entfallende Teilbetrag des Lohnes. 
§ 18. Krankheitstage kommen als Arbeitstage nicht in Anrechnung; dagegen darf für 
Sonntage ein Lohnabzug nicht gemacht werden. 
§& 19. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, besondere Konten oder monatliche Listen zu führen, 
in welche für jeden Arbeiter die gezahlten Löhne und Vorschüsse, die Zahl der Arbeits= und 
Krankentage sowie alle Lohnabzüge unter Angabe des Grundes einzutragen sind. 
§ 20. Todesfälle sind seitens der Arbeitgeber unter Angabe des Namens, des Stammes, 
des zugehörigen Verwaltungsbezirks, des Todestages, der mutmaßlichen Todesursache und des aus- 
stehenden Lohnes unverzüglich dem Arbeiterkommissar anzuzeigen. Dieser hat hiervon den Leiter 
des Heimatsbezirks des Verstorbenen alsbald in Kenntnis zu setzen. 
§ 21. Zeigen sich irgendwelche Spuren einer seuchenartigen Krankheit, so ist sofort dem 
Regierungsarzte Mitteilung zu machen. Dieser hat den Arbeiterkommissar unverzüglich zu verständigen. 
- 8 22. Eine Verlängerung des bestehenden Arbeitsvertrages oder der Abschluß eines neuen 
Vertrages bedarf der Genehmigung des Arbeiterkommissars. 
8 23. Die Arbeiter haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf freie Rückbeförderung 
nach dem Orte, wo sie angeworben worden sind. Zur freien Rückbeförderung gehört auch Gewährung 
der Mittel zur Verpflegung und Unterkunft nach Maßgabe der Trägerverordnung. Erforderlichenfalls 
erfolgt die Rückbeförderung auf Kosten des Arbeitgebers durch das Gouvernement. 
Der Arbeiterkommissar ist berechtigt, auf Grund ärztlichen Gutachtens zu verlangen, daß 
das Arbeitsverhältnis vorzeitig aufgelöst werde. In diesem Falle ist dem Arbeiter der Lohn bis 
zum Entlassungstage zu zahlen und ebenfalls freie Rückbeförderung in die Heimat zu gewähren. 
Ist der Arbeiter beim Ablauf seiner Vertragszeit erkrankt, so ist ihm ärztliche Behandlung, 
Verpflegung und Unterkunft auch noch über die Vertragszeit hinaus so lange frei zu gewähren, bis 
seine Heimsendung ohne besondere gesundheitliche Schädigung erfolgen kann, jedoch nicht über die 
Dauer von fünf Wochen hinaus. Das gleiche gilt auch für Arbeiter, deren Entlassung auf Antrag 
des Arbeiterkommissars vorzeitig erfolgt ist. 
§ 24. Die Beaussichtigung der Anwerbungs= und Arbeiterverhältnisse liegt den Arbeiter- 
kommissaren ob. - » 
Solange als nicht einer besonderen Behörde die Geschäfte des Arbeiterkommissars zugewiesen 
sind oder ein anderer Beamter damit betraut wird, nimmt jeder Bezirksleiter diese Geschäfte für 
seinen Bezirk wahr. 
§ 25. Der Arbeiterkommissar hat insbesondere die Unterkunft, Verpflegung, Entlohnung, 
Behandlung und Rückbeförderung der Arbeiter zu überwachen. Ihm muß jederzeit Zutritt zu den 
Arbeitsstellen und Unterkunftsräumen der Arbeiter gestattet werden. 
Das gleiche Recht steht auch dem Regierungsarzte zu.
	        
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