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Deutsch-Meuguinea.
die deutsche Oarine-Sxpebition 1907/09.)
Zwölfter Bericht.
Lamasong, 15. März 1909.
Das Expeditionslager verblieb in Lamasong,
wo der Ende Dezember angelegte Garten bereits
reichlich Salat, Spinat, Mais und Schlangen-
bohnen von ungeheuerlicher Länge hervorbringt.
Süßkartoffeln, Karotten, Gurken, Tomaten und
Eierfrüchte stehen in kurzer Zeit zu erwarten.
Herr Walden war während der ganzen Zeit
in Tabor (Gardner= und Fisher-Insel) und be-
findet sich jetzt (Mitte März) in Kävieng, um von
dort aus die Siedlungen des ganzen Nordbezirkes
bis nach Lamasong herunter genauer festzulegen.
Herr und Frau Krämer waren zwei Wochen
in dem nördlich von Lamasong gelegenen, noch
fast völlig unbekannten Amba, wo auf den
Regenzauberplätzen das Vorhandensein von ule
ähnlichen Figuren entdeckt wurde, deren Er-
werbung und genaue Bestimmung gelang. Ebenso
glückte die Erklärung von zahlreichen, zufällig
noch von einem Totenfest her übrigen malanggan-
Schnitzwerken.
Beim Abschluß der dortigen Arbeiten kam ein
Brief des Gouverneurs, daß der „Seestern“ am
folgenden Morgen vor Lamasong eintreffen werde,
da S. M. S. „Planet“ am Kommen verhindert
sei. Rasch wurde alles geordnet, und am 27. Fe-
bruar früh fuhren Herr und Frau Krämer an
Bord des „Seestern“ innerhalb 36 Stunden nach
Simpsonhafen und von dort nach Ulaputur an
der Westküste von Neu-Mecklenburg, gegenüber
Namatanai. Es war beabsichtigt, die Westküste
zu Fuß bis Lemau hinauf zu wandern und von
dort aus nach Überschreitung des Gebirges Lama-
song wieder zu erreichen. Trotz Warnung wurde
an dem Plane festgehalten, da ein Abwarten bei
der geringen noch zur Verfügung stehenden Zeit
nicht mehr möglich war. Schon die erste Strecke
zwischen Ulaputur und Laburr, die wegen der
schroffen Küstenpartien im Boot zurückgelegt wurde,
hätte sich beinahe als verhängnisvoll erwiesen,
da das Fahrzeug nachts bei einer Regenböe aus
Nordwest auf dem Riff festkam und nur mit
äußerster Mühe wieder flott gemacht werden konnte.
Hatte der zweite Marschtag schon unter dem
Zeichen der Feuchtigkeit gestanden, und war die
Nachtruhe in den elenden Hütten von Gögola,
wo die Ratten die Schläfer auch im Moskitonetz
nicht schonten, schon recht kümmerlich gewesen, so
übertraf der neunstündige Marsch von Mäsi nach
*) Aus der „Marine-Rundschau“ 1909, Juliheft.
AVgl. auch „Deutsches Kol. Bl.“ 1909, Nr. 10, S. 494f.
sich zu führen.
Lemau die schlimmsten Erwartungen. Etwa 60,
meist brückenlose Wasserarme waren zu passieren,
darunter mehrere bis zu 20 m breite und achsel-
tiefe Flüsse; unzählige Sumpfstellen und vom
Regen der vorhergehenden Tage herrührende
Wasserpfützen erschwerten das Fortkommen; als
neue Regenmassen vom Himmel sich ergossen, ver-
wandelten sich die Wege in reißende Bäche, so
daß man oft länger als eine Stunde aus dem
Wasser nicht heraus kam. Auch die üÜbersteigung
des 700 m hohen Gebirgskammes war endlich
recht feucht und beschwerlich. Aber diese Stra-
pazen waren nicht umsonst gewesen. Es wurde
zuverlässiges und wertvolles Material über die
Verwendung der „Wurzeltische“ (a kamba) ge-
wonnen. Zu deren Herstellung werden Wald-
bäume von zwei bis drei Fuß Dicke 2 bis 3 m
über dem Boden gekappt, dann die Stümpfe mit
dem Wurzelwerk aus dem Boden gehoben und
unter bestimmten Feierlichkeiten nach dem Dorf-
platz getragen, wo sie in Löcher mit dem Stiel
nach unten eingelassen werden. Dann findet
Reinigung und Beschnitzung des Stammes mit
Figuren (meist Haifischen) statt. Auf das schirm-
ähnlich oder vielmehr gleich einem runden Tisch
sich ausbreitende Wurzelwerk legt man Schweine
und Taro als Ehrenschmaus für den Toten, zu
dessen Gedenken der Kambabaum, der Wurzeltisch,
gesetzt wurde.
Haifischkang wird in den besuchten Gegenden
viel geübt. Wir sahen ein Boot mit neun bis
zu 2 m langen Tieren zurückkehren, zwei Mann
in einem kleinen, sast zum Sinken vollen Aus-
legerboot. Wie sehr die Eingeborenen dabei von
animistischen Vorstellungen geleitet sind, geht
daraus hervor, daß kein Fischer in See geht,
ohne die Knochen von nahen Anverwandten mit
Denn die Geister der Ver-
storbenen, so glauben sie bestimmt, führen ihnen
die Haie in die Schlinge, in die sie, nach An-
locken durch Rasseln, mit stinkendem Fischköder
hineingelockt werden. Sitzt der Hai fest in der
Schlinge, so schlägt ihn der kühne Fischer mit
einem Holzklöppel tot. Daß Unglücksfälle dabei
vorkommen, zeigte eine ule-Figur in dem großen
Dorfe Lambu, die zum Gedächtnis an einen
beim Haifang umgekommenen Mann angefertigt
worden war. Der Geist dieses Mannes erschien
einem seiner Verwandten nachts im Schlaf, und
als dieser dem Schatten nach dem Strande folgte,
sah er den zerfleischten Körper des Verunglückten
dort auf einer Koralle sitzen. Darauf schnitzte er
die ule-Figur ihm zum Gedenken. Also die
Wurzeltische, die Kambabäume im Süden, die
wunderbaren malanggan-Schnitzwerke im Norden
und die ule-Figuren im Zentralbergmassiv von
Neu-Mecklenburg erfüllen alle den einen Zweck: