Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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sind auf der ganzen Strecke deutlich ausgeprägt. 
Nur an einer kurzen Strecke, etwa 70 km von 
der Küste, fand sich eine sceartige Verbreiterung 
mit Inseln. Die Fahrrinne ist auch hier noch 
an der Strömung erkennbar. Der unterste Teil 
des Stromlaufes führt durch ein weites Sago- 
sumpf= und Lagunengebiet, in welchem einige 
schmale Seitenkanäle mit Strömung nach beiden 
Seiten abzweigen. Durch solche Binnenlandkanäle 
soll der Unterlauf des Stromes mit der Ramu- 
Mündung in Verbindung stehen. 
Auf der ganzen befahrenen Strecke zeigte sich 
nirgends im Flußlauf eine Sandbank oder An- 
sammlung von Treibholz. Die Stromgeschwin- 
digkeit betrug an den vier Tagen im Durchschnitt 
3,7 Seemeilen in der Stunde. Der Strom hat 
auf der befahrenen Strecke eine Tiefwasserrinne 
von mindestens 15 m Tiefe. Aus den Vegetations- 
grenzen am Ufer, den Kanu-Landungseinrichtungen 
in den Dörfern und den dicht an den Ufern sich 
hinziehenden Eingeborenenpflanzungen konnte mit 
Sicherheit geschlossen werden, daß der beobachtete 
Wasserstand nicht wesentlich über den normalen 
hinausging. » 
Während der Fahrt zu Berg wurde alle zehn 
Minuten zur Vornahme einer Lotung angehalten. 
Die tropische Sumpfvegetation des Mündungs- 
gebietes reicht bis etwa 60 km stromaufwärts. 
Nach einer kurzen Strecke Hochwald zu beiden 
Seiten tragen die Ufer mehr und mehr den Cha- 
rakter der Parklandschaft, die bald in eine weite 
Baumsavanne übergeht. Die weite Grasebene 
zieht sich nach Süden bis zu einer — in mehr 
als 30km Entfernung den Flußlauf begleitenden — 
Hochgebirgskette hin und steigt nach Norden in 
leichten flachen Hügelwellen an. Aus dieser 
Schwemmlandebene erheben sich wie Inseln einige 
bewaldete Hügel. In ausgedehnten Sumpf- 
niederungen stehen Sagopalmen und üppiges 
Zuckerrohr in geschlossenen Beständen. Die Mün- 
dungen des Stromlaufs sind von weitem an einem 
Kranz hoher Uferbäume erkennbar. Die Nähe 
von Dörfern kündigen kleine Wälder von Brot- 
fruchtbäumen an. Über den Dorfpplätzen selbst 
erheben sich Kokospalmen in geschlossenen Gruppen. 
In zwei Nächten war der westliche Himmel durch 
einen Grasbrand gerötet, der sich auch unter 
Tags durch gewaltige Rauchsäulen bemerkbar 
machte. Steine scheinen in dem weiten Aluvial- 
gebiet eine Seltenheit zu sein. Ich konnte an 
keiner Landungsstelle eine Steinprobe finden. Da, 
wo steile Uferwände frei von Vegetation sichtbar 
werden, zeigen sich die Schichten, in denen der 
Fluß bei seinen periodischen Überschwemmungen 
den feinen Lehm= und Tonboden ausgetragen hat. 
Von dem etwa 90 km von der Mündung 
aufwärts gelegenen Dorfe Keoando an war 
  
eine Verständigung mit den sonst in keiner Weise 
feindlichen Eingeborenen nicht mehr möglich. Die 
mitgebrachten Dolmetscher getrauten sich von dort 
an überhaupt nicht mehr an Land zu gohen. 
Etwa zwanzig größere Ortschaften wurden auf 
beiden Seiten des Flusses passiert. 
Die Häuser der Eingeborenen gehören zu den 
stattlichsten Bauwerken im Schutzgebiet. Trotz 
primitiverer Werkzeuge stehen die Bewohner der 
Ebene des Kaiserin Augustaflusses in der Baukunft 
hoch über den Eingeborenen des Bismarck-Archipels 
und des östlichen Kaiser-Wilhelmslandes. An den 
über hundert Kilometer von der Küste entfernten 
Plätzen sind eiserne Werkzeuge so gut wie un- 
bekannt. Die Bauart der Häuser ist mit der an 
der Küste westlich der Flußmündung beobachteten 
verwandt. Die auf einem massiven Pfahlrost 
stehenden hochgiebeligen Bauwerke haben im 
Innern nur einen Raum. 
Die Eingeborenen bewegen sich auf dem Fluß 
in Einbäumen, welche bis zu fünfzehn Menschen 
fassen. Die langen Ruderstangen mit einer zwei- 
spitzigen Ruderschaufel am Ende dienen sowohl 
zum Vorwärtsstoßen des Kahnes am Ufer, wie 
zum Rudern. Besonders außerhalb des Mündungs- 
gebietes offenbart sich noch in allen Gebrauchs- 
gegenständen der Eingeborenen der Kunstsinn eines 
von den Einflüssen einer fremden, überlegenen 
Kultur unberührten Naturvolkes. Die Einbäume 
sind am Kopf, teilweise auch an den Längsseiten, 
mit Schnitzereien reich verziert. Die Ruderstange, 
die der vorderste Mann im Kahne führt, ist an 
der oberen Hälfte mit Kasuarfedern dicht besetzt. 
Die Töpfereien zeigen in den Formen eine Ab- 
wechslung, die umsomehr auffällt, als die übrigen 
Stämme des Schutzgebiets, soweit bei ihnen über- 
haupt Töpferei getrieben wird, in der Regel 
immer nur eine Form kennen. Die Formen der 
Gefäße und die Verteilung des Schmuckes auf 
der Fläche erinnern an Erzeugnisse modernen 
europäischen Kunstgewerbes. Selbst das Stück 
Massoirinde, das der Mann in dem geflochtenen 
Anhängetäschchen zusammen mit Kalk und Betelnuß 
bei sich führt und an dem er von Zeit zu Zeit 
herumkaut, zeigt in der Regel eingekerbte Orna- 
mente. Die jungen Leute gehen unbekleidet. Die 
Männer tragen an einem schmalen Gürtel einen 
in einem Knopf zusammengehaltenen Bastbüschel 
oder das Fell eines fliegenden Hundes oder 
Baumbären, die Weiber gelb und rot gefärbte 
Bastschürzen. 
In der Nähe der Dörfer begleiten den Fluß-= 
lauf hart am Ufer sich hinziehende schmale 
Streifen von Pflanzungen, in welchen Jam und 
Tabak vorherrschen, aber auch Taro und Bananen 
zu sehen sind. Tabak wird über den eigenen 
Bedarf hinaus zu Handelszwecken produziert und
	        
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