Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

W 752 20 
kranken, ist auffällig niedrig. Der höchste tägliche 
Krankenstand, im Gefängnis und Hospital zu- 
sammengenommen, betrug z. B. im vorigen Jahre 
10 Patienten, meist blieb er aber unter dieser 
Zahl. 
Die Strafkolonisten in Fotoba, auf den iles 
de Loos, werden zweimal monatlich vom Arzt 
besucht. Der Gesundheitszustand unter ihnen ist, 
dank der günstigen klimatischen Verhältnisse des 
Ortes, ausgezeichnet. Falls eine schwere Er- 
krankung vorkommt, läßt der weiße Aufseher, 
unter dessen Uberwachung die Gefangenen stehen, 
den Patienten sofort in einem Boote nach Conakry 
übersetzen und dem Hospital zuführen. Viel 
häufiger kommt indessen der umgekehrte Fall vor, 
daß auf Antrag des Arztes ein erkrankter Ge- 
fangener, dessen Genesung sich hinzögert, nach 
dem insularen Fotoba geschickt wird. Die Straf- 
kolonisten sind dort nicht in einem massiven Ge- 
fängnisbau interniert, sondern zu je 5 bis 6 in 
einzelnen Hütten, wobei man in der Gruppierung 
auf die Stammesangehörigkeit Rücksicht nimmt. 
Der ganze Hüttenkomplex ist durch eine Mauer 
nach außen hin abgeschlossen. 
Sowohl in Fotoba wie in Conakry tritt unter 
den Gefangenen nur ausnahmsweise ein Fall von 
Dysenterie auf, während gerade diese Krankheit 
in Duala die meisten Opfer unter ihnen fordert. 
Der Grund darf wohl mit Recht neben der im 
allgemeinen weitgehenderen hygienischen Fürsorge 
darin gefunden werden, daß hier bei der Er- 
nährung der Gefangenen nach Möglichkeit Landes- 
produkte in mannigfachem Wechsel Verwendung 
finden und daß eine hygienisch einwandfreie 
Wasserleitung besteht. 
Die minderjährigen Sträflinge in Kindia 
sind unter Aufsicht eines Polizisten dem Leiter 
der dortigen landwirtschaftlichen Versuchsanstalt 
zur Verfügung gestellt und werden mit Feld- 
arbeiten beschäftigt. Sie tragen ebenfalls die 
blaue Gefangenenkleidung, die sie jeden Sonntag 
selbst waschen müssen. Außer ihrer Verpflegung 
erhalten sie einen Tagelohn von 15 Cts., damit 
sie bei ihrer Entlassung eine kleine Summe zur 
Verfügung haben. Bei besonders guter Führung 
und fleißiger Arbeit gibt es Tagesprämien von 
5 Cts. Im Falle des Ungehorsams können sie 
dem Gefängnis überwiesen werden. 
Die Baumwollindustrie in Großbritannien und 
kriand 1908. 
Für die Baumwollindustrie des Vereinigten 
Königreichs hat sich der Rüctschlag, der Ende 1907 
eingetreten war, 1908 weiter fortgesetzt und, 
wenn auch keinen Notstand, so doch einen fühl- 
  
baren Ausfall gegenüber den goldenen Zeiten 
ergeben, die 1905 eingetreten waren. Die Preise 
von Baumwolle gingen zwar mit verschiedenen 
Schwankungen zurück, noch mehr aber sanken 
unter dem Rückgange der Nachfrage die Preise 
von Garn und Geweben. Die Spinnereien 
ließen noch in der ersten Hälfte des Jahres viel- 
fach eine Kürzung der Arbeitszeit eintreten, 
ebenso die Webereien, soweit sie ihre Webstühle 
nicht ganz außer Betrieb setzten. Im September 
begann infolge des Lohnstreits zwischen einem 
Teile der Spinnereibesitzer und einigen Kategorien 
ihrer Arbeiter eine rund siebenwöchige Einstellung 
des Betriebes der meisten Spinnereien und in 
Verbindung damit auch der Stillstand vieler 
Webereien. Natürlich führte dies zu einer Be- 
schränkung der Produktion; trotzdem aber trat 
keine fühlbare Erleichterung des Marktes ein und 
Absatz und Warenpreise blieben unbefriedigend. 
Der verhältnismäßige Rückgang des Industrie- 
zweiges wird durch folgende Tatsachen dargetan. 
100 Spinnereien mit einem Aktienkapital von 
zusammen 3 660 012 L erzielten in den am 
30. November 1908 abgelaufenen zwölf Monaten 
einen Reingewinn von 586 511 L gegen 
1 321 157 L in den vorausgegangenen zwölf 
Monaten. Immerhin ergeben diese 586 511 L 
noch mehr als 16 v. H. vom Aktienkapital und 
die wirklich verteilte Dividende betrug im Durch- 
schnitt 113/4 v. H. Zu erwähnen ist auch, daß 
1908 noch sieben neue Spinnereigesellschaften ge- 
gründet wurden. Am 31. August 1906 waren 
im Vereinigten Königreiche 52 817000 Baum- 
wollspindeln unter 128 923 000 in der ganzen 
Welt vorhanden; mehr als 3 Millionen neue 
Spindeln waren aber im Bau begriffen, während 
für alle anderen Länder die Zunahme nur auf 
etwa 1 500 000 Stück veranschlagt wurde. 
Nach der Handelsstatistik wurden an roher 
Baumwolle in das Vereinigte Königreich ein- 
geführt: 1908: 18 399 087 engl. Zentner im 
Werte von 55834966 L, 1907: 21311617 engl. 
Zeutner im Werte von 70 458 197 K, 1906: 
17 923 0149 engl. Zentner im Wierte von 
55 749 640 L. 
In das Ausland wurden wieder ausgeführt: 
1908: 2598 248 engl. Zentner im Merte von 
8 250 197 L, 1907: 2 949572 engl. Zentner 
im Werte von 9 539 317 L, 1906: 2 191 703 
engl. Zentner im Werte vom 6 605 053 L. 
Schon aus dem Vergleiche dieser Ziffern ist 
zu entnehmen, daß 1908 der Verbrauch an 
Rohbaumwolle in den britischen Spinnereien 
wesentlich geringer gewesen sein muß als 1907. 
In der Tat stellen sich die Verbrauchsziffern, die 
unter Mitberücksichtigung der am Anfang und 
am Ende des Jahres in den Häfen und in den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.