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nach allen Richtungen. Ein Teil sitzt jetzt noch
in der Nähe der englischen Polizeistation Lihu-
titu; die auf deutschem Gebiet Lebenden wohnen
fast ausnahmslos bei Windhuk.
So blieben als einziger Stumm die Franz-=
mann-Hottentotten bestehen. Sie waren die
unumschränkten Beherrscher der deutschen und zum
Teil auch der englischen Kalahari gewesen.
Frangois erwähnt z. B. Gartenanlagen von
Copperleuten in Gani, etwa 100 km östlich der
deutsch-englischen Grenze.
Abgesehen von diesen Hottentottenstämmen,
hausten Buschleute, damals noch unabhängig,
in der Kalahari und Bergdamara, im ganzen
Lande verstreut. Diese waren von den Hotten-
totten unterworfen und wohnten in großen Werften
den ganzen Auob entlang. Schon vor längerer
Zeit scheinen sich Franzmann-Hottentotten mit
Bergdamara vermischt zu haben. Wenigstens
finden sich in der Copperwerft auffallend viele
außergewöhnlich dunkle Hottentotten, die zum
Teil ihre Kaffernabstammung auch im Gesicht
verraten.
Ahnlich liegt die Sache bei den Buschleuten,
die, im Gegensatz zu den anderen hellen Busch-
leuten, dunkel, manchmal sogar schwarz sind.
Die Hottentotten leugnen allerdings diese Ver-
mischung und behaupten, es habe stets helle,
gelbe und dunkle Hottentotten und Buschleute
gegeben. Man muß aber in Erwägung ziehen,
daß die Hottentotten ein ausgeprägtes Selbst-
bewußtsein haben, daher eine Vermischung mit
anderen Rassen als Erniedrigung betrachten und
diese infolgedessen nicht zugeben.
Als Copper nach den entscheidenden Schlägen
bei Haruchas, Gochas, Zwartfontein — Januar
1905 — gezwungen wurde, sich in die Kalahari
zurückzuziehen, befahl er den Buschleuten, zu ihm
zu kommen. Durch Abschießen einiger Wider-
spenstigen gab er diesem Befehle besonderen
Nachdruck. Seit diesen Tagen, besonders aber
seit der Niederzwingung der Witboois, bildet die
Copperwerft einen Sammelplatz für alles mögliche
Gesindel. Die Copperwerft ist ein Zentrum sämt-
licher Versprengten und Verbrecher geworden.
So findet man jetzt dort viele Witboois, Berg-
damara, Buschleute und einzelne Hereros. Der
herrschende Stamm sind natürlich die Franzmann-
Hottentotten, und diese wiederum sind ein willen-
loses Werkzeug in der Hand ihres Kapitäns.
Sowohl dadurch, daß Copper von Ingend auf
Kapitän ist, als auch durch seine Energie und
Grausamkeit ist er ein Autokrat, gegen dessen
Willen niemand den geringsten Widerspruch wagt.
Hier findet man den krassesten Typ des absoluten
Regiments verkörpert.
Die Franzmann-Hottentotten.
Simon Copper ist ein Hottentott mit echtem
Malayenausdruck. Er gibt sein Alter auf Ende
der Sechziger an, was sein graues, zum Teil fast
weißes Bart= und Kopfhaar glaubhaft erscheinen
läßt. Um seinen nur aus Haut und Knochen
bestehenden, einem Gerippe ähnelnden Körper
von Mittelgröße schlendern die viel zu weiten
Kleider. Sein Hut hat die Form eines Tropen-
helmes und ist vollkommen in gelbes Tuch, das
Abzeichen des Franzmann-Hottentotten, eingenäht.
Dieser Hut beschattet die fast stets zusammen-
gekniffenen grauen Schlitzaugen und das runzlige
Gesicht, das den Stempel der Gemeinheit, des
Mißtrauens und der Hinterlist trägt.
Erwartet der Kapitän Besuch, so gibt er seiner
Würde durch Umhängen eines Fernglases, Um-
schnallen einer ungeheuren Pistole und durch eine
möglichst majestätische Pose Ausdruck.
Die Folge eines immer schlechten Gewissens
ist sein stetes Mißtrauen. Nie wird es gelingen,
auf friedlichem Wege etwas bei ihm zu erreichen.
Um seine eigene Person zu retten, gibt er gern
und ohne Zaudern seinen ganzen Stamm preis
und läßt diesen bis zur letzten Patrone fechten,
wenn er nicht seiner eigenen Bequemlichkeit halber
ein Abkommen mit unseren Nachbarn trifft.
Coppers Familie ist klein. Seine erste Frau#
schenkte ihm eine Tochter, die bei der Flucht von
Zwartfontein nach Nanib infolge der An-
strengungen starb.
Sein einziger legitimer Bruder starb in Gochas
schon vor Ausbruch des Aufstandes. Er hinter-
ließ zwei Kinder: einen Sohn, Simon, den vor-
aussichtlichen „Thronerben“, und eine Tochter,
die an Aaron Cotze verheiratet ist. Noch ein
Neffe des Kapitäns befindet sich in der Werft:
Lukas Gertze, auf Nama Heigarib, der Sohn von
Coppers Schwester.
Die beiden Unterkapitäne Coppers sind tot.
Der eine fiel bei Lidfontein, der andere bei Nanib.
Neue sind nicht ernannt.
Die Ratsstellen sind folgendermaßen verteilt:
Zwei Korporale: Abraham Ganehab und
Lukas Hosan, auch Feldkornett genannt.
Der dritte Korporal, Eleasa Kausmab, fiel
bei Seatsub.
Drei Auderlinge (Kirchenälteste): Dirk Lietz,
der Bergdamara Jonas und Cornelius
Dickkopf, auf Nama „Nanjéb“.
Drei Magistrate: Hans Ried, aus Nama
„Nowasib“, Isaak Ried und Petrus Kartze.
Letzterer befindet sich jedoch nicht bei Copper,
weil er sich mit ihm verzankt hat.
Weitere Eingeborene sind am Schlusse auf-
geführt.