Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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nach allen Richtungen. Ein Teil sitzt jetzt noch 
in der Nähe der englischen Polizeistation Lihu- 
titu; die auf deutschem Gebiet Lebenden wohnen 
fast ausnahmslos bei Windhuk. 
So blieben als einziger Stumm die Franz-= 
mann-Hottentotten bestehen. Sie waren die 
unumschränkten Beherrscher der deutschen und zum 
Teil auch der englischen Kalahari gewesen. 
Frangois erwähnt z. B. Gartenanlagen von 
Copperleuten in Gani, etwa 100 km östlich der 
deutsch-englischen Grenze. 
Abgesehen von diesen Hottentottenstämmen, 
hausten Buschleute, damals noch unabhängig, 
in der Kalahari und Bergdamara, im ganzen 
Lande verstreut. Diese waren von den Hotten- 
totten unterworfen und wohnten in großen Werften 
den ganzen Auob entlang. Schon vor längerer 
Zeit scheinen sich Franzmann-Hottentotten mit 
Bergdamara vermischt zu haben. Wenigstens 
finden sich in der Copperwerft auffallend viele 
außergewöhnlich dunkle Hottentotten, die zum 
Teil ihre Kaffernabstammung auch im Gesicht 
verraten. 
Ahnlich liegt die Sache bei den Buschleuten, 
die, im Gegensatz zu den anderen hellen Busch- 
leuten, dunkel, manchmal sogar schwarz sind. 
Die Hottentotten leugnen allerdings diese Ver- 
mischung und behaupten, es habe stets helle, 
gelbe und dunkle Hottentotten und Buschleute 
gegeben. Man muß aber in Erwägung ziehen, 
daß die Hottentotten ein ausgeprägtes Selbst- 
bewußtsein haben, daher eine Vermischung mit 
anderen Rassen als Erniedrigung betrachten und 
diese infolgedessen nicht zugeben. 
Als Copper nach den entscheidenden Schlägen 
bei Haruchas, Gochas, Zwartfontein — Januar 
1905 — gezwungen wurde, sich in die Kalahari 
zurückzuziehen, befahl er den Buschleuten, zu ihm 
zu kommen. Durch Abschießen einiger Wider- 
spenstigen gab er diesem Befehle besonderen 
Nachdruck. Seit diesen Tagen, besonders aber 
seit der Niederzwingung der Witboois, bildet die 
Copperwerft einen Sammelplatz für alles mögliche 
Gesindel. Die Copperwerft ist ein Zentrum sämt- 
licher Versprengten und Verbrecher geworden. 
So findet man jetzt dort viele Witboois, Berg- 
damara, Buschleute und einzelne Hereros. Der 
herrschende Stamm sind natürlich die Franzmann- 
Hottentotten, und diese wiederum sind ein willen- 
loses Werkzeug in der Hand ihres Kapitäns. 
Sowohl dadurch, daß Copper von Ingend auf 
Kapitän ist, als auch durch seine Energie und 
Grausamkeit ist er ein Autokrat, gegen dessen 
Willen niemand den geringsten Widerspruch wagt. 
Hier findet man den krassesten Typ des absoluten 
Regiments verkörpert. 
  
Die Franzmann-Hottentotten. 
Simon Copper ist ein Hottentott mit echtem 
Malayenausdruck. Er gibt sein Alter auf Ende 
der Sechziger an, was sein graues, zum Teil fast 
weißes Bart= und Kopfhaar glaubhaft erscheinen 
läßt. Um seinen nur aus Haut und Knochen 
bestehenden, einem Gerippe ähnelnden Körper 
von Mittelgröße schlendern die viel zu weiten 
Kleider. Sein Hut hat die Form eines Tropen- 
helmes und ist vollkommen in gelbes Tuch, das 
Abzeichen des Franzmann-Hottentotten, eingenäht. 
Dieser Hut beschattet die fast stets zusammen- 
gekniffenen grauen Schlitzaugen und das runzlige 
Gesicht, das den Stempel der Gemeinheit, des 
Mißtrauens und der Hinterlist trägt. 
Erwartet der Kapitän Besuch, so gibt er seiner 
Würde durch Umhängen eines Fernglases, Um- 
schnallen einer ungeheuren Pistole und durch eine 
möglichst majestätische Pose Ausdruck. 
Die Folge eines immer schlechten Gewissens 
ist sein stetes Mißtrauen. Nie wird es gelingen, 
auf friedlichem Wege etwas bei ihm zu erreichen. 
Um seine eigene Person zu retten, gibt er gern 
und ohne Zaudern seinen ganzen Stamm preis 
und läßt diesen bis zur letzten Patrone fechten, 
wenn er nicht seiner eigenen Bequemlichkeit halber 
ein Abkommen mit unseren Nachbarn trifft. 
Coppers Familie ist klein. Seine erste Frau# 
schenkte ihm eine Tochter, die bei der Flucht von 
Zwartfontein nach Nanib infolge der An- 
strengungen starb. 
Sein einziger legitimer Bruder starb in Gochas 
schon vor Ausbruch des Aufstandes. Er hinter- 
ließ zwei Kinder: einen Sohn, Simon, den vor- 
aussichtlichen „Thronerben“, und eine Tochter, 
die an Aaron Cotze verheiratet ist. Noch ein 
Neffe des Kapitäns befindet sich in der Werft: 
Lukas Gertze, auf Nama Heigarib, der Sohn von 
Coppers Schwester. 
Die beiden Unterkapitäne Coppers sind tot. 
Der eine fiel bei Lidfontein, der andere bei Nanib. 
Neue sind nicht ernannt. 
Die Ratsstellen sind folgendermaßen verteilt: 
Zwei Korporale: Abraham Ganehab und 
Lukas Hosan, auch Feldkornett genannt. 
Der dritte Korporal, Eleasa Kausmab, fiel 
bei Seatsub. 
Drei Auderlinge (Kirchenälteste): Dirk Lietz, 
der Bergdamara Jonas und Cornelius 
Dickkopf, auf Nama „Nanjéb“. 
Drei Magistrate: Hans Ried, aus Nama 
„Nowasib“, Isaak Ried und Petrus Kartze. 
Letzterer befindet sich jedoch nicht bei Copper, 
weil er sich mit ihm verzankt hat. 
Weitere Eingeborene sind am Schlusse auf- 
geführt.
	        
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