Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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fassenden Ausblick nach Süden gewährt, einen 
förmlichen Wachdienst eingerichtet, um den „See- 
stern“ rechtzeitig zu erspähen. Es traf sich des- 
halb günstig, daß wir von Norden her gekommen 
waren, und wir konnten hoffen, durch ein Vor- 
dringen von Norden her die Gegner zu über- 
raschen und so einen vollen Erfolg zu erzielen. 
Abends 7 Uhr brach ich in Begleitung Kominis 
und des ersten Offiziers des „Seestern“, Pagen- 
stecher, des Polizeimeisters Peters und der Polizei- 
soldaten in einem Kutter des „Seestern“ und zwei 
von den Ponam-Leuten gecharterten Kanus von 
Ponam aus nach der Ndrauo gegenüberliegenden 
Nordküste der Hauptinsel auf. 
Die Fahrt sollte nach Angaben Kominis nur 
vier bis fünf Stunden dauern; Führer wollte 
Komini von der Insel Pitelu besorgen, so daß 
wir hoffen konnten, noch in der Nacht das Dorf 
Ndrauo zu erreichen. Widrige Winde und eine 
starke Gegenströmung bewirkten jedoch, daß wir 
erst nach mehr als elfstündiger Fahrt bei Tages- 
anbruch das Festland erreichten. Unsere Absicht, 
das Dorf im Schlafe zu überraschen, wurde schon 
dadurch vereitelt; außerdem hatte Komini Schwierig- 
keiten im Auffinden von Führern, wir mußten 
deshalb den weiteren Vormarsch auf den nächsten 
Tag verschieben. Wir fuhren nach der Insel 
Piteln hinüber, wo zu Ehren eines verstorbenen 
Häuptlings ein großes Tanzfest stattfand, zu welchem 
sich eine große Anzahl Eingeborener der benach- 
barten Inseln eingefunden hatten. Darunter 
befand sich auch der bekannte Häuptling Pominis 
von Papitelai, der nach einem Streite mit dem 
zweiten Häuptling von Papitelai diesen Platz ver- 
lassen und sich mit einigen Getreuen nach Maka- 
renge (Los Negros) zurückgezogen hatte. 
In der Nacht brachen wir von Pitelu auf, 
setzten in eineinhalbstündiger Fahrt in mehreren 
Kanus nach dem Festlande über und traten um 
½3 Uhr morgens in Begleitung von drei Führern 
und etwa zwanzig mit Obsidianspeeren und Beilen 
bewaffneten Pitelu-Leuten den Landmarsch an. 
Der Weg führte direkt von der Küste aus in 
einen Bach hinein, ging in dem Bache, der bald 
wasserfallartig über schlüpfriges Gestein stürzte, 
eine Zeitlang weiter und führte dann ständig 
durch Busch, häufig Bäche durchquerend oder in 
Wasserläufen weiterführend. Der Marsch gestaltete 
sich bei der herrschenden Dunkelheit sehr be- 
schwerlich, auch machte sich bei den Soldaten, die 
die letzten beiden Nächte in den Kanus zugebracht 
hatten, eine gewisse Müdigkeit bemerkbar. Es 
wurde deshalb gegen 9 Uhr morgens, bis wir 
in die Nähe des Dorfes kamen. Als wir aus 
dem Busch, durch welchen der Weg bis jetzt ge- 
führt hatte, in eine neu angelegte Taropflanzung 
kamen, sahen wir zahlreiche Männer und Weiber 
  
in der Pflanzung arbeiten. Es wäre ein leichtes 
gewesen, die Leute, welche von unserem Heran- 
nahen offenbar keine Ahnung hatten, zu um- 
zingeln und gefangen zu nehmen, wenn nicht der 
Ubereifer eines Schwarzen, der, als er sich von 
den Eingeborenen bemerkt glaubte, einen Schuß 
abgab und dadurch die Leute zur eiligen Flucht 
veranlaßte, alles vereitelt hätte. Die sofort nach 
verschiedenen Richtungen einsetzende Verfolgung 
wurde durch einen die Pflanzung in mehreren 
Windungen durchziehenden Bach sehr erschwert 
und blieb erfolglos. 
Das Dorf selbst, das auf einem Hügel lag, 
war nicht sichtbar, die Führer, die schon vorher 
unsicher geworden waren, schienen den zum Dorfe 
führenden Pfad nicht zu kennen und fanden ihn 
erst nach verschiedenem Hin= und Herirren. Im 
Dorfe wurde niemand angetroffen. Wir mußten 
uns damit begnügen, das aus 15 Hütten be- 
stehende Dorf abzubrennen, die wenigen Betel- 
und Kokospalmen abzuhauen und die Schweine, 
die in ziemlicher Anzahl in der Nähe des Dorfes 
herumliefen, abzuschießen. Diese Bestrafung er- 
scheint mit Rücksicht darauf, daß der Angriff auf 
Komini kein Blutvergießen gekostet hatte, als ge- 
nügend und wohl durch die Raschheit des Ein- 
greifens auch geeignet, eine nachhaltige Wirkung 
zu erzielen. 
Die dem schwarzen Begleiter Kominis seinerzeit 
abgenommene Patrontasche wurde nebst den Pa- 
tronen in einem von einem fliehenden Weibe 
weggeworfenen Tragsacke gefunden. Die Browning- 
pistole war rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden: 
ihr Besitzer, vermutlich Jao, gab, während wir 
im Dorfe Rast machten, einen Schuß aus der- 
solben auf das Lager ab, der aber nicht raf. 
Der Schütze wurde sofort verfolgt und nach An- 
gabe der Soldaten auch angeschossen, jedoch wurde 
trotz sorgfältigen Suchens keine Spur von ihm 
gefunden. 
Um 2 Uhr nachmittags brachen wir von 
Ndrauo auf, und zwar marschierten wir, da die 
Nordküste der Insel ungefähr sechs Stunden, die 
Südküste dagegen nur etwa eine Stunde entfernt 
war, nach der letzteren, gegen Loniu zu. Der 
nach der Südküste führende Weg war von den 
Ndrauo-Leuten durch Umhauen des Busches ver- 
barrikadiert und nur schwer zu passieren. Außer- 
dem waren Löcher gegraben, in welche spitze 
Bambusstöcke gesteckt waren. Ein Eingeborener 
fiel in ein solches Loch und verletzte sich am Fuß. 
Weiterhin führte der Weg durch Sagobestände 
und übelriechende, stellenweise bis an die Kniee 
reichende Mangrovensümpfe in etwa einer Stunde 
zur Küste gegenüber Potomo (Bird-Jsland. 
Unsere Hoffnung, dort genügende Kanus auftreiben 
zu können, auf welchen wir durch den Kreek, der
	        
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