Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

58653 20 
Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
Oeutsch-Ostafrika. 
Die 3entralbahn.“) 
Nach einer telegraphischen Meldung aus Dares- 
salam hat die Gleisspitze der Ostafrikanischen 
Zentralbahn Kilometer 183 hinter Morogoro 
erreicht. 
Die Dest im Bezirk Kondoa-lrangi. 
Aus Berichten des Oberarztes Dr. Weck. 
Ende Oktober traf ich von Kilimatinde in 
Eilmärschen in Kondoa-Irangi, wenige Tage 
darauf in dem pestverdächtigen Gebiet, der Land- 
schaft Goima, ein. Von dem Jumben Damas, 
einem etwa 45 jährigen, sehr intelligenten und 
verständigen Manne, konnte ich folgendes in Er- 
fahrung bringen: In seiner Jugend, also vor 
25 bis 30 Jahren, sei die gleiche Krankheit schon 
einmal aufgetreten und viele Leute seien ge- 
siorben, einige jedoch geheilt worden. (Bisher konnte 
ich von den Geheilten noch keinen ermitteln.) 
Nach Damas“' Beschreibung sind damals nur 
Bubonenerkrankungen vorgekommen. Auch die 
Ratten sollen in jener Zeit krepiert sein. 
Im September 1909 waren — ohne erkenn- 
bare Ursache — die Ratten in den Temben massen- 
weise gestorben und nach etwa vierzehn Tagen 
die ersten Todesfälle bei Menschen aufgetreten, 
die mit einer Ausnahme auf die Gegend lokali- 
siert blieben. Eine Einschleppung der Krankheit 
durch Fremde, Träger usw. wird in Abrede ge- 
stellt, zumal die dicht bei Damas vorbeiführende 
alte Karawanenstraße nicht mehr begangen wird. 
Der erste Todesfall betraf eine Frau, in deren 
Hüne vorher Ratten eingegangen waren. Ihr 
Sohn hatte einige Tage vor ihrem Tode erzählt, 
in der Tembe sei heftiger Gestank von krepierten 
Ranen. Dann starb das Kind eines Mannes, 
der sich an der Beerdigung der Frau beteiligt 
hatue. Dann das Kind eines anderen, welcher 
das tote Kind besichtigt hatte. Das letztgestorbene 
sKind (Halsbubo) wurde von einem Manne 
namens Bokho seziert, das benutzte Messer in den 
Busch geworfen. Dann starb die in der Nähe 
wohnende Frau des Toa Ali, dann ein entfernter 
wohnender Mann Sorolo, dann dessen Verwandter 
Meda und ein etwa eine Stunde entfernt wohnen- 
der Mann (bisher ohne erkennbaren Zusammen- 
hang mit den übrigen Todesfällen). Nach dem 
) Agl. „D. Kol. Bl.“ 1909, Nr. 24, S. 1143. 
  
letzten Todesfalle (Meda), am 5. Oktober 1909, 
sind nach Ermittlungen des Sanitätsfeldwebels 
Oberhoffer bis zum 22. keine Erkrankungen und 
Todesfälle mehr vorgekommen; Ratten sind noch 
krepiert. · 
Am 25. Oktober wurde eine krepierte Haus- 
ratte eingeliefert, deren Sektion hämonragischen 
Leistenbubo, vergrößerte dunkelrote Milz und ent- 
zündete Nackendrüsen ergab. In den mit Me- 
thylenblau gefärbten Organ= und Drüsenausstrichen 
fanden sich im mikroskopischen Bilde zahlreiche 
bipolar gefärbte plumpe Stäbchen, welche das 
typische Bild der Pestbazillen boten, wodurch die 
Annahme, daß es sich um Pest handeln könne, 
wahrscheinlich wuirde. Mit den Organen dieser 
Ratte wurden weitere Tierversuche zur Sicherung 
der Diagnose vorgenommen. 
Am 26. Oktober wurde eine aus derselben 
Hütte wie die krepierte Ratte stammende Frau 
erkrankt gemeldet. Obgleich verdächtige Symptome, 
hohes Fieber, unregelmäßiger Puls, taumelnder 
Gang und Benommenheit, vorhanden waren, 
ließ sich zunächst eine sichere Diagnose nicht stellen, 
da die mikroskopische Untersuchung negativ aus- 
fiel. Tags darauf hatte sich in der rechten Ellen- 
beuge ein taubeneigroßer, sehr schmerzhafter Bubo 
entwickelt. In der Punktionsflüssigkeit (von blutig- 
seröser Beschaffenheit) ließen sich mikroskopisch 
massenhaft bipolar gefärbte plumpe Stäbchen 
(Gram negativ) feststellen, wodurch die Diagnose 
Bubonenpest gesichert ist. Am 30. starb die 
Kranke an hinzugetretener Pestpneumonie. 
Die Seuche scheint nach den bisherigen Er- 
mittlungen auf die Landschaft Goima beschränkt 
zu sein, der eigentliche Herd bei Damas zu 
liegen. Menschenerkrankungen außerhalb dieses 
Gebietes sind nicht ermittelt worden, kranke Ratten 
wurden nur in den Hütten bei Damas und in 
der Richtung nach Tutara zu gefunden; auf 
diese Gegend richte ich mein besonderes Augen- 
merk. Leider sind die Leute nicht sehr eifrig bei 
der Rattenjagd, doch wird jetzt von den Ratten- 
posten aus die Vernichtung energisch betrieben. 
Zur Bekämpfung der Seuche habe ich im 
Einverständnis mit der Kaiserlichen Bezirksneben- 
stelle und unter vollkommener Zustimmung des 
Jumben Damas folgende Maßnahmen in Aus- 
sicht genommen: 
Sämtliche im Bereiche der Landschaft Goima 
gelegenen Hütten werden niedergebrannt und durch 
neue an anderer Stelle ersetzt. Dies geschieht 
durch eine von den Eingeborenen gebildete Ar- 
beitertruppe. Von der Peripherie her wird die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.