Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

W 978 20 
uns immer noch Sorge.“ Man kann sich des 
Gedankens noch nicht entschlagen, daß diese beiden 
eines Tages zurückkehren, die Herrschaft an sich 
reißen und den augenublicklichen Regenten ver- 
treiben. Wir gaben die Versicherung, daß die 
Regierung schon dafür sorgen werde, daß jenen 
eine Rückkehr nach Ondonga unmöglich gemacht 
werde, und sie dieser Sache wegen ohne Sorge 
sein könnten. 
Kambonde mag vielleicht zwanzig Jahre alt 
sein. Den Nutzen einer guten Schulbildung hat 
er längst erkannt und es im Lesen und Schreiben 
zu einer großen Fertigkeit gebracht. Alle Ange- 
legenheiten mit den verschiedenen Stationen im 
Lande erledigt er brieflich. Größeren Verkehr 
scheint er nicht zu lieben. In seinem Gehöft 
trifft man ihn meist nur in Gegenwart eines 
seiner Diener. Auch auf den verschiedenen Touren 
im Stammesgebiete ist er meist nur von einem 
Mann begleitet. Die Freigebigkeit scheint nicht 
zu seinen Tugenden zu gehören. Die in seinem 
Gehöft lebenden Menschen erhalten nur den aller- 
nötigsten Proviant, oft müssen sie auch tagelang 
hungern. Aus diesem Grunde sind in letzter Zeit 
viele seiner Frauen entlaufen, die er aber aus 
den verschiedenen Stammesgebieten, wo sie sich 
versteckt hielten, wieder zurückholen ließ. 
Kambondes jüngerer Bruder, also der nächste 
Tronfolger in Ondonga, ist in jeder Beziehung 
das gerade Gegenteil von seinem Bruder. Ist er 
auch im Anfang gegen Fremde scheu und zurück- 
haltend, so zeigt er sich doch bald bei näherer 
Bekanntschaft als äußerst freundlich und zuvor- 
kommend. Auch er hat den Nutzen einer guten 
Schulbildung erkannt. Augenblicklich ist er noch 
ein fleißiger Besucher der Schule, zugleich ein 
großer Freund der Mission und der eingeborenen 
Christen. Beim Volk erfreut er sich großer Be- 
liebtheit. Bis heute hält er sich noch im Gehöft 
seiner Mutter auf, doch wird er in nächster Zeit 
seine eigene Werft erhalten, und dürfte dadurch 
auch größeren Einfluß auf die ganze Verwaltung 
des Landes gewinnen. 
Der ganze Verwaltungsapparat ist höchst ein- 
fach. An der Spitze des Landes steht der Häupt- 
ling (Omukuanilua), umgeben von dem Stabe 
seiner Großleute, mit deren Hilfe er das Land 
regiert. Das ganze Stammesgebiet ist in Bezirke 
eingeteilt, welche von den Bezirksvorstehern ver- 
waltet werden. Die verschiedenen Bezirke vergibt 
der Häuptling, welchem ein ziemlich hoher Kauf- 
preis dafür zu entrichten ist. In den meisten 
Fällen verfügt er auch über die einzelnen Gärten, 
für welche ebenfalls bezahlt werden muß. Als 
Kaufpreis kommt meistens nur Vieh in Betracht, 
neuerdings auch bares Geld. Grund und Boden 
des ganzen Stammesgebiets ist Eigentum des 
  
Häuptlings. Er ist auch die letzte Instanz bei 
jeder Art von Rechtsprechung. » 
Die Einwohnerzahl von Ondonga scheint bisher 
unterschätzt zu sein. Eine genaue Zählung der 
Stammesbevölkerung dürfte nicht so einfach sein; 
vielleicht ließe sie sich auf folgende Weise ermög- 
lichen: Ein dort stationierter Beamter, der natür- 
lich die Landessprache kennen müßte, hätte sich 
zunächst einen Uberblick über die verschiedenen 
Bezirke des Landes zu verschaffen. Nachdem 
dieses geschehen, müßte er nähere Fühlung mit 
den einzelnen Bezirksvorstehern suchen, um dann 
von diesen die Zahl der in jedem Bezirk gelegenen 
Gehöfte und der darin lebenden Menschen zu 
erhalten. Auf diese Weise wäre vielleicht eine 
ungefähre Feststellung der Einwohnerzahl möglich. 
Die im Amboland vor einiger Zeit herrschende 
Viehseuche, von den Eingeborenen „Okawenjo“ 
genannt, kann wohl als erloschen betrachtet werden. 
Als wir in Ukuanjama bei dem Höäuptling 
Mandume ankamen, traute ich kaum meinen 
Augen. War Mandume früher ein Bild aus- 
gesuchter Häßlichkeit, so ist er jetzt eine wirklich 
imponierende Erscheinung geworden. Er meinte, 
ich sei sehr lange weggewesen und werde doch 
hoffentlich jetzt wieder bei ihm bleiben. Über die 
Grüße des Großen Omuhona in Windhrk schien 
er sich sehr zu freuen. „Ja,“ sagte er, „ich will 
sein Freund sein und bleiben. Ich habe ihm doch 
auch damals, gleich als Nande starb, Botschaft 
gesandt, daß ich wie jener ein Freund der 
Deutschen sein werde."“ 
Was die Art und Weise der Regierung Man- 
dumes betrifft, so scheint für Ukuanjama in mancher 
Beziehung eine andere Zeit angebrochen zu sein. 
Er fühlt sich ganz als Ohamba (Häuptling) und 
will nun auch als solcher regieren. Räubereien 
jedweder Art sind streng untersagt. Kein Schuß 
darf im Lande fallen, und wenn es doch einmal, 
auch aus Versehen geschieht, muß der Betreffende 
Buße zahlen. Eines Tages gab ein Mann aus 
einem eben reparierten Gewehr, jedenfalls um 
dies zu erproben, zwei Schüsse ab. Es kostete 
ihm dies eine Kuh mit Kalb. Einer der im Lande 
lebenden Missionare tötete ein zum Schlachten 
bestimmtes Schwein durch einen Schuß. Sofort 
erschienen Mandumes Leute. Als man erfuhr, 
daß der Missionar persönlich den Schuß abgegeben 
habe, wurde auf die übliche Bezahlung verzichtet. 
In jedem Stamm des Ambolandes spielt 
neben dem regierenden Häuptling auch dessen 
Mutter eine große Rolle. Wir haben es darum 
nicht versäumt, auch in Ukuanjama diese aufzu- 
suchen. Mandumes Mutter Ndapona empfing 
uns freundlich. War sie anfangs auch sehr scheu 
und wortkarg, so schwand doch bald, besonders 
als wir ihr die mitgebrachten Geschenke über-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.