Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

G 124 
Deutsch-MNeugulnea. 
Von der deutsch-holländischen Grenzexpebition.“) 
Der Führer der deutschen Abteilung der Neu- 
guinea-Grenzexpedition, Professor Dr. Leonhard 
Schultzee, berichtet unter dem 25. Dezember v. Js. 
von Rabaul aus über den Verlauf des zweiten 
Abschnitts der Grenzarbeiten folgendermaßen: 
Vorbereitungen. 
Am Abend des 8. September verließen wir 
das endgültig geräumte Lager an der Tami- 
Mündung. Während der Heilgehilfe Wocke mit 
den entbehrlichen Mannschaften und Expeditions- 
Gütern an Bord der „Manila“ (Norddeutscher 
Lloyd) zur Heimfahrt nach Rabaul ging, wurden 
gemeinsam mit der vollzähligen holländischen Ex- 
pedition die zur Sepik-Fahrt (Eingeborenen- 
name des Kaiserin Augusta-Flusses) bestimmten 
deutschen Mannschaften mit allem Ausrüstungs- 
Zubehör auf dem holländischen Kreuzer „Edi“ 
und den Regierungsdampfern „Java“ und 
„Pelikan“ eingeschifft. Zwei kleinere Fahrzeuge 
„Pionier“ und „Grenzjager“ wurden in Schlepptau 
genommen. 
Schon die vorbereitenden Besprechungen mit 
dem holländischen Führer hatten zu der Üüber- 
zeugung geführt, daß ein gedeihliches Zusammen- 
wirken der beiderseitigen Expeditionen nur gewähr- 
leistet sein würde, wenn Ausrüstung und farbige 
Menschenkräfte auf beiden Seiten in gleicher Stärke 
und Güte zur Verwendung kämen. Wir waren 
klar darüber, daß die Hauptmasse der bisher 
verwandten Mannschaften (Kettensträflinge auf 
holländischer, aus allen Teilen des Schutzgebiets 
zusammengewürfelte Papua und Melanesier auf 
unserer Seite) den Anforderungen einer schwierigen 
Stromfahrt nach keiner Richtung gewachsen sein 
würden. Denn ich rechnete von vornherein mit 
der Notwendigkeit, die Dampfboote bald verlassen 
zu müssen, um rudernd im Kanu dem Strom im 
Oberlauf zu folgen. Unsere Schwarzen, durch die 
Strapazen und Krankheiten der vorangegangenen 
Expeditionsarbeiten stark geschwächt und durch 
einen Nachschub unerfahrener, für eine längere 
Expedition zum größten Teil überhaupt unbrauch- 
barer Jungens nur minderwertig ergänzt, konnten 
unter solchen Umständen, wie ich sie für eine Ge- 
birgsfahrt im oberen Augustastrom in Rechnung 
zog und dann auch verwirklicht fand, als Ruderer 
nicht in Betracht kommen. Dazu bedurfte es 
vielmehr Eingeborener, die von Haus aus Fluß- 
menschen sind und bedurfte es Fahrzeuge, die für 
Untiefen auf hartem Grund und für reißende 
Gewässer gebaut waren. Mit unseren Booten, 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1910, S. 770, 886 f. und 992f. 
  
2D 
speziell dem sogenannten Flußboote, wären wir 
nach den Erfahrungen auf dem Tami nicht weit 
gekommen. Die Verwendung der Dajaks aus 
Zentralborneo wurde jetzt zur unabweislichen 
Notwendigkeit. Ich ließ also durch denselben 
Offizier, der die Anwerbungen für die holländische 
Abteilung vornahm, 30 Dajaks und weiterhin 
13 Ternataner zur Ergänzung der Bootsausrüstung 
anwerben. Mit der Möglichkeit rechnend, daß 
der Strom auch für die drei Dajakboote frühzeitig 
unbefahrbar werden und uns damit zu größeren 
Landmärschen zwingen könnte, nahm ich noch 
30 Lastträger mit; 30 Soldaten bildeten die Be- 
deckung. 
Auffahrt in das Grenzgebiet. 
Am 10. September fuhren wir mit Sonnen- 
untergang in die Sepik-Mündung ein. Nach zwei 
Tagen (nachts mußte stets geankert werden) und 
drei Stunden Fahrt Strom aufwärts, also am 
Vormittag des 3. September, gebot der niedrige 
Wasserstand der „Edi“, „Java“ und dem 
„Pelikan“ halt. Das geschah in der Nähe des 
Dorfes, das auf dem Kolonial-Atlas als Tscheß- 
bandai verzeichnet ist. Die beiden erstgenannten 
Schiffe fuhren sogleich zurück in See, der „Pelikan“ 
wartete noch einige Tage, um Bescheid über den 
mutmaßlichen Termin unserer Rückkehr, soweit 
wir uns darüber in nächster Zeit ein Urteil bilden 
konnten, mitzunehmen und um Kranke fortzuschaffen, 
die uns in Aussicht standen. 
Es traten nun die beiden kleinen Dampfboote, 
die wir bisher im Schlepptau geführt hatten, in 
Dienst. Mit dem „Pionier“ und dem „Grenz- 
jager“ fuhren beide Expeditionen, ohne Aufenthalt 
in Tscheßbandai zu machen, weiter den Strom 
hinauf. Am 19. September zwang der niedrige 
Wasserstand zunächst den „Pionier“ auf ungefähr 
142° östl. Länge zur Umkehr. Er nahm sech 
Kranke an Bord, um sie in Eitape abzusetzen, 
und trat mit der Nachricht, daß wir, wenn alles 
glatt ginge, vom 20. November ab beim Dorfe 
Tscheßbandai zurückzuerwarten wären, die Rück- 
fahrt an. 
Nachdem wir so gewissermaßen die Brücke 
hinter uns abgebrochen hatten, war es unser Be- 
streben, zunächst soweit als möglich, mit der 
Dampfkraft des kleinen „Grenzjager“ die dicht- 
besetzten Boote wenigstens teilweise — ein anderer 
Teil wurde schon jetzt mit Ruderern bemannt — 
vorwärts zu schleppen. Das erforderte eine 
Teilung der Expedition: der Vortrupp, bestehend 
aus den beiderseitigen Führern, ferner dem Haupt- 
mann Sachse und Dr. Gjellerup auf hollän- 
discher, Leutnant Dalhuisen und Polizeimeister 
Völz auf deutscher Seite, ging mit der Hälfte der 
beiderseitigen Mannschaften sieben Tagereisen wet
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.