Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

W 144 20 
Um die Weiterverbreitung der Seuche von der 
frisch verseuchten Farm aus zu verhindern, werden 
verschiedene Maßnahmen getroffen. Die erste ist 
das Verbot eines jeden Viehtransportes oder Orts- 
wechsels bis zu dem Zeitpunkt, wo alle Aus- 
bruchsherde der Seuche isoliert sind, und das 
Verbot der Ausfuhr von Gras, Heu und Moos 
von der verseuchten Farm. Sobald diese Maß- 
nahmen streng durchgeführt sind, kann der Trans- 
port von Vieh auf seuchenfreiem Gelände wieder 
erlaubt werden. 
Der Viehtransport wird durch gesetzliche Vor- 
schrist eines Erlaubnisscheines geregelt und über- 
wacht. Der Erlaubnisschein muß für jeden ein- 
zelnen Viehtransport ausgestellt werden unter 
Beschreibung jedes Stückes Vieh, Angabe des 
Herkunfts= und Bestimmungsortes sowie unter ge- 
nauer Vorschrift des einzuhaltenden Transport- 
weges. 
Wenn die Seuchenherde isoliert sind und die 
Maßnahmen zur Verhinderung ungesetzlichen Vieh- 
transportes eingeführt sind, ist auf deren strenge 
Durchführung allergrößte Aufmerksamkeit zu ver- 
wenden. Hierfür ist ein wichtiges Hilfsmittel 
das zwangsweise Brennen des Rindviehes. Im 
Transvaal ist ein Drei-Brandsystem eingeführt, 
welches ermöglicht, mit einem Blick festzustelleu, 
aus welchem Distrikt, von welcher Farm und von 
welchem Besitzer ein Rind herkommt. 
Der unerlaubte Transport von Vieh aus 
infizierten Distrikten, ebenso der Versand von Gras, 
Heu, Moos aus diesen muß auf das allerstrengste 
bestraft werden. Im Transvaal hat sich als wirk- 
sames Verhinderungsmittel erst die Einführung 
der drastischen Strafe erwiesen, daß alle abgefaßten 
Rinder rücksichtslos konfisziert und vernichtet 
werden. 
Damit infizierte Farmen nicht eine Quelle der 
Seuchenausbreitung in der Nachbarschaft werden, 
ist es notwendig, daß man sie einzäunt. 
Wie man bei jedem neuen Seuchenherd gegen 
das Ostküstensieber vorgeht, hängt ganz von den 
lokalen Verhältnissen ab. Wenn seuchenfreies 
Weideland vorhanden ist, so muß nach vorherigem 
Abschlachten aller kranken Rinder vor allen ein 
Weidewechsel in der oben geschilderten Art vor- 
genommen werden. Ist aber das ganze Farm- 
gelände verseucht und steht keine seuchenfreie Weide 
zur Verfügung, so gibt es nur zwei gangbare 
Wege. Der erste ist, daß man der Krankheit ihren 
Lauf läßt, bis alles Vieh tot oder immun ist. 
Das wird je nach der Zahl der vorhandenen 
Zecken entweder sehr schnell der Fall sein oder 
länger, ja selbst Jahre lang dauern. Daher ist 
die zweite Methode vom staatlichen Gesichtspunkte 
aus empfehlenswerter, nämlich die Tötung des 
betreffenden Viehbestandes. So wird die Infektion 
  
zahlreicher Zecken und damit die Gefahr der 
weiteren Seuchenverschleppung verhindert. Dieses 
drakonische Mittel wird in manchen Fällen, wenn 
es ordentlich und zur richtigen Zeit durchgeführt 
wird, die besten Ergebnisse zeitigen. Besonders 
wenn die Krankheit in großer Entfernung von 
allen sonstigen Seuchenherden auf einer Farm 
ausbricht, wird man durch schnelles Abschlachten 
des gesamten Viehbestandes die Seuche unterdrücken 
können. Ferner wird das Schlachten aller neu- 
geborenen Kälber in solchen Fällen zur Unter- 
drückung des Ostküstenfiebers notwendig sein, woö 
die Seuche durch eine Gegend durchpassiert ist 
und dann dort jahrelang nicht ganz erlischt. Nur 
diese Kälber verschulden dort das Fortbestehen der 
Seuche, wo die ausgewachsenen Rinder immun 
sind. In einigen Gegenden Transvaals hat diese 
Maßnahme sich bewährt. Man muß sie 15 Mo- 
nate lang durchführen; es empfiehlt sich deshalb 
auch die durchgeseuchten, immunen Bullen zu 
kastrieren. 
Das den Farmern empfohlene Dippen der 
Rinder sollte für ganz Südafrika gesetzlich obliga- 
torisch gemacht werden. Zweifellos würde dann 
nicht bloß das Ostküstensieber aufhören, sondern 
auch alle anderen Viehkrankheiten, welche durch 
Zecken übertragen werden. Man würde dann 
bestimmt zu einem Gesundheitszustand der Rind- 
viehbestände gelangen, der den europäischen Ver- 
hältnissen nicht nachsteht. 
Zwar ist das Dippen im Kampfe gegen das 
schon ausgebrochene Ostküstenfieber nicht die be- 
deutungsvollste Waffe, das Verfahren wirkt zu 
langsam —, aber es würde eine weise Staats- 
politik sein, wenn die Einführung des Dippens 
der Haustiere als Mittel zur Vertilgung der die 
Krankheit übertragenden Zecken in weitestem Um- 
fange ins Auge gefaßt würde, besonders in Ge- 
genden, wo es viele Zecken gibt. 
Aus vorstehenden Ausführungen geht zweifellos 
hervor, daß der Staat und auch die Farmer 
wirksame Mittel an der Hand haben, um das 
Ostküstensieber erfolgreich zu bekämpfen. Der 
Verlauf in Rhodesia und Transvaal hat bewiesemn 
daß die Seuche aufgehalten, ja sogar zum gänzlichen 
Erlöschen gebracht werden kann, wenn die an- 
gegebenen Maßregelnenergisch durchgeführt werden. 
Leider ist es schon schwierig, einem weißen, nicht 
wissenschaftlich vorgebildeten Viehbesitzer, es! 
aber noch viel schwerer, einem Eingeborenen die 
Natur der Krankheit klar zu machen. 
Was würde nun in Südafrika passieren, wenn 
die Bekämpfungsmaßregeln gegen die Seuche ni t 
durchgeführt werden? Wohl der gleiche Zustand 
würde eintreten, wie er in Ostafrika, der Heima 
des Ostküstenfiebers besteht. Hier ist die Seuche 
endemisch geworden. Ein gewisser Prozentsat 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.