Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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Das Verhältnis zwischen Pflanzungsgummi 
und der wilden Ware hat sich im Laufe der letzten 
zwölf Monate verschoben: während die feinsten 
Sorten des ersteren früher teuerer waren als der 
hard fine Para, war es später umgekehrt. Die 
Gründe dafür sind zunächst darin zu suchen, daß 
bei Beginn des Zusammenbruchs des Marktes in 
London die brasilianische Ware, die in wenigen 
Händen ist, der Abwärtsbewegung mehr Wider- 
stand entgegensetzte, als dies dem Pflanzungs- 
gummi möglich war. Dieser hatte zahlreichere 
Besitzer und stellte, der Hauptsache nach, eine 
zum bestmöglichen Verkaufe für Rechnung der 
Hersteller gesandte Ware dar, — nicht eine be- 
reits gekaufte. Ein eigentlicher Einstandswert, 
wie bei Para, war also nicht gegeben. 
Sodann ist zu berücksichtigen, daß die stetig 
wachsenden Zufuhren des angebauten Kautschuks 
seinen seitherigen Seltenheitswert beeinträchtigen. 
Die Folge ist, daß diese Ware in immer weitere 
Kreise dringt und besser bekannt wird. Wie früher 
schon betont, dürfte es im eigensten Vorteile der 
Fabrikanten sein, sich eingehend mit der Pflan- 
zungsware zu beschäftigen, für den Fall, daß die 
brasilianische Regierung in diesen Artikel ebenso 
eingreift, wie sie es bei Kaffee getan hat. 
Zu der Frage des zähen Nervs des Urwald- 
kautschuks, den der Pflanzer bestrebt ist, auch 
seinem Erzeugnis zu geben, ist zu erwähnen, daß 
weitere Fortschritte in Südasien gemacht worden 
sind durch Räuchern, ähnlich dem in Brasilien 
üblichen Verfahren. Das sich hierdurch ergebende 
Smoket Sheet findet vielen Beifall und erzielt 
höhere Preise als das ungeräucherte. Die niedri- 
geren Preise, denen wir entgegengehen, werden 
die Pflanzer zu weiteren Anstrengungen zwingen, 
den Nerv des Pflanzungsgummis zu verbessern. 
Inwieweit das Alter der Bäume hier mitspricht, 
scheint noch nicht sicher ermittelt zu sein. Die 
früheren Mitteilungen hierüber aus Fachkreisen 
haben sich nicht wiederholt. 
Die Hartnäckigkeit, mit der die in England 
wohnenden Besitzer von Pflanzungen an dem alten 
Brauche festhalten, die mit ihrem Gelde erzeugten 
Ernten nach Hause zum Verkaufe kommen zu 
lassen, hat für die europäischen Fabrikanten das 
Gute, daß sie sich ihre Rohware sehr billig ein- 
decken können. Die geringen direkten Bezüge 
aller Länder außer Amerika erklären sich durch 
diesen Umstand. Indessen die hierdurch bedingte 
Verschiedenheit der Märkte wird sich immer mehr 
ausgleichen durch das Anwachsen der Ernten und 
durch die weitere Entwicklung des Colombo- 
Marktes. Auch die niedrigsten seither in London 
für ostasiatischen Pflanzungsgummi erzielten Preise 
waren noch nutzbringend; aber welche Werte uns 
  
die Zukunft bringen wird, mag man aus folgen- 
den Zusammenstellungen erraten. 
Angebaut sind Anfang 1911 laut dem „India 
Rubber Journal“ in: 
Malayische Halbinsel. 400 000 Acres 
Cehboon: 000 
Holl. Indien, Borneo, Südsee. 200 000 
Südindien und Bunmm 5000 = 
Deutsche Kolonen 45 000 
Mexiko, Brasilien, Afrika, Westindien 100 O000 - 
zusammen 9980 000 Acres 
also ungefähr 400 000 Hektar. 
Daß uns große Ernten aus diesen ausgedehn- 
ten Ländereien bevorstehen, ist längst allgemein 
bekannt. Aber man ist jetzt zu der Überzeugung 
gekommen, daß man die Leistungsfähigkeit der 
Hevea brasiliensis in Asien bisher unter- 
schätzt hat. Trotzdem war es überraschend, aus 
einer Rede des Gouverneurs der Malayischen 
Halbinsel, Sir John Anderson, bei einer 
landwirtschaftlichen Ausstellung zu vernehmen, daß 
bis 1916/17 dieses Land alleine 70 000 Tonnen 
Kautschuk von seinen Anpflanzungen liefern werde. 
An Zweiflern und Widersprechern hat es nicht 
gefehlt, auch nicht an Verteidigern. Die Formel, 
daß 5 Acres 1 Tonne Gummi liefern in jenen 
Gebieten, ist von durchaus fachmännischer Seite 
aufgestellt worden, und danach wäre die Schätzung 
des Gouverneurs gerechtfertigt. 
Für Ceylon nimmt man die Ertragsfähigkeit 
einstweilen halb so groß an, nämlich auf 10 Acres 
1 Tonne, und danach stimmt eine vom „Ceylon 
Observer“ (Ferguson) gemachte Berechnung, daß 
diese Insel uns bis 1916/17 etwa 19000 Tonnen 
liefern wird. - 
Eswärennunnoch380000Acrcsfonstauf 
der Welt übrig, über die, mit Ausnahme der 
deutschen Ansiedlungen, uns zahlenmäßige Angaben 
nicht in dem Maße zur Verfügung stehen wie für 
Ceylon und Malaya. 
Von diesen liegen 235 000 Acres in Holl. 
Indien (Sumatra und Java), Borneo, Burma 
und Südindien — und nahezu 200 000 Aeres 
sind darunter mit Hevea bepflanzt —, der Rest 
besteht aus Ficus, Castillog, Manihot usw. Es 
scheint berechtigt, anzunehmen, daß diese 2350000 
Acres im Durchschnitt ebenso gute Ernten liefern 
können wie die 2000000 Aecres in Ceylon, nämlich 
ungefähr 20000 Tonnen. Bleiben noch Anpflan= 
zungen in den deutschen Ansiedlungen, in Mexiko, 
Brasilien, Afrika, Westindien usw. usw. zu berück- 
sichtigen, zusammen 145000 Acres. Hier handelt 
es sich mehr oder weniger um alle bekannten 
Arten von Kautschuk, die teilweise unter anderen 
Witterungsverhältnissen wachsen als die Hevea in 
Südasien, und es ist schwer, auch nur annähernd 
deren Ernten zu schätzen.
	        
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