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Das Verhältnis zwischen Pflanzungsgummi
und der wilden Ware hat sich im Laufe der letzten
zwölf Monate verschoben: während die feinsten
Sorten des ersteren früher teuerer waren als der
hard fine Para, war es später umgekehrt. Die
Gründe dafür sind zunächst darin zu suchen, daß
bei Beginn des Zusammenbruchs des Marktes in
London die brasilianische Ware, die in wenigen
Händen ist, der Abwärtsbewegung mehr Wider-
stand entgegensetzte, als dies dem Pflanzungs-
gummi möglich war. Dieser hatte zahlreichere
Besitzer und stellte, der Hauptsache nach, eine
zum bestmöglichen Verkaufe für Rechnung der
Hersteller gesandte Ware dar, — nicht eine be-
reits gekaufte. Ein eigentlicher Einstandswert,
wie bei Para, war also nicht gegeben.
Sodann ist zu berücksichtigen, daß die stetig
wachsenden Zufuhren des angebauten Kautschuks
seinen seitherigen Seltenheitswert beeinträchtigen.
Die Folge ist, daß diese Ware in immer weitere
Kreise dringt und besser bekannt wird. Wie früher
schon betont, dürfte es im eigensten Vorteile der
Fabrikanten sein, sich eingehend mit der Pflan-
zungsware zu beschäftigen, für den Fall, daß die
brasilianische Regierung in diesen Artikel ebenso
eingreift, wie sie es bei Kaffee getan hat.
Zu der Frage des zähen Nervs des Urwald-
kautschuks, den der Pflanzer bestrebt ist, auch
seinem Erzeugnis zu geben, ist zu erwähnen, daß
weitere Fortschritte in Südasien gemacht worden
sind durch Räuchern, ähnlich dem in Brasilien
üblichen Verfahren. Das sich hierdurch ergebende
Smoket Sheet findet vielen Beifall und erzielt
höhere Preise als das ungeräucherte. Die niedri-
geren Preise, denen wir entgegengehen, werden
die Pflanzer zu weiteren Anstrengungen zwingen,
den Nerv des Pflanzungsgummis zu verbessern.
Inwieweit das Alter der Bäume hier mitspricht,
scheint noch nicht sicher ermittelt zu sein. Die
früheren Mitteilungen hierüber aus Fachkreisen
haben sich nicht wiederholt.
Die Hartnäckigkeit, mit der die in England
wohnenden Besitzer von Pflanzungen an dem alten
Brauche festhalten, die mit ihrem Gelde erzeugten
Ernten nach Hause zum Verkaufe kommen zu
lassen, hat für die europäischen Fabrikanten das
Gute, daß sie sich ihre Rohware sehr billig ein-
decken können. Die geringen direkten Bezüge
aller Länder außer Amerika erklären sich durch
diesen Umstand. Indessen die hierdurch bedingte
Verschiedenheit der Märkte wird sich immer mehr
ausgleichen durch das Anwachsen der Ernten und
durch die weitere Entwicklung des Colombo-
Marktes. Auch die niedrigsten seither in London
für ostasiatischen Pflanzungsgummi erzielten Preise
waren noch nutzbringend; aber welche Werte uns
die Zukunft bringen wird, mag man aus folgen-
den Zusammenstellungen erraten.
Angebaut sind Anfang 1911 laut dem „India
Rubber Journal“ in:
Malayische Halbinsel. 400 000 Acres
Cehboon: 000
Holl. Indien, Borneo, Südsee. 200 000
Südindien und Bunmm 5000 =
Deutsche Kolonen 45 000
Mexiko, Brasilien, Afrika, Westindien 100 O000 -
zusammen 9980 000 Acres
also ungefähr 400 000 Hektar.
Daß uns große Ernten aus diesen ausgedehn-
ten Ländereien bevorstehen, ist längst allgemein
bekannt. Aber man ist jetzt zu der Überzeugung
gekommen, daß man die Leistungsfähigkeit der
Hevea brasiliensis in Asien bisher unter-
schätzt hat. Trotzdem war es überraschend, aus
einer Rede des Gouverneurs der Malayischen
Halbinsel, Sir John Anderson, bei einer
landwirtschaftlichen Ausstellung zu vernehmen, daß
bis 1916/17 dieses Land alleine 70 000 Tonnen
Kautschuk von seinen Anpflanzungen liefern werde.
An Zweiflern und Widersprechern hat es nicht
gefehlt, auch nicht an Verteidigern. Die Formel,
daß 5 Acres 1 Tonne Gummi liefern in jenen
Gebieten, ist von durchaus fachmännischer Seite
aufgestellt worden, und danach wäre die Schätzung
des Gouverneurs gerechtfertigt.
Für Ceylon nimmt man die Ertragsfähigkeit
einstweilen halb so groß an, nämlich auf 10 Acres
1 Tonne, und danach stimmt eine vom „Ceylon
Observer“ (Ferguson) gemachte Berechnung, daß
diese Insel uns bis 1916/17 etwa 19000 Tonnen
liefern wird. -
Eswärennunnoch380000Acrcsfonstauf
der Welt übrig, über die, mit Ausnahme der
deutschen Ansiedlungen, uns zahlenmäßige Angaben
nicht in dem Maße zur Verfügung stehen wie für
Ceylon und Malaya.
Von diesen liegen 235 000 Acres in Holl.
Indien (Sumatra und Java), Borneo, Burma
und Südindien — und nahezu 200 000 Aeres
sind darunter mit Hevea bepflanzt —, der Rest
besteht aus Ficus, Castillog, Manihot usw. Es
scheint berechtigt, anzunehmen, daß diese 2350000
Acres im Durchschnitt ebenso gute Ernten liefern
können wie die 2000000 Aecres in Ceylon, nämlich
ungefähr 20000 Tonnen. Bleiben noch Anpflan=
zungen in den deutschen Ansiedlungen, in Mexiko,
Brasilien, Afrika, Westindien usw. usw. zu berück-
sichtigen, zusammen 145000 Acres. Hier handelt
es sich mehr oder weniger um alle bekannten
Arten von Kautschuk, die teilweise unter anderen
Witterungsverhältnissen wachsen als die Hevea in
Südasien, und es ist schwer, auch nur annähernd
deren Ernten zu schätzen.