Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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lich Aufstellung eines Kostenanschlages für die 
gesamte, etwa 162 km lange Strecke Lome — 
Atakpame und über den Bau der etwa 72 km 
langen Teilstrecke Lome — Game. Für die Auf- 
stellung des Kostenanschlages für die Gesamtstrecke 
waren die beim Bau dieser ersten Teilstrecke ge- 
machten Erfahrungen von wertvoller Bedeutung, 
wenn auch die bei dem früheren Bau der In- 
landbahn gesammelten Erfahrungen und gemachten 
Beobachtungen schon wichtige Anhaltspunkte gaben. 
Dem Abkommen waren ein Vertragsentwurf und 
die Bauvorschriften zugrunde gelegt, die für 
die Aufstellung der Vorarbeiten und für den 
Bau der Bahn maßgebend sein sollten. 
Nach Fertigstellung der Vorarbeiten bzw. Ein- 
reichung des Kostenanschlages für die Gesami- 
strecke im August 1909 seitens der Deutschen 
Kolonial-Eisenbahn-Bau= und Betriebsgesellschaft 
an das Reichs-Kolonialamt waren für den Abschluß 
des die Ausführung der übrigen Baustrecke und 
die Abwicklung der Baukostenfrage regelnden 
Vertrages lange Verhandlungen notwendig. Der 
endgültige Bauvertrag wurde erst unter dem 
6. Februar?. März 1911 von der Deutschen 
Kolonial-Eisenbahn-Bau= und Betriebsgesellschaft 
bzw. vom Kaiserlichen Gonvernement in Togo 
vollzogen. Die dem fröheren Abkommen bei- 
gegebenen Anlagen, Vertragsentwurf und Bau- 
vorschriften, blieben in wenig veränderter Form 
bestehen. Als Fertigstellungstermin der gesamten 
Strecke wurde der 31. März 1911 festgesetzt. 
Die neue Bahnlinie zweigt bei km 2,7 der 
Inlandbahn von dieser ab und folgt von km 6 
ab in südnördlicher Richtung im allgemeinen dem 
Zuge der bestehenden Landstraße Lome —Atak- 
pame. Unter Rücksicht auf die zu erhoffenden 
Massentransporte zur Küste ist seewärts eine 
Höchstneigung von nur 1:100, landwärts eine 
solche von 1:60 zugelassen. Als kleinster 
Krümmungshalbmesser wurde für die freie Strecke 
300 m festgesetzt, unter der Voraussetzung be- 
sonderer Genehmigung jedoch ein solcher bis zu 
150 m zugelassen. 
Als Oberbau wurde der gleiche verwendet, 
wie er auch auf der Inlandbahn Lome—Palime 
vorhanden ist, und zwar eine solcher mit einem 
Schienengewicht von 20 kg/lfd. m und mit einem 
Gesamtgewicht des Oberbaues von 81,8 kg/(fd. m. 
Auf eine Schienenlänge von 10 m kommen 
12 eiserne Querschwellen in der Graden und 13 
in Krümmungen von weniger als 300 m Halb- 
messer. 
Für die Leitung des Baues wurde seitens 
der Deutschen Kolonial-Eisenbahn-Bau-= und 
Betriebsgesellschaft eine Bauleitung eingerichtet, 
deren Sitz in Lome war. it der von seiten 
des Gouvernements auszuübenden Bauaufsicht 
  
war ein Eisenbahn-Kommissar beauftragt, dem 
als Hilfe auf dem Bureau und als örtliche Bau- 
aufsichtsbeamte dauernd mehrere Techniker bei- 
gegeben waren. 
Mit dem eigentlichen Bau wurde im Sep- 
tember 1908 begonnen. Um einen gleichmäßigen 
Fortgang der Arbeiten zu sichern, erklärte sich 
das Gonvernement bereit, der Bauleitung dauernd 
2000 Pflichtarbeiter aus den Bezirken des Hinter- 
landes zur Verfügung zu stellen. Diese Zahl 
wurde zur Ermöglichung größter Beschleunigung 
des Baufortganges regelmäßig weit überschritten. 
Die Pflichtarbeiter wurden in der Hauptsache den 
Nordbezirken Mangu und Sokode, in geringerer 
Anzahl dem Bezirke Atakpame entzogen. Die 
Südbezirke wurden zur Stellung von Pflicht- 
arbeitern nicht herangezogen, weil einerseits eine 
rege freiwillige Beteiligung ihrer Bewohner beim 
Bahnbau zu erwarten war, anderseits sie ihre 
Einwohner während der Zeit des Bahnbaues zu 
regerem Anbau von Lebensmitteln für die Ver- 
sorgung der beim Bahnbau beschäftigten Arbeiter 
anhalten sollten. Die Lebensmittelversorgung er- 
ledigte sich so ohne besondere Schwierigkeiten. 
Zum Schutze der seitens des Gouvernements 
zu stellenden Pflichtarbeiter gegen Übergriffe der 
Angestellten der Bauleitung wurde vom Gouverne= 
ment mit der letzteren eine Vereinbarung ge- 
troffen, die vor allem die Arbeitszeit und -dauer, 
die Lohnbezüge, die Fürsorge für Verpflegung 
und ärztliche Behandlung der Arbeiter regelte. 
Die vertragliche Arbeitsdauer der Pflichtarbeiter 
betrug 6 Monate. Für jeden Arbeitstag erhielten 
sie 0,75, sonst 0,25 “ Verpflegungsgeld. Die 
seitens der Bezirksleitungen ausgehobenen Arbeiter 
wurden in Gruppen dem Arbeiterkommissar zu- 
gesandt, der sie mit Nummern versah und den 
in Frage kommenden Erdschächten zuteilte. Zur 
ständigen Überwachung der Durchführung der in 
obiger Vereinbarung enthaltenen Anordnungen 
und zur Überwachung rechtzeitiger Ablösungen 
der zur Entlassung gekommenen Pfflichtarbeiter 
wurde ein Arbeiterkommissar bestellt, der seinen 
dauernden Wohnsitz an der Baustrecke, nach 
Möglichkeit im Schwerpunkt der Bauarbeiten hatte. 
Die Tätigkeit des Arbeiterkommissars wirkte 
günstig auf die gesamten Arbeiterverhältnisse und 
hatte zur Folge, daß Ungehorsam und Faulheit 
der Arbeiter einerseits, Zuwiderhandlungen der 
Schachtmeister gegen die bestehenden Arbeiter- 
vertragsbestimmungen anderseits auf ein Mindest- 
maß eingeschränkt wurden. Wenu gleichwohl 
hier und da Mißhandlungen der Arbeiter 
durch die Schachtmeister vorkamen, so wurden 
nach genauester Untersuchung in solchen Fällen, 
zur Vermeidung von Wiederholungen, verschiedenen 
Schachtmeistern die Pflichtarbeiter entzogen. Sie
	        
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