Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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Kolonialwirtschaftliche Mitteilungen. 
Die Guttapercha- und Rautschuh-Sxpedition 
nach Kalser-Wilhelmsland. 
Ermutigt durch die Ergebnisse der in den 
Jahren 1900/02 ausgeführten Kautschuk= und 
Guttapercha-Expeditionen nach Westafrika, Hinter- 
indien, dem Malaiischen Archipel und Neuguinea, 
die zur Feststellung wilder Kautschukbestände und 
Einführung der Kautschukplantagen = Kultur in 
amerun sowie zur Entdeckung wildwachsender 
Guttapercha in Neuguinea führten, hat das Kolonial- 
Wirtschaftliche Komitee im Jahre 1907 die auf 
drei Jahre vorgesehene Guttapercha= und 
Kautschuk-Expedition nach Kaiser-Wil- 
helmsland ins Werk gesetzt. Die Mittel wurden 
von der Deutschen Kolonialgesellschaft (96000 #), 
von der Kolonial-Verwaltung (75 000 —) und 
von der Kautschuk verarbeitenden Industrie 
(25 000 /0) zur Verfügung gestellt. Die Leitung 
wurde dem Botaniker Dr. Schlechter übertragen, 
die Oberleitung übernahm der Gouverneur von 
Neuguinea. 
Der Expedition waren folgende Aufgaben 
"estellt: 
Feststellung abbauwürdiger Mengen von Gutta- 
percha und Kautschuk, 
Ausbeutung dieser Rohstoffe, 
Heranziehung und Anlernung der Eingeborenen 
guns: rationellen Gewinnung dieser Roh- 
offe, 
Verbreitung der Guttapercha= und Kautschuk- 
kultur. 
Die Lösung dieser Aufgaben wurde wie folgt 
durchgeführt: 
Guttapercha wurde in abbauwürdigen Mengen 
in den Gebieten von der Ray-Küste bis zum 
Bismarck-Gebirge festgestellt. Die Häufigkeit des 
Vorkommens übertrifft nach Dr. Schlechter die 
der besten Gutta-Distrikte Sumatras und Borneos. 
Die Erträge schwanken zwischen 4 Pfund und 
12 Pfund Gutta pro Baum. Ein Höchstertrag 
von über 20 Pfund wurde im Minjem-Tale erzielt. 
An Kautschuk-Lianen wurden im Schutzgebiet 
sechs neue Arten gefunden. Besonders wichtig 
sind neue Ficus-Arten im Gebiete von Eitape, 
des mittleren Teiles von Kaiser-Wilhelmsland 
und des Waria-Flusses. 
Die erste Ausfuhr von Guttapercha nach 
Deutschland erfolgte im Jahre 1907. Der ersten 
Sendung von 660 kg folgten 1908: 1510 kg, 
1909: 2660 kg und 1910: 2850 kg. 
Der Ausbeutung setzten sich anfangs große 
Schwierigkeiten entgegen. Der Wegebau erforderte 
  
eine erhebliche Arbeitsleistung und großen Zeit- 
aufwand. Langwierige und vorsichtige Verhand- 
lungen waren erforderlich, um die wilde Be- 
völkerung zur Mitarbeit am Wegebau und an 
der Ausbeutung der ihr als Nutzpflanze bisher 
unbekannten Guttapercha heranzuziehen. Trotz 
alledem ist eine fortgesetzte Zunahme der Ausfuhr 
und Verbesserung der Qualität von Sendung zu 
Sendung zu verzeichnen. Gegenüber einem für 
I. Qualität erzielten Preise von 5 —& und für 
II. Qualität von 1,25 —N bei den ersten An- 
lieferungen wurden in letzter Zeit Preise von 8½% 
bäw. 4 in Hamburg bezahlt. Auch hat sich 
das Verhältnis der I. Qualität zur II. von 1:4 
in der ersten Zeit, auf 2: 1 bei den letzten Sen- 
dungen gehoben. 
Die Anlernung der Eingeborenen zu einer 
rationellen Gewinnung von Guttapercha und 
Kautschuk ist in der Umgebung von Friedrich- 
Wilhelmshafen und von Eitape dank der Unter- 
stützung durch das Gouvernement mit Erfolg 
durchgeführt worden. 
Die Anlage von Kautschukplantagen in grö- 
ßerem Maßstabe war inzwischen durch die Neu 
Guinea Compagnie selbst erfolgt; über 1170 ha 
Ficus elastica, Castillon und Hevea stehen heute 
bereits unter Kultur. 
Kleinere Versuche mit der Guttapercha-Kultur 
werden vom Gouvernement unternommen werden. 
Außerdem hat die Expedition wichtige Finger- 
zeige gegeben zur Ausbeutung weiterer Nutz- 
pflanzen, z. B. von Fasern verschiedener Gnetum- 
Arten, die nicht allein in Kaiser-Wilhelmsland, 
sondern auch im Bismarck-Archipel weit verbreitet 
sind, ferner für die Ausbeutung einer Faserbanane, 
die im Gebiete des Waria in großen Mengen 
auftritt und die der Stammpflanze des Manila- 
Hanfes nahe verwandt ist. Auch aromatisches 
Harz hat die Expedition im Waria-Gebiet vielfach 
angetroffen. 
Zur Sicherstellung der Ergebnisse der Erpedition 
sind nunmehr Gutta= und Kautschuk-Stationen 
im Bezirk Friedrich-Wilhelmshafen ein- 
gerichtet, die zunächst auf die Dauer von drei 
Jahren (1911/13) betrieben werden. Von diesen 
Stationen aus werden die Eingeborenen in der 
Gutta= und Kautschuk-Gewinnung durch Malaien 
belehrt. Für den Aufkauf von Gutta und Kautschuk 
ist der eingeborenen Bevölkerung ein Mindestpreis 
von 1 & pro Kilogramm garantiert. Ferner 
sind als Ansporn für die Bevölkerung Gutta= und 
Kautschuk-Prämien in Aussicht gestellt worden. 
Außer den ihr gestellten wirtschaftlichen 
Aufgaben hat die Expedition weitere Ergebnisse
	        
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