Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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gewesen, sich zu stellen. Der Mission Mujaga 
gelang es schließlich, auf ihn günstig einzuwirken. 
So erschien er denn endlich im April 1910 in 
Usumbura, von wo er nach gründlicher Aus- 
sprache anscheinend mit den besten Vorsätzen in 
sein Land zurückgekehrt ist; denn jetzt war bei 
ihm alles in bester Ordnung. Bei seinen Leuten 
steht er in hohem Ansehen und erfreut sich großer 
Beliebtheit. 
In bezug auf Bevölkerungsdichtigkeit, Anbau 
und Viehbestand liegen die Verhältnisse in Nord- 
ljogoma und Bujensi ähnlich wie in Süd- 
liogoma. Spärlich bevölkert scheint nur das 
Gebiet zwischen Kajongosi und Ruvuvn, die 
Landschaft Mwieyi zu sein. 
Der Ruvuvn hatte zurzeit eine Breite von 
30 bis 40 m und eine Tiefe von 2 bis 3 m. 
Die Strömung scheint mittelstark zu sein. Eine 
seinerzeit vorgenommene Erkundung hat ergeben, 
daß die Befahrbarkeit des Flusses infolge vor- 
handener Schnellen und hier und da im Flußbett 
liegender Felsen beschränkt ist. Indessen dürfte 
es sich empfehlen, es nicht bei dieser einen Er- 
kundung bewenden zu lassen, sondern letztere 
darauf auszudehnen, ob und wie diese der 
Schiffahrt entgegenstehenden Hindernisse beseitigt 
werden könnten. Die Bedeutung einer bis ins 
Zentrum des Landes gehenden Wasserstraße von 
etwa 200 km Länge in Verbindung mit einer 
vom Zusammenfluß des Ruvuvu mit der Kagera 
zum Viktoriasee führenden Straße dürfte für die 
Weiterentwicklung des Landes nicht zu unter- 
schätzen sein. 
Am 3. Dezember entsandte ich Leutnant 
Busse zu einer Streife durch die Landschaften 
der nach Norden angrenzenden Watuale Bansa- 
bugabo, Lusokosa, Tschoya, Muhini und 
Lusengo. Ich selbst setzte meinen Marsch in 
west-südwestlicher Richtung fort. Mein nächstes 
Ziel war die Gegend des Zusammenflusses des 
Ruvuvu und Muwarasi. Unter anderem beaksich- 
tigte ich von nun ab meine Aufmerksamkeit solchen 
Gegenden und Plätzen zuzuwenden, die für die 
Verlegung des Sitzes der Residentur nach 
Inner-Urundi in Betracht kommen und zur 
Anlage einer festen Station geeignet sein könnten. 
So befriedigt ich im allgemeinen von dem in 
Ujogoma und Bujensi Erlebten war, so wenig 
traf dies nun auf die Landschaften zu, die ich in 
den nächsten Tagen durchwanderte. Und je näher 
ich dem Sitze des Obersultans oder „Mami“ 
kam, desto unerfreulicher wurden eigentlich die 
Zustände und das Gesamtverhalten der Be- 
völkerung. Ausnahmen waren selten. 
Schon wenige Stunden nach meinem Abmarsch 
änderte sich die Lage. Ich betrat die Landschaft 
Iwunogera (Mtuale Wiiroko). Hier hatten 
  
die Bewohner eines Dorfes vor etwa einem Jahre 
dem nach Bukoba marschierenden Oberleutnant 
Wintgens Schwierigkeiten gemacht. Meine Absicht 
war es nun, mit dem Mtuale über die damaligen 
Vorkommnisse Rücksprache zu nehmen. Wohin ich 
aber auch kam, kein Mensch ließ sich blicken. So 
schickte ich denn einen der bei mir befindlichen 
Watungwa“) (Wanhampara) Mutagas zu dem ab- 
seits meines Weges gelegenen Dorf des Mtuale 
Wjiroko, um ihn aufzufordern, zu mir in mein 
Lager zu kommen. Mein Bote kam am Nach- 
mittage mit der Meldung wieder, Wjiroko käme 
morgen. Selbstverständlich kam er nicht, obgleich 
ich einige Zeit auf ihn wartete. Ihn holen lassen 
zu wollen, wäre gänzlich zwecklos gewesen. Ich 
beschloß daher, den Versuch zu machen, ihn durch 
Mutaga nach Usumbura kommen zu lassen. 
Bei seinem Nachbar Ntanukula, dem westlich 
von den Kiningabergen sitzenden Mtuale von 
Mumirai, wo ich am gleichen Tage lagerte, 
war es nicht besser. Auch hier waren alle in 
Reichweite wohnenden Eingeborenen ausgerückt; 
nur zwei Kerle gelang es zu greifen, die auf die 
Frage nach ihrem Mutuale erklärten, er befinde 
sich bei Mutaga. Letzteres stellte sich später als 
richtig heraus. Während ich in Mumirai lagerte, 
war er tatsächlich bei Mutaga, hatte sich aber 
dann in die ihm ebenfalls gehörige, zwischen 
Ruvurn und Muwarasi gelegene Landschaft 
Mumurongwe (auf der Karte Mrongwe genannt) 
begeben, wo er sich, als ich am 6. Dezember 
dort durchkam, ebensowenig wie einer seiner Leute 
blicken ließ. Hier fällt wieder die merkwürdige 
und für die Verwaltung höchst lästige Einrichtung 
auf, daß ein und derselbe Mtuale zwei räumlich 
voneinander getrennte Landschaften besitzt. 
Der Charakter des Geländes ist im allgemeinen 
der gleiche wie in den vorher durchzogenen Ge- 
bieten: welliges Hügelland mit aufgesetzten, meist 
schroff ansteigenden, in den oberen Teilen felsigen 
Höhenrücken. Die Niederungen bzw. Flußtäler 
sind meist sumpfig und mit Papyrus bestanden, 
die an vielen Stellen unpassierbare oder nur mit 
guobem Zeitverlust zu überwindende Hindernisse 
ilden. 
Trotz der günstigen Anbaubedingungen und 
der ziemlich zahlreichen Bevölkerung ist eigentlich 
verhältnismäßig wenig Land unter Kultur ge- 
nommen. Die Hauptnahrungsmittel bilden, wie 
überall in Urundi, Bananen und Bohnen. Da- 
neben wird etwas Mais, roter Mtama, Ulezi 
und vereinzelt Kalanga gebaut. Auf dem west- 
lichen Abhang der Kihingaberge und weiterhin 
nach Westen findet man an einigen Stellen lichte 
Bestände von Schirmakazien, zum Teil von ziem- 
*) Unterhändler.
	        
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