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nun, wo denn der „Mami“ eigentlich wohne.
Darauf wurde mir eine der in dem ersten Kraal
liegenden größeren Hütten bezeichnet. Als ich
nun mein Erstaunen über den merkwürdigen
Empfang äußerte, belehrte mich der bei mir be-
findliche Trompeter, daß ich zuerst Lager beziehen
und dann meine Ankunft anzeigen müsse. Dann
werde ein Mganua") erscheinen, der mich zum
Mami führen würde; dieser werde darauf meinen
Besuch erwidern. Ich zog jedoch vor, dem Sultan
sagen zu lassen, daß ich seinen Besuch in meinem
Lager erwartete. Er erschien denn auch bald
darauf in Begleitung seines ältesten Bruders
Seruschanya sowie sonstiger Verwandter und
einer großen Anzahl Leute.
Sultan Mutaga mag jetzt etwa sechzehn
Jahre zählen. Er macht im allgemeinen einen
recht sympathischen, aber auch recht scheuen und
schüchternen Eindruck. Gesprochen hat er während
der Unterredungen, die ich mit ihm oder vielmehr
mit seinem Bruder Seruschanya an den drei
Tagen meines Aufenthalts in Igikanda hatte,
kaum ein Wort. Am Nachmittag nach meiner
Ankunft besuchte ich ihn in seinem Lugo (Kraal).
Auf einem eingezäunten Platz ist in der Mitte
der Platz für das Vieh; dort stehen auch die
Hütten für die Hirten und für die Kälber. An
zwei Seiten, in kleinen abgetrennten Höfen und
einander auf etwa 50 Schritt gegenüber, stehen
zwei größere sauber gebaute Hütten, eine für
den „Mami“, die andere für seine Mutter. Ich
traf Mutaga mit seinem Bruder Seruschanya in
der Hütte seiner Mutter und lernte dort diese
kennen. Sie macht einen noch recht jugendlichen
Eindruck, hat ansprechende Züge und scheint eine
recht resolute Dame zu sein.
Was ich aber sonst zu sehen bekam, hat
eigentlich meine Erwartungen und die Vorstel-
lungen, die ich mir über den Hof des Ober-
sultans von Urundi gemacht hatte, ziemlich ent-
täuscht. Bei den Unterredungen, die ich mit
Mutaga bzw. mit seinem Bruder Seruschanya
hatte, zeigte es sich auch wieder, wie gering der
politische Einfluß des sog. „Mami“ ist. Von
der Ausübung einer Regierungsgewalt durch ie
ist auch nicht im entferntesten die Rede.
wird als der Inhaber einer durch Tradition .
heiligten Einrichtung anerkannt, er erhält auch
den ihm zustehenden Tribut (Masimano), aber
iim übrigen kümmert man sich wenig oder gar
nicht um ihn und würde sich sehr wundern,
wenn er etwa irgendwo mal befehlend oder
sonstwie einzugreifen sich gestattete. Ich habe das
Gefühl, als ob von Mutaga und Seruschanya
auch gar kein Wert darauf gelegt würde, irgend-
*) Angehöriger einer besonderen Adelskaste.
auslbt,
eine Regierungsgewalt auszuüben. Ihre einzige
Sorge besteht darin, daß sie ihr Masimano er-
halten und daß die Betreffenden durch dessen
Überreichung zeigen, daß sie sich noch als zur
Sippe gehörig betrachten. Letztere, d. h. die Fa-
milie der Waganua, ist es, die die Herrschaft
aber jeder einzelne in seinem Bereiche
für sich. Der „Mami“ ist lediglich so eine Art
„Lama“, den sie nach ihren Traditionen nun
einmal haben müssen, der sich aber um ihre
eigentlichen Angelegenheiten nur insoweit zu
kümmern hat, als sie es für gut befinden.
Ikiganda war auch einer der Sitze des Vaters
Mutagas, des verstorbenen Muesi Kisabo, und
derjenige Punkt, wo er seinerzeit gelegentlich
der Expedition des Hauptmanns v. Beringe ge-
fangen worden war. Der Platz wurde daher
von den Waganua lange gemieden und erst vor
kurzem wieder durch den jetzigen Mami bezogen.
Ein Kranz mächtiger Milumbabäume bezeichnet
den Platz, wo ehemals Muesi Kisabo refßidierte.
Sultan Mutaga wechselt von Zeit zu Zeit seinen
Wohnsitz zwischen Ikiganda und Inbuye
(Issaga, nördlich des Muwarasi).
Nachdem ich, soweit möglich, mit Seruschanya
ins reine gekommen war, trat ich am 15. De-
zember den Rückmarsch nach Usumbura an.
Das Ergebnis der Reise, die zum großen
Teil durch noch wenig oder gar nicht berührte
Gebiete geführt hatte, war recht lehrreich. Wie
bereits erwähnt, ist die politische Machtbefugnis
des Obersultans, des „Mami“, recht unbedeutend.
Er unterliegt vollkommen dem Einfluß einer
Sippe, nach deren Wünschen er sich zu richten
hat. Dafür genießt er einige rein äußerliche
Ehrenbezeugungen. Die politische Organisation
bietet das Bild eines ziemlichen Durcheinanders,
so daß man von einer Organisation eigentlich
überhaupt nicht sprechen kann. Die Einteilung
des Landes ist gänzlich systemlos; häufig findet
man Watuale, die verschiedene räumlich weit ge-
trennte Landschaften im Besitze haben. Der
innere Zusammenhang ist recht lose, an vielen
Stellen besteht zwischen zwei benachbarten Watuale
Todfeindschaft, die sich auch auf die Untertanen
erstreckt und meist einen Fall von Blutrache als
Ursache hat. Aber selbst wo eine direkte Feind-
schaft nicht besteht, wagen die Leute der einen
Landschaft sich nicht in eine benachbarte, aus
Furcht, totgeschlagen zu werden.
Manchmal kommt es auch zu offenen Feind-
seligkeiten und bewaffneten Zusammenstößen, die
aber meist unblutig oder mit nicht nennenswerten
Verlusten verlaufen und meist in einem gegen-
seitigen kräftigen Geschimpfe bestehen, wobei hüben
und drüben auch einige Pfeile abgeschossen werden,