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westafrikanischen Stationen erfolgt noch in diesem
Etatsjahr.
Kurz erwähnt sei noch das Südseeprojekt, von
dem bekannt ist, daß die der deutschen Südsee-Phosphat-
Gesellschaft gehörige kleine Telefunken-Station in Yap
so vergrößert ist, daß sie mit Rabaul verkehren kann,
und daß in Erwägung gezogen ist, auch in Naurn.
und in Samoa Stationen aufszustellen, die alle mit-
einander in Verbindung treten und an das deutsch-
niederländische Kabel angeschlossen werden sollen.
Nachdem die Reichsregierung nun einmal an die
Durchführung größerer funkentelegraphischer Projekte
herangegangen ist, wird ein umfangreiches deutsches
Weltmetz nicht lange auf sich warten lassen. Immerhin
haben wir hier mit gaunz anderen Schwierigkeiten zu
rechnen als z. B. England, dessen Lage und weitver-
weigte Kolonien die Durchführung sehr erleichtern.
##hishen ist jedoch seitens der englischen Regierung
nach dieser Richtung bisher noch gar nichts geschehen,
sondern es ist neuerdings lediglich ein allerdings sehr
großzügiger Plan aufgestellt worden, der bezweckt, die
ganze Welt mit einem unter englischer Regierungs-
kontrolle stehenden drahtlosen Netz zu umspannen.
Dieser Plan sieht einen östlichen und einen westlichen
Strang vor.
Der östliche soll aus folgenden Großstationen be-
stehen: Poldn (fertig am Kap Lizwar in Cornwall,
Südwestengland), Gibraltar (fertig, soll vergrößert
werden), Chpern, Aden, Bombay, Singapore und ein
noch zu bestimmender Punkt an der Nordwestküste
Australiens.
Der westliche soll gebildet werden aus: Clifden
(kertig, an der Westküste Irlands), Glace Bay (fertig,
Cap Breton Insel Nova Scotia Kanada), Winnepeg,
Vancouver (möglicherweise zwei andere kanadische
Plätze), Inseln im Stillen Ozean (noch unbestimmt),
Ostküste Australiens.
Grundsätlich sollen die Stationen auf englischem
Gebiet oder auf englischem Kolonialbesitz liegen. Es
wird ausdrücklich gefordert, daß die für die über-
brückung des Stillen Ozeans günstig liegenden Be-
sitzungen der Vereinigten Staaten vermieden werden.
Der Begriff der sogenannten „all line“ soll also
unbedingt durchgeführt werden. *
Die Stationen, zu deren Bau und Einrichtung
Marconi eine staatliche Beihilfe von 200 000 : pro
Jahr und Station erhält, werden, sobald fertig, unter
die Kontrolle des Postmasters General gestellt.
Marconi selbst plant, vorläufig unabhängig von
der englischen Regierung, sein System von Großstationen
noch durch Zweigstränge weiter auszubilden. Ein
solcher Nebenstrang ist zunächst die italienische Linie:
Coltano (Pisa), Massaua (fertig; Eritrea), Mogadischu
(fertig; Italienisch-Somaliland). weiterer Neben-
wird eine portugiesische Linie geplant: Lissabon,
Cap Verde, Loanda, ein Platz an der portugiesischen
Küste von Ostafrika, eine der englischen Inselgruppen
im Indischen Ogean, Goa. Diese portugiesische Linie
soll an das englische System in Europa angeschlossen
werden, ebenso wie Kapstadt mit den Plätzen des
afrikanischen Kontinents verbunden werden soll.
Die Motorschiffahrt in den Kolonien.
Durch die Neuerwerbungen Deutschlands im
Kongogebiet ist die Frage einer Motorschifsahrt
auf dem Kongo und seinen Nebenflüssen
Sangha und Ubangi auch für uns aktuell ge-
worden. Einem Referat des Ingenieurs Dr. ing. h. c.
Die el Müuchen entnehmen wir auszugsweise fol-
gendes:
Im allgemeinen erfordern die afrikanischen Fluß-
läufe wegen ihrer ungemein wechselnden Wassermengen,
der unregelmäßigen Beschaffenheit ihres Bettes, der
zahlreichen Stromschnellen usw. ganz spezielle Boots-
konstruktionen, meistens mehr oder weniger flachgehende
In dieser Beziehung bestehen für die Technik
keinerlei Schwierigkeiten, um die sich ergebenden Auf-
gaben zu lösen. Man ist imstande, den Schiffen die
Gestalt und den Tiefgang sowie die sonstigen Eigen-
schaften zu geben, welche für die einzelnen Fälle er-
forderlich sind. Die Dampfschiffahrt auf dem Nil und
die schon sehr rege Dampfschiffahrt auf dem Kongo
geben hierfür sehr gute Beispiele; ein weiteres Beispiel
ist ein 1900 pferdiges, gegenwärtig im Bau befindliches
Motorboot für den Kongo, welches bei 500 I Deplace-
ment nur 1,10 m Tiefgang hat. Es ist gelungen, durch
Einbauen des Propellers in einen Tunnel im Schiffs-
boden auch dann noch einen befriedigenden Antrieb zu
bekommen, wenn der größte Teil des Propellers über
dem Wassernivean steht. Man kann behaupten, daß
wir imstande sind, für jedes überhaupt noch ciniger-
maßen schiffbare Gewässer ein geeignetes Boot herzu-
stellen. Es ist daher auch die Möglichkeit eines Wasser-
verbindungsweges zwischen dem Kongobecken und dem
Tschadsee (2), zwischen den Flüssen Ubangi und Schari
oder zwischen dem Kamerunfluß Sanaga und dem in
den Kougo fließenden Sangha nicht ausgeschlossen.
Kurz, schnelle praktische Kolonialboote mit Motorantrieb
und geringem Tiefgang könnten in den Tropen Auf-
gaben lösen, an welche wir heute kaum zu denken
wagen.
Weniger einfach als die Frage des Schiffes ist
die des Motors. Der Gedanke, die Kolonialgewässer
zu einer ausgedehnten Motorschiffahrt auszunutzen,
liegt so nahe und ist von so ungeheurer Tragweite
für die Verwertung der Kolonien überhaupt, daß es
kaum begreiflich erscheint, daß dessen Durchführung
nicht schon längst in Angrift genommen wurde. Es
scheint so einfach und verhältnismäßig billig, Dampf=
schifflinien auf diesen schönen, Tausende von Kilometern
angen Flüssen einzurichten und mit deren Hilfe die
Schätze des Innern nach den Küsten zu bringen. Und
doch ist diese Möglichkeit bisher einzig und allein an
dem Mangel eines geeigneten Motors gescheitert; die
Dampfmaschine ist für diesen Zweck allerdings probiert
worden, sie ist auch auf einigen Flüssen, namentlich
auf dem Nil und auf dem Kongo, zur Anwendung
gekommen: sie ist aber für eine allgemeine großzügige
Lösung der Frage nicht brauchbar. Abgesehen von
dem unerschwinglichen Preis der Kohle in den Kolonien
ist ein Maschinenbetrieb mit Kohlen undenkbar, weil
es an Transportmitteln fehlt, um die erforderlichen
Mengen an die verschiedenen Stationen des Innern
zu schaffen. Die einzige bisher möliche und vielfach
angewendete Lösung war der Betrieb der Dampfschiffe
it Bei größerer Ausbehnung des Verkehrs
würden aber dadurch die Waldbestände derart gefährdet,
daß hierauf umfangreiche Schiffahrtsprojekte nicht auf-
gebaut werden können.
as die Verwendung von Explosionsmotoren an-
belangt, so werden in den Kolonien im allgemeinen
schon recht viele Motorboote benutzt, aber niemals in
dem Sinne einer wirklichen Motorschiffahrt, und zwar
aus dem Grunde, weil der für solche Motoren erfor-
derliche Brennstoff, abgesehen von seiner Gefährlichkeit
und der Schwierigkeit seines Transportes, zu teuer ist.
Nun ist der vor etwa 14 Jahren als stationäre
Maschine entstaudene Diesel-Motor seit einigen Jahren
auch zur Schiffsmaschine ausgebildet worden und wird
heute in allen Größen und Formen, welche für Kolo-
nialschiffahrt überhaupt in Betracht kommen, von einer