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Schiedsspruch
des Don Joaquin Fernandez Hrida, betreffend die Südgrenze des britischen
Walkfischbai-Gebietes.
Aus dem Spanischen übersetzt von Professor Dr. A. Rambeau.“)
Don Joaquin Fernandez Prida, Senator des
Königreiches und Professor der Geschichte des
Völkerrechtes an der Universität von Madrid, in
der Ausübung des Schiedsrichteramtes, das er
die Ehre gehabt hat, ihm von Seiner Majestät
dem Könige von Spanien übertragen zu sehen,
gemäß der Erklärung vom 30. Januar 1909,
die in Berlin von den Vertretern Deutschlands
und Großbritanniens unterzeichnet worden ist, um
die zwischen beiden Mächten betreffs der Süd-
grenze des britischen Walfischbai-Gebietes schwebende
Streitfrage zu entscheiden, hat in dem besagten
Sinne nach eingehender Prüfung der von beiden
Seiten angeführten Tatsachen und Beweisgründe
folgendes Urteil gefällt:
I. Da sich als Tatsache ergibt, daß am
12. März 1878 der Kommandant des zum bri-
tischen Geschwader gehörenden Schiffes „Industry“
im Namen Ihrer Majestät der Königin von Groß-
britannien und Irland von dem Hafen oder der
Niederlassung der Walfischbai und eines gewissen
anliegenden Gebietes Besitz nahm, indem er
mittels der dem Zwecke entsprechenden Prokla-
mation erklärte, daß die annektierte Landfläche
folgendermaßen begrenzt sei:
„Im Süden durch eine Linie, die man von
einem 15 Meilen südlich von Pelican Point
an der Küste gelegenen Punkte bis Schepp-
mansdorf zieht; im Osten durch eine Linie von
Scheppmannsdorf bis Rooibank, einschließlich
des Plateaus, und von dort bis 10 Meilen
landeinwärts von der Mündung des Swakop-
flusses; im Norden durch die letzten 10 Meilen
des Laufes des genannten Swakopflusses.“
II. Da sich als Tatsache ergibt, daß der er-
wähnten Besitzergreifung und Proklamation ver-
schiedene diesen Schritt vorbereitende und von
der Kapregierung, vom Kolonialamte in London
und von anderen britischen Behörden herrührende
Aktenstücke vorausgingen, unter welchen Akten-
stücken die, welche dazu bestimmt waren, die
Ausdehnung und die Grenzen des Gebietes, das
zusammen mit dem Hafen von Walfischbai annektiert
werden sollte, festzustellen, eine besondere Serie
bilden, innerhalb welcher folgende Aktenstücke
hervorzuheben sind:
1. Die Mitteilung vom 23. Januar 1878, die
Lord Carnarvon an den Gouverneur Sir
H. Bartle Frere richtete und in welcher ge-
sagt wird, daß „die britische Flagge in
Walfischbai aufgepflanzt werden sollte, aber
daß wenigstens damals keine Gerichtsbarkeit
weiter als an den Ufern der Bai selbst aus-
geübt werden sollte“.
2. Das Telegramm vom 23. Februar 1878,
das der Gouverneur von King William's
Town an den Unterkolonialsekretär, Haupt-
mann Mills, richtete, und in dem mit Be-
zugnahme auf Walkfischbai gesagt wird, daß
es wünschenswerter sein werde, daß der
Marineoffizier beim Aufpflanzen der Flagge
die Oberhoheit nur über die Niederlassung
und die Bai selbst und einen Umkreis von
etwa 10 bis 12 Meilen proklamiere, sowie
es ihm nach vorhergehender Beratung mit
Palgrave notwendig scheine, indem zu diesen
Unterweisungen hinzugefügt wird, daß, ob-
wohl der Unterzeichner des Telegramms die
Absicht habe, die Erweiterung des annektierten
Gebietes zu verlangen, er doch meine, daß
„man zunächst die Annexion auf die vom
Minister angegebenen genauen Grenzen be-
schränken müsse"“.
3. Die Mitteilung vom 26. Februar 1878, die
das Amt des Kolonialsekretärs des Kaplandes
an den ältesten Offizier der Flotte in Simon's
Bai richtete, und die anordnet, daß der Kom-
mandant von Ihrer Majestät Schiff „Industry“
aufgefordert werde, nach Walfischbai zu gehen
und dort die britische Flagge aufzupflanzen
und von dem Hafen, der Niederlassung und
dem angrenzenden Gebiete bis zu einer Ent-
fernung im Innern, die er mit Befragung
des Mr. Palgrave, wenn er dort sein werde,
bestimmen solle, Besitz zu ergreifen; und
4. die ergänzenden Anordnungen, die der Ka-
pitän J. Child Purvis am 28. Februar 1878
an den Kommandanten des Schiffes „In-
dustry“, Richard C. Dyer, richtete, und in
welchen diesem unter anderem befohlen wird,
Mr. Palgrave „betreffs der genauen Größe
des zu annektierenden Gebietes“ zu Rate
zu ziehen.
*) Da es sich um ein juristisches Urteil handelt, mußte sich die UÜbersetzung streng an die Ausdrücke
und den Satzban des Originals anlehnen, wenn auch hierdurch einzelne Teile des Schiedsspruches dem Ver-
ständnis Schwierigkeiten bereiten.