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genommen, daß jede Familie reichlich Palmwein
trinkt. Die gemachten Beobachtungen bestätigen
den reichlichen Konsum von Palmwein in der be-
suchten Gegend. Die Anwendung von anderen
berauschenden Mitteln, wie z. B. Rinde gewisser
Bäume, ist unbekannt. Da eine Olpalme ohne
Schaden an ihrem Zuwachs und ihrer Ertrags-
fähigkeit nachhaltig Palmwein liefert und 1 bis
2 Liter Mimbo mit 25 Pf. bezahlt werden, so
kann besonders bei der verhältniemäßig unschäd-
lichen Wirkung des reinen Palmweins nicht von
einer Schädigung der Gesundheit der Eingeborenen
oder von einer Vernichtung wirtschaftlicher Werte
die Rede sein. Einen Einfluß auf die Palmöl-=
und Palmkerugewinnung im ganzen hat die
Mimbogewinnung in diesem an Olpalmen über-
reichen Gebiete zweifellos nicht. Das Fällen von
Olpalmen zum Zwecke der Mimbogewinnung muß
selbstverständlich verboten bleiben und in den-
jenigen Bezirken noch verboten werden, in denen
ein solches Verbot noch nicht besteht.
Die großen Werte, die in den Reservatwal-
dungen der Dorsschaften zwischen dem unteren
Mungo und Wuri aufgespeichert sind, können nur
bei angestrengter Arbeit der Dorsschaften und
unter ständiger Anleitung und Kontrolle
durch Europäer nutzbar gemacht werden. Die
Gefahr besteht, daß innerhalb der Dorsschaften
Streitigkeiten ausbrechen werden, sobald der erste
Eifer verraucht und nach Meinung der Einge-
borenen eine Gefahr durch Verpachtung nicht
mehr droht. In diesem Falle, und besonders,
wenn sich die Kräfte der Eingeborenen zu schwach
erweisen sollten, halte ich es für ein Recht und
auch für die Pflicht des Gouvernements, die
Palmenbestände an europäische Interessenten zu
verpachten. Die Palmenbestände bilden das
eigentliche Vermögen der Dorfschaften; deshalb
muß auch deren Bewirtschaftung unter die Kon-
trolle des Gouvernements fallen, die der Fiskus
ja über die Vermögensverwaltung kraft seines
Oberaufsichtsrechts ausübt. Diese Bewirtschaftung
der Palmenwaldungen kann bei den bestehenden
Verhältnissen sachgemäß nur durch spezielle Auf-
sicht von Forstbeamten durchgeführt werden. Ein
Nichtausnutzen der Palmenbestände würde einer
Verschleuderung des Vermögens der Dorsschaften
gleichkommen, denn enropäische Firmen würden
aus den jetzt minderwertigen Waldungen hoch-
wertige ertragreiche Bestände schaffen. Hinsichtlich
der Verwertung der Walderzeugnisse wird den
Dorsschaften freie Hand gelassen werden müssen,
sobald sie ihrer Verpflichtung der Schlag= und
Bestandspflege nachgekommen sind. Ich wieder-
hole aber meine Befürchtung, daß bei der Un-
einigkeit der Dorfleute unter sich, dem Fehlen
einer ständigen Kontrolle und technischen Betriebs-
aufsicht, der bestehenden Gleichgültigkeit des Negers
hinsichtlich der Kapitalsanlage und der Bedürfnis-
befriedigung die in Frage kommenden Waldungen
niemals den technisch vollkommenen Zustand der
bereits in Nutzung genommenen Europäerwal-
dungen und damit deren große Erträge erreichen
können. Die Praxis muß zeigen, ob der ein-
geschlagene Weg der richtige ist. Zweifellos wäre
der Neger bei Aufbietung seiner Kräfte und bei
gemeinschaftlichem Vorgehen imstande, die ihm zu
seinem eigenen Vorteil gestellten Aufgaben durch-
zuführen. Die Bedenken, die von ihm gegen die
Bewirtschaftung seiner sämtlichen Palmenwal-
dungen geltend gemacht werden, wie Mangel an
Arbeitskräften oder Aushagerung des Bodens,
sind hinfällig. Jede Dorfschaft hat soviel arbeits-
fähige Arme, daß im Laufe der Jahre die ganzen
Dorsschaftswaldungen in extensive Pflege genommen
werden können. Die befürchtete Anushagerung
des Bodens tritt bei dem dichten Bestandsschlusse
der Palmen nicht ein; es besteht im übrigen bei
der überreichen Zumessung von Land an die Ein-
geborenen niemals die Gefahr, daß sie ihre
Wechselwirtschaft nicht weiter betreiben können.
Als ich das Gebiet verließ, waren die Ar-
beiten der Schlagpflege und der Bestandsreinigung
im vollen Gange. Etwa 700 bis 800 Mann
waren damit beschäftigt, das Unterholz aus jenen
Palmenbeständen herauszuschlagen, die am nächsten
der Bahn oder an Wegen oder an schiffbaren
Flüssen liegen. Die stärkeren zwischen= oder
oberständigen Waldbäume werden durch Ringeln
oder Rümpfen zum Absterben gebracht. Die Ver-
dünnung zu dichter Anwüchse erfolgt gleichzeitig
mit der Reinigung der Bestände, bei welcher im
allgemeinen die schlechtwüchsigen Eremplare her-
ausgenommen werden. Bedacht genommen wird
auf richtigen Pflanzenabstand in der Weise, daß
7 zu 7 m eine Palme stehen bleibt, sobald der
Bestand im mittleren Alter steht, während der
Pflanzenabstand enger gehalten wird, solange
noch keine Stammbildung erfolgt ist. Die Reini-
gung der Palmen selbst erfolgt durch Abschlagen
der dürren Blattstümpfe dicht am Stamm, durch
Entfernen der dürren und halbdürren Blätter
und der Lianen, Flechten, Moose und Schma-
rotzerpflanzen, die sich meist durch Ubertragung
von Vögeln in der Krone der Palme angesiedelt
haben. Man kann nach den bisher durchgeführten
Feststellungen hinsichtlich der aufstehenden Palmen-
bestände sagen, daß nach erfolgter Schlag= und
Bestandspflege 40 v. H. der Fläche von voll-
tragenden Palmen und je 30 v. H. von Mittel-
hölzern und von Jungwüchsen bestockt sind. Die
Auslichtung der unterdrückten Exemplare und
Umlichtung der dominierenden Stämme wird
zweifellos die Fruchterzeugung wesentlich steigern.