Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

952 20 
Ob aber nicht die Anzahl der Individnen und 
die größere Menge der Fruchtbündel diesen 
größeren Ertrag der lichtstehenden Palmen aus- 
gleicht, muß die Praris zeigen. Der gesamte 
wirtschaftliche Effekt kann sich meines Erachtens 
durch den Anfall einer großen Menge kleiner 
Bündel mit minder wertvollen Früchten schlechter 
stellen als bei dem Verfahren, das die besten 
Eremplare ausgesuchter Varietäten in lichter 
Stellung und guter Bestands= und Individuen- 
pflege mit größeren und wertvolleren Früchten 
nachzieht. 
Welches Verfahren der Wirtschafter einschlagen 
muß, hängt von den Erfolgen ab, zumal die wert- 
vollste Spielart, die „Lisombe“, die in der dor- 
tigen Gegend sehr häufig auftritt, infolge ihrer 
dünnen Schale und ä.hrer starken Borsten bei der 
maschinenmäßigen Verwertung vorläufig noch 
große Schwierigkeiten bietet. 
Die Behauptung, daß lichte Stellung gute 
Palmeneremplare von ansgesuchten Sorten auf 
geeignetem Boden wirtschaftlich bessere Resultate 
liesern als der Wirtschaftsbetrieb mit den gewöhn- 
lichen Sorten in weniger intensiver Bestands= und 
Individnenpflege, halte ich für verfrüht. Zunächst 
müssen einmal die praktischen Versuche speziell 
von den Privatfirmen durchgeführt worden sein. 
Für die Palmenbestände der Eingeborenenwal- 
dungen, die man am besten mit heimischen schlechten 
Bauernwaldungen vergleichen kann, ist jedenfalls 
die einfachste Methode zu wählen. 
Art der Verwertung der anfallenden 
Früchte verbleibt den Dorsschaften nach eigener 
Wahl. Da der Eingeborene die Arbeit seiner Frauen 
und Kinder nicht oder sehr gering rechnet, so neigt 
er dazu, den Wert des Rohproduktes im Ver- 
hältnis bedeutend höher einzuschätzen als Kerne 
und Ol. Jür Firmen, welche die Fruchtbündel 
auf dem Baume kanfen oder die Früchte an der 
Fabrik in Empfang nehmen wollen, wird es an- 
fänglich einige Schwierigkeiten bieten, angemessene 
Preise zu erreichen. Soviel ich erfahren habe, 
zahlt jetzt bereits eine Firma 20 Pf. pro Frucht- 
bündel, deren Ernte und Transportkosten sie über- 
nimmt. Da bei Ausscheidung der Reservate die 
weitestgehende Rücksicht auf eine zukünftige Ver- 
mehrung der Bevölkerung genommen worden ist, 
viole der bei der Ausscheidung mitbedachten Ein- 
geborenen aber als Kaufleute, Händler oder 
Fischer nicht dieselbe Anzahl von Hektaren wie 
die reinen Ackerbauer benötigen, so kann jetzt in 
jeder Dorfschaft ohne Schaden für die Bevölke- 
rung ein Unterschied zwischen solchem Land ge- 
macht werden, das bei intensiver Ausnutzung die 
Bedürfnisse der Bevölkerung reichlich deckt und 
der Bevölkerung noch zu einer gewissen Wohl- 
Die 
  
habenheit verhilft, und solchem, das für die 
jetzige Bevölkerung entbehrlich ist. Eine Ver- 
pachtung dieses entbehrlichen Palmenlandes an 
europäische Firmen scheitert indessen zur Zeit noch 
an dem energischen Widerspruch der Dorsschaften. 
Dagegen wird in absehbarer Zeit, sobald sich die 
Eingeborenen ihres Besitzes auch sicher fühlen, 
eine Verpachtung der Nutzung der Palmenbestände 
an europäische Firmen von den Dorsschaften solbt 
angestrebt werden. Durch eine solche Vervachlung 
der Erträgnisse seiner Olpalmen gewinnt der 
Neger mühelos reiche Gelderträge. Da dieser 
mühelose Gewinn aus einem Gebiet, das eigem- 
lich nicht für ihn bestimmt ist, wirtschaftlich be- 
denkliche Folgen haben kann, so tritt die Frage 
an das Gouvernement heran, ob nicht der Fielus 
einen großen Teil dieses für den Neger noch em- 
behrlichen Landes vorläufig übernehmen und 
dessen Erträgnisse als Ersatz für die aufgewendeten 
Verwaltungs= und Betriebskosten der forstwirt- 
schaftlichen Behandlung nehmen soll. 
lUber den Wert eines Hektar ÖOlpalmen= 
landes gehen die Auffassungen und Schätungen 
weit auseinander. Bei den günstigen Bestands- 
und Standortsverhältnissen der Palmenwaldungin 
in den Dorsschaftsreservaten, bei den außerordem- 
lich günstigen Verkehrsverhältnissen — Bah, 
Antomobilwege, schiffbare Flüsse — ist der Preis 
zweifellos sehr hoch. Die Pachtsumme, die für 
einen Hektar jährlich gezahlt werden kann, richm 
sich nach dem Ertrag und nach dem Alter de 
Bestandes. Pro Hektar können nach erfolgie 
Reinigung und Bestandspflege rund 200 Kl- 
palmen angenommen werden, von denen ewwa 
150 einen Ertrag von mindestens je 5 Bündeln 
Früchten liefern. Dieses Erträgnis steiger sic 
je nach der Bewirtschaftung und wird nach bol- 
liegenden Zahlen die zwei= bis dreifache Höbe 
erreichen können. Nimmt man für das Fuuchl- 
bündel einen Preis von 20 Pf. an, so ergibt ch 
pro Hektar ein jährlicher Geldertrag von 130 bis 
160./. Dabei wären die Ernte= und Trans- 
portkosten vom Käufer zu tragen; die Schlage 
und Bestandspflegekosten dagegen sind noch m 
Abzug zu bringen. Die Frage der Mißjahre der 
Olpalmen bleibt hier unberührt. Den wirklichen 
Wert von gut gereinigtem Olpalmenland in #io 
günstigen Verkehrslagen, mit so guten Beständen 
und den besten Standortsverhältnissen schätze ich 
pro Hektar auf 500 bis 1000./. Von diet 
hohen Schätzung sind auszunehmen jene Gebieie, 
die ohne direkte Verbindung mit der Bahn oder 
sonstigen Transportwegen mehrere Kilometer weil 
vom Verkehr entfernt liegen oder deren Aus 
nutzung infolge des zerrissenen oder koupierten 
Terrains sehr schwierig wird.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.