Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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den größten Entkörnern anerkannt, diese haben 
sich auch verpflichtet, den aus dem ausgesuchten 
Samen neu gewonnenen Samen der Regierung 
zu verkaufen. 
Erzeugung reinen Samens. Um den 
auf den Staatsdomänen gezogenen Samen in 
der Qualität mustergültiger Reinheit zu erhalten, 
sind dauernde Zuschüsse reinen, auf Versuchs- 
farmen gezogenen Samens erforderlich. Es ist 
folgender Plan für die Zucht der gewünschten 
Baumwollpflanzenart und für ihre Weiterzucht 
aufgestellt worden. Der erste Zuschuß reinen, 
auf den Versuchsfarmen gezogenen Samens wird 
den Staatsdomäneü##gegeben. Das zweite Wachs- 
tum wird den großen Pflanzern verkauft und der 
daraus gewonnene Samen wieder zurückgekauft. 
Das dritte Wachstum wird den mittleren Pflanzern 
verkauft und der von ihnen gewonnene Samen 
zurückgekauft. Das vierte Wachstum wird den 
kleinen Anbauern auf Kredit verkauft und nicht 
weiter ausgenuftzt. 
Lehrfarmen. Es ist während des letzten 
Jahres angestrebt worden, die Methoden des 
Baumwollbaus durch Lehrfarmen zu ver- 
bessern nach einem System, bei dem der 
Eigentümer des Landes die Arbeitskräfte stellt, 
während die Beamten des Departements die 
Leitung haben. 24 derartige Farmen wurden 
während dieses Jahres in Betrieb gehalten, 
hauptsächlich um zu zeigen, daß die Baum- 
wolle bei Verwendung von weniger Wasser, 
als dies gewöhnlich geschieht, besser gedeiht, und 
daß eine reichere Ernte erzielt wird, wenn für 
die einzelnen Pflanzen und Furchen ein weiterer 
Zwischenraum gelassen wird. 106 JFeddans 
wurden zu diesen Zwecken in Betrieb genommen, 
die Ernte bestand aus Baumwolle, Weizen, Zucker- 
rohr und Soya-Bohnen. Großes Interesse wurde 
den Lehrfarmen entgegengebracht, auf denen fast 
überall weit bessere Ergebnisse erzielt wurden als 
auf den umliegenden Kulturen. Für das kommende 
Jahr sind zahlreiche Angebote von Züchtern in 
verschiedenen Gegenden Agyptens gemacht worden, 
die ihr Land zur Verfügung gestellt haben. Das 
Ergebnis hieraus ist, daß die Arbeiten in dieser 
Richtung für 1912 in größerem Maßstabe er- 
folgen sollen. 
Baumwollpest. Der Angriff des Boll- 
Wurms 1911 verursachte große Bestürzung und 
gab zu wilden Gerüchten über einen großen Rück- 
gang der Ernte Anlaß. In Wirklichkeit wurde 
die Ernte überall zu niedrig eingeschätzt, die in 
den amtlichen monatlichen Veröffentlichungen an- 
gegebenen Zahlen wurden als unwahrscheinlich 
hoch angezweifelt. Das Agrikultur-Departement 
gab seine letzte Schätzung im November auf 
  
6 407 000 Kantars ab, diese Zahl ist jetzt schon 
überschritten, die Ernte beträgt sicher 7 000 000 
Kantar oder mehr. 
Baumwoll-Wurm. Die vom Ministerium 
des Innern 1910 zur Bekämpfung des Baum- 
woll= und des Boll-Wurms angewandten Maß- 
regeln wurden letztes Jahr wiederholt, der Stab 
von Inspektoren, Spezial-Inspektoren, Moawins 
und Buchhaltern blieb ungefähr der gleiche. — 
Bis Mitte Juni war von dem Wurm nichts zu 
spüren und es schien, als sollte die Ernte ohne 
Schaden davonkommen. Doch am Schlusse des 
Monats trat der Wurm sofort in beängstigenden 
Mengen auf; von allen Teilen des Deltas kamen 
Hilfsgesuche an die Zentralbehörden. Das ganze, 
als Baumwollkulturland angegebene Areal betrug 
1 708 504 Feddans, gegen 1 595 041 im Jahr 
1910; davon waren 830 000 Feddans — die 
meisten sogar mehrmals — von dem Wurm 
heimgesucht gegen 643 000 im Vorjahre. Die 
Gesamtzahl der Tagewerke betrug 7 500 000 
gegen 2 600 000 im Jahre 1910. Diese ge- 
waltigen Zahlen zeigen die Größe des Angriffs, 
der der größte je erlebte gewesen ist. 
Es schien einmal, als sollte die gegen die 
Pest eingerichtete Organisation zusammenbrechen, 
hauptsächlich infolge der erschreckenden Lässigkeit 
der Fellachen. Die strengsten Maßregeln wurden 
von der Regierung getroffen. Aus den Zentral- 
behörden begaben sich einige der höchsten Be- 
amten in die am schwersten heimgesuchten Distrikte. 
Eine Zeitlang war fast jeder Beamte, sogar 
die Polizei vom ersten bis zum letzten Mann 
auf den Feldern, um die Bauern zur Reinigung 
ihrer Ernte anzufeuern und zu zwingen. Auf 
diese Weise wurde die Pest überwunden. Die 
schwerste Heimsuchung fand in den drei Wochen 
zwischen 13. Juli und 2. August statt. In Umer- 
Agypten wurden in dieser Zeit täglich elwo 
52 700 Feddan als infiziert gemeldet und durch- 
schnittlich 176 000 Menschen täglich zur Reinigung 
verwandt (1910: 24 800 Feddan und 106 500 
Arbeiter). Die Arbeitskräfte waren unzureichend, 
es wurden über 4200 Arbeiter aus Ober-Agypten 
geholt, die jedoch infolge ihrer Unkenntnis im 
Blätterpflücken eine sehr zweifelhafte Hilfe waren. 
19 845 Leute wurden wegen Unterlassung der 
Pestanzeige, 3137 Omdas und Scheiks wegen 
Nachlässigkeit bestraft. (1910: 13 570 und 900.) 
Wie in früheren Jahren war der Baumwollwurm 
in Ober-Agypten in geringer Menge aufgetreten. 
Dennoch zeigte er Neigung, sich nach Fayum 
auszubreiten. Auf die Empfehlung des Ministeriums 
des Innern sollen die Lokalbehörden, wie früber, 
für das Bekämpfungswerk des Baumwollwurms 
verantwortlich bleiben. Doch sind weitere Maß- 
regeln daneben von dem Ministerium unter Mil-
	        
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