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crörtert worden. Die indische Regierung ist in jedem
Jahre mit Versuchen zur Verbesserung der Baumwolle
beschäftigt, aber bedentende Erfolge sind bisher noch
nicht erzielt worden. Von wie großer Bedeutung eine
Verbesserung der Baumwolle unter Umständen sein
kann, kann man daraus ersehen, daß nach Urteilen von
Sachverständigen die Baumwollernte Indiens auf dem
bisher bereits bepflangten Arcal um 20 bis 25 v. H.
vermehrt werden könnte. Einer Ausdehnung der Baum-
wollanpflangungen in größerem Umfang sind gewisse
Grenzen insofern gesetzt, als es nicht wünschenswert
ist, daß andere für die Ernährung der Bevölkerung
notwendige landwirtschaftliche Produkte durch Baum-
wolle verdrängt werden. Man hat aber berechnet,
daß selbst ohne der Aupflanzung dieser Produkte Ein-
trag zu tun, der Ertrag der Baumwolle in Indien
verdoppelt werden könnc.
Die Mittel, durch die man eine Verbesserung der
Baumwolle herbeizuführen sucht, sind hauptsächlich die
Einführung fremder. langstapeliger Baum-
wolle, die Beschaffung guter reiner Saat und
die Errichtung von Einkaufsagenturen für die
besseren Lnalitäten.
Die Anpflan zung von amerikanischer und
ügyptischer Baumwolle muß nach den bisher ge-
machten Erfahrungen auf nur gut bewässerte Distrikte
beschränkt bleiben. Diese langstapelige Baumwolle ge-
deiht zwar auch in einigen nicht bewässerten Gegenden,
aber sie ist hier im allgemeinen nicht lohnend. Der
Aubau der einheimischen Baumwolle ist hier für
den Baner vorteilhafter, da diese eine verhältnismäßig
größere Menge Baumwolle beim Egrenieren ergibt
und der Ertrag pro Acre größer ist. Zudem erfordert
diese Baumwolle weniger Mühe und Aufmerksamkeit.
Die Ausdehnung der fremden langstapeligen Baumwoll-
sorten ist vor allem eine Frage der Ausdehnung der
Bewässerungsaulagen. Waos die Lnalität der in Indien
angeyflan zien amerikanischen Baumwolle anbelangt, so
ist diese nach Berichten der egierung meist recht gut
andogefallen. Sic soll im allgemeinen der Sorte - Aill-
lling American gleichkommen und zuweilen sogar besser
sein. Aus hiesigen NRaufmannskreisen hört man da-
gegen, daß diese Baumwolle für den Handel nicht von
Wert gewesen sei, die Käufer in Europa hätten sie der
amerikanischen Baumwolle doch nicht gleichwertig er-
achtet und hätten nicht angemessene Preise dafür be-
zahlen wollen.
Eine weitere Verbesserung der Baumwolle sucht
man durch möglichst billige und ausgedehnte Abgabe
von Saatgut zu erreichen, das auf besonderen Ver-
sucho#ftationen gezogen wird. Diese Versuchsstationen
werden großtenteils von der Regierung geleitet, jedoch
haben sich in der letzten Zeit verein zelt auch größere
und intelligente Bauern zur Gründung von kleinen
Versuchsstationen zusammengetaun, um sich gute Saat
zu verschaffen. Nach einigen Berichten sollen die
Bauern für die augverlesenen Saaten auch vielfach schon
Verständnis haben, was daraus hervorgeht, daß sie
oft höhere Preise dafür zu zahlen bereit sind. Eine
große Schwierigkeit liegt darin, die Saaten auch rein
zu erhalten. Da die Baumwolle überall nur im RKlein-
betriebe angebaut wird und die vorhandenen von der
Regierung verteilten Saaten noch nicht sehr bedeutend
sind, so findet meist eine Mischung mehrerer Sorten
statt. Diesem Ubelstande kann nur durch eine größere
Ausdehnung der Saatzüchtereien abgeholfen werden.
Alle diese Versuche zur Verbesserung der Baum-
wolle können nur dann Erfolg haben, wenn dem
indischen Bauern, der an sich schon für Neuerungen
schwer zu haben ist, ein höherer Preis für das ver-
besserte Produkt zugesichert wird. zu er-
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Um dies
reichen, ist die Errichtung von Einkaufsagenturen
befürwortet worden, die einmal den Bauern eine Prämie
für sein besseres Produkt gewährleisten und die besseren
Produkte vor Vermischung mit schlechteren Sorten be-
wahren sollen. In dieser Beziehung ist im letzten
Jahre auch ein Versuch gemacht worden, indem mehrere
Mitglieder der Bombayer Alillowners Associntion-
ein Syndikat gegründet und sich verpflichtet haben. die
bessere Baumwolle mit 5 bis 6 v. H. Ausschlag anzu-
kaufen. Sie haben zu diesem Zwecke eine Agentur in
der Nähe von Surat zum Ankauf der Baumwolle und
zur Uberwachung der Gewinnung derselben errichtet.
Das Resultat war deshalb nicht besonders günstig.
weil die Ernte in den in Frage kommenden Gebieten
infolge sehr geringen Regens ziemlich schlecht ausfiel.
Das Syndikat hat infolgedessen nur Verluste gehabt.
Die Versuche werden in diesem Jahre fortgesetzt.
In den Kreisen der Bombayer Baumwollerporteure
steht man der Verbesserung der indischen Baumwolle
sehr skeptisch gegenüber. Die Schwierigkeit aller Ver-
besserung liegt vor allem darin, daß die indische Baum-
wolle nicht von großen Unternehmern auf großen
Plautagen, sondern von den indischen Bauern im RKlein-
betriebe angebaut wird. Zede neue Methode stößt
dadurch besonders bei der Indolenz des indischen Bauern
und seiner Abneigung gegen Neuerungen auf groszen
Widerstand. Die vorgeschlagenen Versuche könnten
deshalb nur dann Erfolg haben, wenn die Regierung
mit sehr hohen Geldsummen die Bestrebungen unter-
stüten würde. Aber es erscheint selbst zweifelhaft, ob
solche Geldopfer auch wirklich den erhofften Nunen
bringen würden. Denn wenn auch die Jualität der
indischen Baumwolle in größerem Umfang verbessert
würde, so würde sie wahrscheinlich doch immer von
der amerikanischen abhängig bleiben und nur dann
gute Preise erzielen, wenn die amerikanische Baum-
wolle infolge schlechter Ernten knapp und tener wärc.
(Bericht des Raiserl. Konsulats in Bombay.)
Der Baumwollmarkt Aoyptens 1911/12.-)
Die Baumwollernte 1911 hat aquantitativ ein
viel höheres Resultat ergeben, als vorhergesehen.
Dies ist in erster Linie dem in den späten Ernte-
monaten herrschenden sehr warmen Wetter zu
verdanken, das eine große Anzahl von Kapseln,
mit denen man nicht mehr gerechnet hatte, zum
Offnen brachte. Die Qualität dieser spätreifen
Baumwolle ließ zu wünschen übrig, wie es über-
haupt als Merkmal der Ernte 1911 gelten kann,
daß die mittleren und niedrigen Klassen über-
wogen, während es an guter und namentlich an
Ertra-Qualität im allgemeinen fehlte. Letzteres
gilt im besonderen Maße von „Afifi“, dessen
stetige Degeneration seit einigen Jahren eine be-
kannte Tatsache ist. Die Spinnerei wendete sich
deshalb zur Erzeugung der sonst aus Afifi her-
gestellten Garne immer mehr der „Nubari“= und
„Sakelaridis“-Baumwolle zu. Sakelaridis wird
vor allem wegen seines sehr langen, seidigen und
festen Stapels sehr geschätzt; diese Eigenschaften
sollten dieser Varietät noch viel mehr Absatzquellen
als bisher erschließen.
—..
*) Ugl. „D. Kol. Bl.“ 1912, S. 262f.