Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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1912, S. 1 beschriebene) Versuche nachgewiesen, 
daß auch für diese Methode hohe Stämme ren- 
tabler sein dürften als tief verzweigte. 
Ich hatte auch bereits, bevor Herr Dr. Marck- 
wald nach hier kam, Versuche begonnen, durch 
die festgestellt werden sollte, wie am zweck- 
mäßigsten aus tief verzweigten Bäume gerade 
Stämme gezüchtet werden können. Uber die Re- 
sultate dieser Versuche soll, sobald diese zum Ab- 
schluß gelangt sind, ausführlich berichtet werden. 
Nach neueren Versuchen scheint es übrigens, 
daß man den Samen nicht an Ort und Stelle 
aussät, sondern ältere auf Saatbeeten angezüchtete 
Pflanzen zur Anzucht verwendet. 
6. Saatzucht. Herr Dr. Marckwald klagt 
darüber, daß bei der Auswahl der Saat nicht 
mit der genügenden Sorgfalt verfahren wurde. 
Dies ist gewiß richtig und hat wohl in erster 
Linie darin seinen Grund, daß bei der großen 
Hast, mit der sich plötzlich eine große Zahl von 
Pflanzern der Kultur von Manihot Glaziovii zu- 
wandte, gute ausgelesene Saat schwer zu er- 
halten gewesen wäre. Erschwert wird die Aus- 
wahl der Saat noch dadurch, daß die Samen 
beim Aufspringen der Kapseln weithin fort- 
geschleudert werden. Auch wird man zur Zucht 
am zweckmäßigsten die Saat von älteren Bäumen 
verwenden, die noch nicht in so großer Menge 
vorhanden waren. 
Um uun gute Saat zu erhalten, habe ich 
bereits vor einigen Jahren in einem, im Sigital 
gelegenen Bestande von Manihot Glaziovii alle 
schlecht gewachsenen und weniger Kautschuk 
gebenden Bäume entfernt. 
Ferner hat das B. L. Institut schon vor 
längerer Zeit Saat aus Brasilien eingeführt, und 
auch neuerdings durch gütige Vermittlung des 
Herrn D. Sandmann Saat erhalten, die von 
der besten brasilianischen Plantage stammt. Diese 
Samen wurden teils in Amani, teils auf zwei 
Plantagen ausgesät. Im verflossenen Jahre habe 
ich außerdem von besonders gut gewachsenen und 
durch reichlichen“ Milchsafterguß ausgezeichneten 
Bäumen die Früchte kurz vor dem Aufspringen 
abgeschnitten und die aus den Früchten eines 
jeden Baumes stammende Saat getrennt ausgesät. 
Ferner haben sich auch schon verschiedene Pflan- 
zungen bereit erklärt, derartige Saatzuchtversuche 
in größerem Maßstabe anzustellen. 
III. Die Kautschukgewinnung. 
Zapfen zu junger Bäume. Herr 
Dr. Marckwald klagt darüber, daß vielfach 
Manihot-Bäume schon nach eineinhalb oder zwei 
Jahren gezapft werden. Er begründet dies damit, 
daß dann die Rinde des Baumes noch so dünn 
sei, daß leicht Verletzungen des Kambiums und 
  
des Holzes erfolgen. Auch soll der von zu jungen 
Bäumen gewonnene Kautschuk noch nicht reif, 
sondern häufig klebrig und ohne Nerv sein. Ich 
bemerke hierzu, daß bei jungen und aleen 
Bäumen, die den meisten Milchsaft gebenden Ge- 
fäße dicht am Kambium liegen und daß die 
Gefahr einer Verletzung von Holz und Kambium 
bei beiden ungefähr die gleiche ist. Wenn man 
möglichst viel Kautschuk erhalten will, ist auch ein 
Durchstechen des Kambiums und einiger Holz= 
elemente bei der „Lewamethode“, wie bei allen 
Stichmethoden, nicht ganz zu vermeiden. Wie die 
Erfahrung gelehrt hat und in meinem Buche aus- 
führlich erörtert werden soll, ist aber die hierdurch 
herbeigeführte Schädigung nicht allzu groß. 
Daß der Kautschuk von zweijährigen Bäumen 
bei gleicher Behandlungsweise leichter klebrig wird, 
wie der von älteren Bäumen, habe ich bisher 
nicht beobachtet. In ihrem Harzgehalt besteht 
auch zwischen den Kautschuken jüngerer und älterer 
Bäume nach den bisher vorliegenden Unter- 
suchungen kein wesentlicher Unterschied; nur scheim 
der von jüngeren Bäumen stammende Kauschuk 
eiweißreicher zu sein. Auch scheint es, daß der 
Kautschuk von jüngeren Bäumen, unabhänugig von 
der chemischen Zusammensetzung, weniger günitige 
physikalische Eigenschaften besitzt. Eine exakte Unter- 
suchung in dieser Hinsicht wäre jedenfalls sehr 
erwünscht. 
Damit die Entwicklung der Bäume nicht be- 
einträchtigt wird, scheint es mir übrigens vorteil- 
hafter, das Anzapfen zu junger Bäume zu untel- 
lassen, und ich habe auch bereits in dem 1909 
herausgegebenen Flugblatte vor dem Anzapfen 
junger Bäume gewarnt. 
2. Zapfzeit. Herr Dr. Marckwald empfieblt, 
um die Bäume zu schonen, das Zapfen in der 
Zeit einzustellen, in der die Bäume die Blätter 
abgeworfen haben und in der sie ohnehin er- 
heblich geringere Erträge geben. Dies geschieht 
auch jedenfalls schon seit langer Zeit auf vek- 
schiedenen Pflanzungen, obwohl sich wohl schwer 
physiologisch begründen lassen dürfte, daß die 
blätterlosen Bäume besonders schonungsdürftig 
sud. In Brasilien werden auch nach den in 
der Literatur vorliegenden Angaben die Bäume 
vielfach gerade im blätterlosen Zustande angezapft. 
Daß der Milchsafterguß an heißen Tagen am 
Morgen am größten ist, dürfte wohl so ziemlich 
allen Pflanzern bekannt sein. Auf vielen 
Pflanzungen wird übrigens auch in den Nach- 
mittagsstunden gezapft. An trüben, feuchtwarmen 
Tagen kann naturgemäß den ganzen Tag gezabtt 
werden. 
3. Schlechte Zapfmesser. Herr Dr. Marck- 
wald klogt darüber, daß durch schlechte Zarf- 
messer die Bäume nicht selten schwer geschädigt
	        
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