Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

G 1103 20 
werden. Wie wenig er aber selbst in dieser 
Hinsicht orientiert ist, zeigt wohl zur Genüge die 
von ihm in seinen „Reiseeindrücken“ (S. 15) über 
ein neues Zapfinstrument vertretene Ansicht. Das 
betreffende Instrument besteht aus einem mit ver- 
stellbaren Quermessern versehenen Rade, und seine 
Benutzung soll, „abgesehen von einer Beschleuni- 
gung des Zapfens, eine Beschädigung des Kam- 
biums bzw. Holzes unmöglich machen und die 
Narben tunlichst klein halten". Ferner sagt 
Herr Dr. Marckwald über das betreffende In- 
strument: „Die Benutzung scheint ein leichtes und 
einfaches Arbeiten zu gestatten und vor den bisher 
verwandten Zapfmessern Vorteile zu bieten." Die 
Frage, ob es möglich ist, ohne gelegentliche 
Schädigung des Kambiums den Bäumen möglichst 
große Mengen von Kautschuk zu entziehen, werde 
ich in meinem Buche auf Grund der anatomischen 
Struktur der Manihot-Rinde ausführlich erörtern. 
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, 
daß das oben erwähnte Instrument einen leicht 
ersichtlichen Konstruktionsfehler besitzt, weil die 
Messerchen nicht vertikal in die Rinde hinein- 
gestochen und wieder herausgezogen, sondern in 
der Wunde gedreht werden, wodurch ein Druck 
auf die Wundränder ausgeübt und auch die Ver- 
narbung erschwert wird. Außerdem hätte ein 
Zapfversuch bei einem älteren Baum sofort zeigen 
können, daß es unmöglich ist, mit dem Instrument 
die zum Durchstechen der Rinde nötige Kraft 
auszuüben. 
4. Koagulationsmittel. Herr Dr. Marck- 
wald klagt darüber, daß vielfach Essig säure 
zur Koagulation des Milchsaftes benutzt wird. 
Er behauptet, daß durch die Benutzung von Essig- 
säure „der Nerv und die Lebensfähigkeit des 
Kautschuks herabgesetzt wurde“ und daß diese 
Säure „auch bereits zu einer steigenden Ent- 
wertung des in solcher Weise koagulierten Ceylon- 
Plantagenkautschuks geführt hat". 
Ich bemerke hierzu, daß das Preisverhältnis 
zwischen dem brasilianischen und den ostasiatischen 
Hevea-Kautschuken allerdings in den letzten Jahren 
stark geschwankt hat. Für die in manchen Be- 
ziehungen voneinander abweichenden Eigenschaften 
dieser beiden Kautschukarten wurden auch von 
verschiedenen Fachmännern verschiedene Gründe 
angeführt, von denen aber noch keiner als exakt 
nachgewiesen und als allgemein anerkannt an- 
gesehen werden kann. Was nun speziell die be- 
hauptete Schädlichkeit der Essigsäure anlangt, so 
ist doch immerhin beachtenswert, daß nach dem 
Mitte 1911 erschienenen Handbuch von Schidro- 
witz („Rubber“ S. 66) noch in jener Zeit etwa 
99¾ vH. des ostasiatischen Plantagenkautschuks 
mit Essigsäure koaguliert wurden, daß sich ferner 
das Preisverhältnis zwischen wildem und Plan- 
  
tagenkautschuks geändert hat, und daß auch Frank 
und Marckwald im „Pflanzer“ 1910 von mir 
mit Essigsäure koagulierten Kautschuk als eine 
„hervorragende Qualität“ bezeichnet haben. Nach 
dem obigen sind wohl noch gewisse Zweifel an 
der großen Schädlichkeit der Essigsäure gestattet. 
Bezüglich des von mir an Stelle von Essig- 
säure empfohlenen bedeutend billigeren Chlor- 
calciums äußert sich Herr Dr. Marckwald zwar 
an anderen Orten ziemlich skeptisch. Die von 
ihm selbst an dem vulkanifierten Kautschuk aus- 
geführten Beobachtungen haben aber diese Be- 
denken bisher nicht begründet erscheinen lassen. 
Was nun ferner die von Herrn Dr. Marck- 
wald so stark gerügte Maßregel anlangt, daß 
auf einigen Plantagen den Zapfern gestattet werde, 
ihr Koagulationsmittel selbst zu bereiten oder 
durch gewisse Zusätze zu verbessern, so wäre diese 
strenge Kritik wohl einigermaßen berechtigt, wenn 
in einem Falle erakt nachgewiesen wäre, daß 
durch diese Zusätze die Qualität des Plantagen- 
kautschuks wesentlich beeinträchtigt wäre. So- 
weit mir bekannt, handelt es sich in all diesen 
Fällen, um vergorene Stoffe oder gewisse Pflanzen- 
säfte, also in erster Linie um organische Säuren 
wie Essigsäure, Zitronensäure, Weinsäure usw. 
Wenn nun den Zapfern ein Koagulationsmittel 
von ausreichender Konzentration gegeben wird, 
so werden diese Zusätze meist unwirksam sein und 
von den Leuten von selbst nicht mehr angewandt 
werden. Wenn man aber den Zapfern gestattet, 
die Koagulationsmittel noch durch Zusatz von 
Orangensaft und dergleichen zu verstärken, so 
kann man natürlich an Koagulationsmitteln sparen. 
Daß aber die Ausgaben für das Koagulations- 
mittel in der Bilanz der Kautschukplantagen bei 
Anwendung der Lewametbode eine ziemlich er- 
hebliche Rolle spielen, dürfte genugsam erwiesen 
sein. So lange wir über die Vor= und Nach- 
teile der verschiedenen Koagulationsmittel noch so 
wenig zuverlässige Angaben besitzen, dürfte es 
auch berechtigt sein, die Kosten der verschiedenen 
Koagulationsmittel in erster Linie in Betracht zu 
ziehen. 
Anders liegt die Sache allerdings, sobald es 
sich darum handelt, eine Standardmarke zu 
schaffen. Dann wird naturgemäß bei Anwendung 
der Lewamethode auch eine Einigung über das 
anzuwendende „Koagulationsmittel“ erforderlich 
sein. Bei der Wahl des Mittels würden natür- 
lich in erster Linie die Eigenschaften des damit 
erhaltenen Kautschuks, in zweiter Linie die Kosten 
des Koagulationsmittels maßgebend sein müssen. 
Welches Koagulationsmittel nun aber als das 
beste und rentabelste zu bezeichnen ist, scheint 
mir zur Zeit noch nicht mit Sicherheit entschieden. 
Um aber in dieser Hinsicht auch von anderer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.