Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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hebliche Zweifel auf, ob trotz des lauten Ge- 
schreis, das von den Farmern draußen erhoben 
wird und hier in den kolonialen Versammlungen, 
den Zeitschriften und selbst im Reichstage seinen 
Widerhall gefunden hat, der Grundkredit in Süd- 
westafrika nicht schon in einem solchen Umfange 
in Anspruch genommen worden ist, daß eine Er- 
weiterung desselben, wenn die Grenzen der 
Solidität nicht überschritten werden sollen, nicht 
mehr angängig erscheint. 
Nach der uns überreichten Ubersicht über die 
Grundbucheintragungen per 1. Januar 1911 gab 
es zu diesem Zeitpunkte 866 Farmen bzw. Klein- 
siedlungen mit einem duuchschnittlichen Flächen- 
inhalt von 7 627,6 ha. Bei einer Gesamthypo- 
thekarbelastung derselben von 7744 529,70 
entfielen durchschnittlich 8942,87. auf jede 
Farm oder 1,17./“¾ auf den ha, hiervon an Rest- 
kaufgeldern und Ansiedlungsbeihilfen 5246,87.. 
Nimmt man den durchschnittlichen Wert eines 
ha Farmlandes mit 2./“ an, so stellt sich der 
Wert der Farm im Durchschnitt auf 15 255,20.7 
(und divergiert damit sehr erheblich von dem von 
Herrn Dr. Fuchs auf dem Kolonialkongreß ange- 
gebenen Durchschnittswerte von 30000—40000.4) 
und die Beleihung auf 58,62 % (bzw. 34 00). 
Die Annahme eines Durchschnittswertes von 2. 
pro ha beruht auf einer mir bekannt gewordenen 
amtlichen Schätzung des Gouverneurs und stimmt 
auch mit der von Dr. Fuchs in seinem Referate 
auf dem Deutschen Kolonialkongreß gemachten 
Angabe, wonach sich der Farmwert im Norden 
auf 3./¼, im Süden auf 1,50 .7 stellt, ungefähr 
überein. Sie erscheint nicht unzutreffend, da, wie 
aus der Anlage 3 zum Referat ersichtlich, der 
durchschnittliche Verkaufspreis pro ha bei frei- 
willigen Veräußerungen von 60 Farmen sich 
auf 3,30 .“ und bei sieben Kleinsiedlungen auf 
2,60/¼ stellte, während bei den Zwangsver- 
steigerungen (Anlage 4) das Meistgebot auf 
55 850,04 ha sich auf 83 209 J¼ belief, somit 
einen Preis von 1,49 .“ ergab. 
Setzt man den Durchschnittsverkaufswert pro 
ha mit 2,50 /“ an, so ergibt sich ein Durch- 
schnittswert für die Farm von etwa 19 000./¼4 
und eine hypothekarische Belastung von 47 7%. 
Da man bei vorsichtiger Beleihung keines- 
falls die Grenze von 50% wird überschreiten 
können, so zeigt sich meines Erachtens, daß ein 
Bedürfnis zu weiterer Ausdehnung des Grund- 
kredits kaum vorhanden sein kann und daß die 
Ursachen der allseitig bestätigten Kreditnot anderer 
Art sein müssen. 
Es wird später zu untersuchen sein, inwieweit 
eine mangelhafte Ausgestaltung des Meliorations= 
und des Betriebskredits zu berechtigten Klagen 
Anlaß geben, hier bleibt nur noch zu erörtern, 
  
ob etwa die Bedingungen, unter denen den 
Farmern der Grundkredit zur Verfügung gestellt 
ist, so harte sind, daß die Belastung als eine zu 
drückende, die wirtschaftliche Entwicklung hemmende 
angesehen werden muß. Diese Härte kann sich 
nach zwei Richtungen hin bemerkbar machen, 
einmal in einer zu schweren Zinslast, das andere 
Mal in einer zu schweren Amortisationslast. 
Über die Höhe der Zinsbelastung geben die 
uns überreichten statistischen Tabellen keine 
speziellen Daten, es läßt sich aber indirekt aus 
den Mitteilungen des Herrn Referenten das 
Ausmaß derselben wenigstens annähernd und in 
brauchbarer Weise errechnen: 
Es beträgt die gesamte hypothekarische 
Belastung der Farmen, wie oben erwähnt 
7 744 529,70.%. Hiervon entfallen 
a) auf Restkaufgelder 2 668 839,95 
b) auf Ansiedlungsbeihilfen 1 874 953,86 „„ 
4543 793,81 
J0) auf sonstige Hypotheken 3 200 735,89 „ 
Laut den auf S. 139 des Referats ent- 
haltenen Mitteilungen sind sowohl die Restkauf- 
gelder als die Ansiedlungsbeihilfen zinslos ge- 
geben. Welcher Art die sonstigen Hypotheken sind, 
ist nicht ersichtlich, man wird aber wohl nicht fehl- 
gehen in der Annahme, daß es sich hierbei im 
wesentlichen nicht um langfristige Hypothekar- 
darlehen handelt, sondern daß die Verhypothezierung 
hier nur zur Sicherung von in annähernd gleicher 
Höhe den Farmern seitens der Banken, der 
Handelshäuser oder sonstigen Privaten gewährten 
Personalkredits geschehen ist. Demgemäß können 
auch die für letzteren üblichen Zinsbedingungen 
hier in Rechnung gestellt werden. Keinesfalls 
kann unsere Berechnung dadurch in unzulässiger 
Weise günstiger sich gestalten, da die Zinssätze für 
derartige Kredite jedenfalls höher sind als die für 
langfristigen Hypothekarkredit. Der in Südwest- 
afrika übliche Zinsfuß kann mit 8 bis 10 % in 
Ansatz gebracht werden. Bri Zugrundelegung 
eines Satzes von 8 % ergibt sich auf die Gesamt- 
schuld eine Zinsbelastung von 3,32 /%. Legt man 
einen Satz von 10 % zugrunde, so erhöht sich der 
durchschnittliche Zinsfuß auf 4,158 %. Daß ein 
derartiger Zinsfuß dem weitgehendsten Verlangen 
nach einem billigen Zinsfuß in jeder Weise ge- 
recht wird, kann wohl von niemandem bestritten 
werden. 
Die Amortisationsbedingungen stellen sich nach 
den Angaben des Herrn Referenten S. 139 
wie folgt: 
a) Die Restkanfgelder. Sie stellen /10 des 
Kaufpreises dar und sind nach Ablauf des 6. Jahres 
in jährlichen besonders festzusetzenden Raten zu 
amortisieren. Ob und in welchem Umfange be- 
6 
 
	        
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