116 20
gierung nahestehende Agrikulturbank stehen, die
den Genossenschaften das Geld verschaffe.
Herr Präsident Dr. Heiligenstadt: Daß
die Errichtung eines besonderen Kreditinstituts
erforderlich ist, nehme er auf Grund der Aus-
führungen des Herrn Woermann an, denn er
halte es nicht für richtig, daß Händler das vor-
liegende, legitime Kreditbedürfnis durch ungesunde
Stundungen der Preise für Warenlieferungen
befriedigten. Die gleichen Verhältnisse hätten zur
Bildung der Genossenschaften im Deutschen Reich
geführt. Herr Woermann habe übrigens auch
die städtischen Kredite mit in seine Betrachtungen
hineingezogen, die jetzt wohl nicht zu behandeln
seien.
Das zu errichtende Zentralinstitut sei zweck-
mäßigerweise nicht als Realkreditinstitut auszu-
gestalten, sondern als ein Institut mit weitem
Mantel, daß die nötige Bewegungsfreiheit habe
und mit seinen Geschäften sich den Verhältnissen
anpassen könne, wie sie sich auch entwickeln mögen.
Es könne kein Institut sein, das unseren pro-
vinziellen und kommunalen Genossenschaften gleiche;
auch ein Staatsinstitut zu errichten empfehle sich
nicht, weil dabei der Kolonialverwaltung manche
Schwierigkeiten entstehen würden. Nach seiner
Auffassung müsse, wenn er sich so ausdrücken
dürfe, ein öffentlich = rechtliches Institut auf
kommunalständischer Basis errichtet werden und
der Reichsfiskus müsse diesem zu den erforder-
lichen Mitteln verhelfen. Das JIunstitut habe
Kredit für den Betrieb zu gewähren, worin er
den Kredit für die kleineren Meliorationen ein-
schließe. Es könne auch reale Beleihungen in
gewissem vorsichtigen Maße betreiben; wenn
sorgfältig dabei verfahren und vor allem die
Amortisation im Auge behalten würde, so sehe
er darin keine Gefahr. Es ständen ja auch dem
Institut alle Realsicherungsmittel zu Gebote.
Wie solle nun der Unterbau für dieses Institut
beschaffen sein? Das zweckmäßigste erscheine ihm,
wie auch den Vorrednern, die Genossenschaft.
Die Genossenschaft müsse das Geld selbstschuld-
nerisch von der Zentralstelle erhalten und als
Selbstgläubigerin an die Kreditbedürftigen weiter-
geben. Damit übernehme sie das Risiko und sei
dadurch zur größten Vorsicht gezwungen. Ander-
seits sei auch die Genossenschaft infolge ihrer Mit-
gliederzusammensetzung aus Farmern der be-
treffenden Gegend wie keine andere IJnstitution
in der Lage, die Verwendung zu kontrollieren.
Es sei der Einwurf erhoben worden, daß sich
keine geeigneten Leute zur Leitung fänden. Wenn
dieser Einwurf auch nicht ohne weiteres von der
Hand zu weisen sei, so könne man doch darüber
hinwegkommen, zum Beispiel dadurch, daß ge-
eignete Leute hinausgeschickt würden, daß die
komplizierteren Geschäfte in der Zentralstelle vor-
genommen würden usw. Für das einfache
Kreditgeschäft einschließlich des Kredites für die
kleineren durch den Farmer selbst auszuführenden
Meliorationen sei die örtliche, nicht zu große
Genossenschaft das einzig richtige, und zwar die
freie, nicht die Zwangsgenossenschaft. Daß durch
den jederzeit möglichen Austritt von Genossen
die Sicherheit hingegebener Kredite gefährdet sei,
könne er nicht zugeben, da durch genügend
Kontrolle und durch besondere Vereinbarungen,
welche neben dem Statut sehr wohl getroffen
werden könnten, diesen an sich möglichen Ge-
fahren vorgebeugt werden könnte.
Für Meliorationen, die sich örtlich auf größere
Gebiete zu erstrecken hätten, käme nur die Ein-
richtung von Zwangsgenossenschaften in Frage,
und zwar müsse jedesmal ad hoe eine solche ge-
bildet werden. Der Zwang sei da nur berechtigt,
wenn es sich darum handele, Sonderbestrebungen
eines einzelnen im allgemeinen Interesse aus-
zuschließen.
Die Ermäßigung des Zinsfußes sei nicht von
ausschlaggebender Bedeutung. Wenn nichtlebens-
fähige Elemente sich nicht halten könnten, so sei
das nicht zu bedauern. Das private Kapital
würde sich mit den Kolonien nur beschäftigen,
wenn entsprechend dem höheren Risiko auch höhere
Zinsen erzielt würden. Es wäre an sich noch
nicht unberechtigt, daß man sich eine Annuität
von 8 % zahlen lasse; soweit es sich um Melio-
rationen handele, könne man dann einen ent-
sprechenden Teil dieses Betrages für Amortisation
verwenden.
Herr Direktor Dr. Tröltsch: Er stimme mit
dem Vorredner überein, daß es notwendig sein
werde, für die Meliorationen Zwangsgenossen-
schaften usw. zu organisieren.
Der Meliorationskredit müsse wohl aber immer
zugleich auch Realkredit sein. Er bitte um Aus-
kunft, ob sich dabei rechtliche Schwierigkeiten er-
geben würden, weil doch wohl ein Teil der
Farmen als Pachtland gegeben sei.
Der Vorsitzende erwiderte: In Deutsch-
Südwestafrika sei den Erwerbern von Farmen
regelmäßig das Eigentum an denselben über-
tragen worden. Es beständen allerdings gewisse
Eigentumsbeschränkungen, einmal die, daß das
Eigentum innerhalb 10 Jahren nicht ohne Ge-
nehmigung der Regierung weiter übertragen
werden dürfe. Diese Beschränkung bilde ein
Korrelativ zu den billigen Preisen der Farmen,
und bezwecke, Spekulationskäufen vorzubengen.
Sei Spekulationsabsicht nicht in Frage gekommen,
so habe die Regierung dem Weiterverkauf keine
Schwierigkeiten in den Weg gelegt.